Der absolute HorrorDie Furcht spielt mit
Die Lust auf den Herzaussetzer: Survival-Horror-Games wie «Resident Evil» setzen aufs nackte Grauen und Schockeffekte. Wieso tun sich Gamer dies an?
Zwei Dutzend Schüsse, bis das Wesen in die Knie geht, und noch immer kriecht es weiter – schmatzende und gurgelnde Geräusche von sich gebend. Ich stehe mit dem Rücken zur Wand, die Munition fast bis zur letzten Kugel verschossen. Vor mir liegt ein dunkler Gang, weit hinten flackert eine kaputte Neonröhre. Hier muss ich durch. Das Adrenalin summt in den Fingern, die Nackenhaare kräuseln sich. Ich weiss, bald taucht das nächste Monster auf. Hören kann ich es schon.
Survival-Horror-Spiele gehören zum Intensivsten, was sich ein Gamer in Sachen Nervenkitzel antun kann. In einer geisterhaften, feindlichen Welt, die meist nur bruchstückhaft vom Strahl einer schwachen Taschenlampe beleuchtet wird, muss der Held gegen das Böse schlechthin bestehen: gegen Geister, rastlose Seelen, Monster und Zombies.
Während Zombie-Metzel-Spiele à la «Dead Island», «House of the Dead» oder «Left4Dead» kein wirkliches Entsetzen auslösen, weil es ums möglichst deftige Abschlachten von Untoten geht, ziehen Survival-Horrorspiele ihren Schrecken aus den Momenten zwischen der Gewalt: Wenn mittels Geräuschen und Andeutungen die Spannung bis ins Unerträgliche steigt und sich der Feind just dann auf den Helden stürzt, wenn man es am wenigsten – oder fieserweise am meisten – erwartet. Kurz: Der Horror findet nicht auf dem Bildschirm sondern im eigenen Kopf statt.
Vor allem Jugendliche fasziniert der Horror
Was ist so faszinierend am künstlich inszenierten Schrecken, dass sich Spiele wie «Resident Evil» oder «Silent Hill» millionenfach verkaufen? «Im Grunde geht es ums Lernen, mit der Angst umzugehen», sagt Florian Lippuner vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich. Vor allem Jugendliche bis zwanzig Jahre seien von Survival-Horror-Spielen fasziniert, danach nehme das Interesse in der Regel ab. Je gefestigter ein Mensch, umso weniger zieht ihn der künstliche Horror an.
Dass viele Jugendliche von Zombies fasziniert seien, so Lippuner, komme nicht von ungefähr: «Die Halbwesen zwischen Leben und Tod repräsentieren eine Situation, mit der sich Jugendliche unbewusst identifizieren. Auch sie sind in einer Zwischenwelt: der Kindheit noch nicht ganz entwachsen aber schon halb in der ernsten Arbeitswelt steckend.» Zombies repräsentieren zudem den totalen Verlust der Persönlichkeit – eine der Urängste der Menschen. Aber auch andere Monster stehen für etwas viel Schlimmeres als ihre bildliche Darstellung: für das dunkle Unbekannte in einem selbst.
Der Schreck im geschützten Umfeld
Der virtuelle Schrecken macht allerdings nur Spass, wenn er sich nach Belieben ausschalten lässt. «Spieler befinden sich in einer geschützten Situation», sagt Lippuner. Zum spielerischen Umgang mit dem Schrecken gehören auch reale Mutproben, wie etwa das Einsteigen in ein leerstehendes Haus oder der Besuch eines dunklen Kellers.
Nicht jedermann und jede Frau sucht indessen den Schocker-Kick dieser Art. Es komme, so Lippuner, auch aufs Umfeld drauf an: Wenn Imponiergehabe belohnt wird, sei es wahrscheinlicher, dass mittels Mutproben bewiesen wird, wie gut ein Beteiligter mit Angst umgehen kann.
Den Nervenkitzel im geschützten Rahmen zu suchen ist zudem ein uraltes Phänomen: Früher erzählte man sich einfach Schauermärchen vor dem offenen Kaminfeuer oder las im Bett eine Gruselgeschichte. Oder wie es ein User in einem deutschen Forum beschreibt: «Horror ist die Befriedigung der Lust auf das Unbekannte, das Grausige, was man selbst nicht erleben, aber wenigstens auf filmischer Ebene mal kosten möchte.»
Gametrailer «Resident Evil: Revelations»
(Quelle: YouTube)
Gametrailer «Amnesia: The Dark Descent»
(Quelle : YouTube)
Survival-Horror in der Tasche
Der jüngste Spross der Survival-Horror-Games heisst «Resident Evil: Revelations»; die Reihe hält damit Einstand auf der portablen N3DS. Gespielt wird mit den Original-Helden der Actionreihe, Jill Valentine und Chris Redfield, sowie dem neuen Helden Parker Luciani. «Resident Evil»-mässig werden düstere Levels erkundet, wobei Monster meist überraschend aus dem Hinterhalt auftauchen und eine ganze Menge blauer Bohnen schlucken, bevor sie das Zeitliche segnen. Wer nicht haushälterisch mit der Munition umgeht, endet schnell als Monstersnack. Ein Genesis-Scanner hilft aber, das begehrte Blei aufzuspüren. Ebenso lassen sich mit dem Scanner Spezialteile zum Aufrüsten des Schiessgeräts finden. Mit «Revelations» wartet auf die Spieler ein klassischer «Resident Evil»-Schocker mit düstern Levels, adrenalinpumpenden Action- und Furchtmomenten und nicht zu schwierigen Rätseln. Exzellent: der Sound. Das Spiel lässt sich zudem mit dem neuen Circle-Pad spielen.