Die Gefahr aus der Dose

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Risiko Konserven-KostDie Gefahr aus der Dose

Der Weichmacher Bisphenol A steht im Verdacht, Erektionsstörungen und Herzprobleme zu verursachen. Obwohl der Stoff in Konservendosen enthalten ist, sieht die Schweiz von einem Verbot ab.

Viktoria Weber
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Viktoria Weber
Viele Konservendosen sind mit einer Dichtungsfolie aus Epoxidharz beschichtet. Darin ist der Stoff Bisphenaol A enthalten.

Viele Konservendosen sind mit einer Dichtungsfolie aus Epoxidharz beschichtet. Darin ist der Stoff Bisphenaol A enthalten.

Forscher in den USA haben herausgefunden, dass der Verzehr von Dosensuppen zu deutlich erhöhten Werten der Chemikalie Bisphenol A im Körper führt. Das berichtet Spiegel Online. Bisher hat der Stoff vor allem dann für Aufregung gesorgt, wenn es darum ging, ob er in Schoppenflaschen enthalten sein darf. Unterschiedliche Studien weisen darauf hin, dass der Stoff zu Unfruchtbarkeit bei Männern, Erektionsstörungen, Diabetes, Fettleibigkeit und Herz- und Kreislaufproblem führen kann. Bei Kleinkindern und Säuglingen soll die Gehirnentwicklung beeinträchtigt werden.

Doch der Stoff befindet sich auch in vielen anderen Gegenständen, die uns Tag für Tag begegnen. So zum Beispiel in der inneren Beschichtung von Konservendosen. Bei einer Studie, welche an der Harvard School of Public Health durchgeführt und im amerikanischen Fachblatt Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde, sind 75 Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Die eine Hälfte bekam mittags eine Dosensuppe zu essen, die andere Hälfte eine frisch zubereitete Suppe. Den Rest des Tages durften sich die Probanden ernähren, wie sie wollten. Am vierten Tag der Untersuchung gaben die Probanden Urinproben ab und die Ergebnisse waren eindeutig: Der BPA-Wert stieg bei den Personen, die täglich eine Dosensuppe verzehrt hatten, von 1,1 Mikrogramm pro Liter auf 20,8 an. Laut den Forschern seien dies die höchsten BPA-Konzentrationen, die bislang gemessen worden seien. Zwar würden die Werte nur momentane Spitzenwerte darstellen, jedoch könnten die Ergebnisse eine wichtige Rolle spielen für Personen, die häufiger Konservennahrung zu sich nehmen würden.

Keine Einigkeit über die tatsächliche Gefahr

Insgesamt bleibt BPA ein umstrittener Stoff. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) entschied im Juni dieses Jahres, «dass die Einnahme von Bisphenol A durch Lebensmittel kein Risiko für den Konsumenten darstellt. Dies gilt auch für Neugeborene und Säuglinge», wie man dem Faktenblatt zu diesem Thema entnehmen kann. Damit widerspricht das BAG dem Entscheid der EU, Bisphenol A in Schoppenflaschen zu verbieten.

Timo Bütler vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich Irchel erklärt, wie es zu den unterschiedlichen Entscheidungen kommt: Die Erkenntnisse rund um den Stoff BPA seien sehr unsicher, es gebe keine konkreten Beweise für die Schädlichkeit. Die EU ginge zwar vorsichtiger um, was aber nicht bedeuten würde, dass die Schweiz im Vergleich dazu unvorsichtig sei. «Bisphenol A ist ein Weichmacher, den man für die Herstellung vieler Dinge braucht. Über mögliche Alternativstoffe weiss man zum Teil noch weniger. Deswegen sieht die Schweiz von einem Verbot ab.»

«Die Dosis macht das Gift»

Auch die Ergebnisse und Interpretationen der US-Studie hält Bütler für übertrieben. Die gemessenen Werte der Probanden deuteten darauf hin, dass diese 40 Mikrogramm BPA zu sich genommen hätten. Der von verschiedenen regulatorischen Behörden ermittelte tolerierbare Wert liegt allerdings bei 50 Mikrogramm pro Kilogramm des Körpergewichts pro Tag. Umgerechnet bedeutet dies, dass ein Mensch mit einem Körpergewicht von 60 Kilogramm täglich 3000 Mikrogramm des Stoffes ohne Bedenken zu sich nehmen kann.

Wichtig zu erwähnen sei ausserdem, dass die bisherigen Versuche, die auf die entsprechenden Wirkungen des Stoffes hindeuteten, meist an Tieren durchgeführt wurden. Diese hätten aber einen anderen Metabolismus als Menschen. Das heisst, dass Menschen den Stoff im Gegensatz zu Tieren anders und schneller verarbeiten und wieder vollständig ausscheiden. Dennoch sei es wichtig, weiterhin an dem Stoff zu forschen, denn: «Die Dosis macht das Gift» und vor allem bei Säuglingen könne man nicht von den gleichen Faktoren ausgehen wie bei einer erwachsenen Person.

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