«Die Kabel sind von Auge im Flug nicht erkennbar»

Aktualisiert

Beinahe-Crash in St. Moritz«Die Kabel sind von Auge im Flug nicht erkennbar»

Nach der Kollision eines Flugzeugs mit einem Kamera-Tragseil in St. Moritz steht die Luftwaffe in der Kritik. Die Verantwortlichen nehmen Stellung.

von
chi

Der stellvertretende Luftwaffenchef nimmt nach dem Flugstaffel-Vorfall in St. Moritz Stellung.

Beim Überflug der PC-7-Staffel der Schweizer Luftwaffe am Freitag an der Ski-WM in St. Moritz touchierte ein Flugzeug das Tragseil einer SRF-Kamera. Diese krachte aus mehreren Metern ins Zielstadion. Verletzt wurde niemand, der Pilot konnte seine Maschine selbständig landen.

Wie es zu dem Vorfall kommen konnte, wird laut Bernhard Müller, dem stellvertretenden Luftwaffenchef, noch untersucht. Ob die Flugzeuge den vorgeschriebenen Abstand zum Boden von 300 Fuss (ca. 100 Meter) eingehalten haben oder nicht, konnte er noch nicht beurteilen.

Pilot wird betreut

Jedenfalls seien die Kabel von Auge im Flug nicht erkennbar, sagte er im «Blick». In den Geländebegehungen und Rekognoszierungen werde die Lage aller Hindernisse aber festgestellt und in allen Briefings erwähnt und festgehalten.

Das ganze Team sei schockiert, der betroffene Pilot werde betreut, sagt Müller im «Blick». Als erste Massnahme habe die Luftwaffe sämtliche für das Wochenende geplanten Flugshows abgesagt.

Wieder grünes Licht für Shows: Die Patrouille Suisse fliegt vor der WM-Abfahrt der Männer in St. Moritz. (Februar 2017)
«Ich kann mir nicht erklären, warum das Flugzeug das Kameraseil touchiert hat»: Die PC-7-Showflieger über St. Moritz. (Archivbild)
«Das ganze Team ist schockiert»: Bernhard Müller, stellvertretender Chef der Luftwaffe, an einer Medienorientierung in Emmen. (17. Februar 2017)
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Wieder grünes Licht für Shows: Die Patrouille Suisse fliegt vor der WM-Abfahrt der Männer in St. Moritz. (Februar 2017)

Expa/johann Groder

Für VBS-Chef Guy Parmelin ist es ebenfalls zu früh, um konkrete Schlüsse zu ziehen. Man müsse zuerst verstehen, was passiert sei, sagte der SVP-Bundesrat in der «Tagesschau». Man habe sehr viel Glück gehabt, dass es keine Verletzten und keine Toten gegeben habe und dass das Flugzeug nicht in die Menschenmenge gestürzt sei. «Aber ich finde, wir haben recht häufig solche Unfälle, deshalb müssen wir nun wirklich über die Bücher», sagte Parmelin.

Die SRG bedauerte am Freitagabend den Zwischenfall. Er sei sehr froh und glücklich, dass keine Personen zu Schaden gekommen seien, wird Roland Mägerle, Leiter der Business Unit Sport SRG, in einer Mitteilung zitiert. Für die letzten Rennen könne die Seilbahnkamera nicht mehr eingesetzt werden. Die WM-Slaloms würden aber wie geplant produziert.

Kunstfliegerei immer mit Risiko verbunden

Dass der Pilot nichts von dem Kamera-Tragseil gewusst hat, ist für den Aviatik-Experten Hansjörg Egger ausgeschlossen. Gerade in den Bergen seien Kabel die Gefahr Nummer eins für Flieger. Beim Briefing vor der Flugshow sei die Vorrichtung bestimmt Thema gewesen, sagte Egger im «Blick».

«Die Kunstfliegerei ist immer mit einem gewissen Restrisiko verbunden. Zentimetergenaues Fliegen ist da schlicht nicht möglich», so Egger weiter. Generell werde bei solchen Shows immer darauf geachtet, dass zumindest für das Publikum keine Gefahr besteht. Das sei auch beim Programm in St. Moritz der Fall gewesen.

Angekratztes Image der Luftwaffe

Für SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist es unverständlich, warum man ein so grosses Risiko eingegangen ist und derart tief fliegen konnte. «Der Vorfall ist alles andere als vertrauensbildend für die Armee» sagt Galladé im «Blick». «Das Militär steht für Sicherheit und da frage ich mich doppelt, wie so etwas passieren kann.»

Auch SVP-Nationalrat Werner Salzmann hält den Vorfall für wenig förderlich für das Image der Luftwaffe. Trotzdem würde er ein generelles Verbot von Flugshows bei solchen Anlässen bedauern. «Auch für das internationale Publikum haben Flugshows eine grosse Ausstrahlung und Werbeffekt für unser Land», sagt Salzmann im «Blick».

Gefährlich und mit Steuergeldern finanziert

Für die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) ist der Beinahe-Crash ein gefundenes Fressen. Es gebe weltweit immer wieder Zwischenfälle bei Flugshows, ohne dass Konsequenzen daraus gezogen würden, sagt GSoA-Sprecher Lewin Lempert gegenüber «Blick». Deshalb gehörten militärische Flugshows bei öffentlichen Anlässen verboten. Sie seien viel zu gefährlich und würden obendrein noch mit Steuerngeldern finanziert. «Da werden dem Spektakel Willen Unfälle in Kauf genommen, das ist bedenklich», so Lempert.

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