Impfung ab 5 JahrenDie Kinderimpfung ist zugelassen, aber die Impfdosen fehlen
Die Impfung für Fünf- bis Elfjährige ist freigegeben, auch die Empfehlung der Impfkommission ist auf der Zielgeraden. Geimpft werden kann trotzdem noch nicht, weil es an Impfstoff fehlt.
Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, und Gesundheitsminister Alain Berset sprechen an einer Pressekonferenz vom Montag über die Kinderimpfung.
Darum gehts
Am Freitag verkündete Swissmedic die Zulassung der Biontech-Impfung für Kinder ab fünf Jahren. Die entsprechende Empfehlung der Kommission für Impffragen (EKIF) wird in den nächsten Tagen erwartet. An einer Pressekonferenz vom Montag betonte Virginie Masserey vom BAG die Wichtigkeit der Kinderimpfung: «Derzeit sind viele Kinder vom Virus betroffen, was auch den Schulbetrieb tangiert, weil viele Kinder in Quarantäne müssen.»
Doch: Eltern und Kinder werden sich gedulden müssen. Wie Gesundheitsminister Alain Berset am Montag sagte, sei der früheste Zeitpunkt, mit den Impfungen loszulegen, Ende Dezember, wohl eher Anfang Januar. Das Problem: Die Kinder werden nicht mit demselben Impfstoff geimpft wie die Erwachsenen. Der Kinder-Impfstoff ist zwar bestellt, kommt aber erst in ein paar Wochen. Details will das BAG laut Virginie Masserey in den kommenden Tagen kommunizieren. Fragen dazu beantworteten am Montag weder das BAG noch die EKIF.
Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, sagte am Montag, die Kantone seien bemüht, bereit zu sein, sobald der Impfstoff das sei. Die Kapazitäten würden hochgefahren, neben Kinderärztinnen und -ärzten sollen auch die Impfzentren genutzt werden, um die Kinder zu impfen. Auch aus den kantonalen Gesundheitsdirektionen heisst es, die Infrastruktur für die Kinderimpfungen sei vorhanden (siehe unten).
«Schweiz ist Schlusslicht bei Kinderimpfung»
Auf Twitter ernten die Behörden Unverständnis und Kritik: «Die Freigabe der Kinderimpfung durch Swissmedic kam ja so überraschend. Man hat wirklich nicht vorhersehen können, dass die Distribution irgendwie organisiert werden muss…», schreibt jemand sarkastisch.
Auch Dominique de Quervain, Neurowissenschaftler und ehemaliges Taskforce-Mitglied fragt sich auf Twitter, wieso die Schweiz das Schlusslicht beim Boostern und der Kinderimpfung sei. Die Virologin Isabella Eckerle macht sich schon länger für die Impfung von Kindern stark.
«Für viele Kinder kommt die Impfung zu spät»
Nicht nur auf Twitter ernten die Behörden Kritik. Rui Biagini, Mitbegründer von «Protect The Kids», sieht gleich mehrere Probleme: «Die Aussage der Kantone, dass sie bereit wären, mit der Kinderimpfung loszulegen, bezweifle ich stark. Ich sehe die nötigen Kapazitäten aktuell noch nicht, die trotz gleichzeitigem Boosterangebot weit von dem entfernt sind, was im Sommer möglich war.»
Dazu komme das Problem mit dem nicht verfügbaren Impfstoff: «Die Booster-Kampagne wurde zu spät ausgerollt. Deshalb fallen jetzt Erstimpfungen, Booster-Impfungen und Kinderimpfungen zusammen. Einige Impfzentren wurden aber gar nicht wieder eröffnet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so tatsächlich auch alle Eltern und ihre Kinder, die das wollen, zügig an die Reihe kommen werden.»
Dass Impfstoff für Kinder fehle und auch die Kapazitäten nicht ausreichten sei insgesamt enttäuschend. «Angesichts der rasanten Ausbreitung von Omikron müsste man direkt nach der EKIF-Empfehlung loslegen, notfalls auch mit Kinderimpfungen aus Erwachsenen Impf-Vials. Sonst befürchten wir, dass die Impfung für viele Kinder zu spät kommen wird und sie sich mit dem Virus anstecken werden.»
Kantone warten auf Impfstoff
«BAG hätte frühzeitig Dosen reservieren sollen»
GLP-Nationalrat Jörg Mäder kann den Frust der Eltern gut nachvollziehen: «In anderen Ländern werden Kinder ja schon länger geimpft, die Schweiz konnte also davon ausgehen, dass die Zulassung auch hierzulande kommt. Also hätte das BAG frühzeitig ausreichend Kinderimpfdosen reservieren müssen, sodass man jetzt loslegen könnte.» Die Problematik liege also klar bei der Beschaffung: «Es wäre ein vertretbares Risiko gewesen, den Impfstoff schon vor der Zulassung zu bestellen.» Dass die Schweiz nun gerade in einer Zeit hinterherhinke, in der sich viele Kinder ansteckten, sei schade.
Auch Yvonne Feri, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Stiftung Kinderschutz Schweiz, sagt: «Es ist natürlich unschön, wenn die Empfehlung der EKIF kommt und man trotzdem noch warten muss mit dem Impfen.» Allzu tragisch findet sie die zwei bis drei zusätzlichen Wochen Wartezeit aber nicht: «Bald beginnen die Schulferien, die in gewissen Kantonen wohl sogar noch eine Woche verlängert werden. Wichtig ist, dass wir dann auch bei der Impfung für Kinder Vollgas geben können.» Ausserdem habe sie auch die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ihre Kinder derzeit noch gar nicht impfen wollten.