Oster-Krawalle«Die Krawallmacher kommen aus allen politischen Lagern»
Laut St. Galler Stadtregierung waren am Freitag wenige Chaoten unter vielen friedlichen Jugendlichen. Gewaltexperte Thomas Richter erklärt, wieso Jugendliche Molotow-Cocktails auf Polizisten warfen.
Gewaltbereite Jugendliche haben sich am Freitagabend in St. Gallen mit der Polizei angelegt.
20 MinutenDarum gehts
Am Freitag kam es in St. Gallen zu Jugendkrawallen und Strassenschlachten.
Unter den grösstenteils friedlichen Jugendlichen waren auch gewaltbereite Chaoten.
Ein Gewaltexperte erklärt, was in den gewaltbereiten Jugendlichen vor sich geht.
Von der «kunterbunten» Masse von Jugendlichen, die sich am Freitag in St. Gallen versammelt haben, seien die meisten friedlich gewesen, sagt die St. Galler Stadtpräsidentin Maria Pappa (SP). « Wir hatten in der Nacht wenige Chaoten und die werden zur Rechenschaft gezogen werden. Die Polizei könne noch nicht abschliessend sagen, welche Gruppierungen gewalttätig wurden, sagt der Kommandant der Stadtpolizei, Ralph Hurni.
«Molotow-Cocktails werden nicht im Affekt geworfen»
Was bewegt Jugendliche dazu, Glasflaschen und Brandsätze auf die Polizei zu schleudern? «Ein Teil der Gewaltausbrüche ist unter dem Deckmantel von Corona passiert und nicht aufgrund von Corona», sagt die St. Galler Stadträtin Sonja Lüthi (glp). «Die Leute, die gewalttätig wurden, waren in erster Linie Krawallmacher, die auf Action aus waren», sagt Thomas Richter, Leiter des Schweizerischen Institutes für Gewaltprävention. «Sie kommen aus allen politischen Lagern, von rechts- bis linksextrem.»
Auf Social Media gab es im Vorfeld der Krawalle mehrere Aufrufe zur Gewalt. Auch für Richter ist klar, dass die Auseinandersetzung mit der Polizei gezielt gesucht wurde. «Molotow-Cocktails werden nicht im Affekt auf die Polizei geschleudert. Die Brandsätze müssen vorbereitet werden», sagt er. Wenn dann die ersten Gegenstände durch die Luft fliegen, könne dies auch schnell Nachahmer anziehen. «De Mitläufer werden dann vom Sog der Gewalt mit eingezogen.»
«Leute, die Probleme machen, haben selber Probleme.»
Bei einem grossen Teil der Anwesenden in St. Gallen handelte es sich um junge Männer, viele mit Migrationshintergrund. Dies zeigt sich auch bei den Verhaftungen. Von den 21 Verhafteten sind laut Polizei 16 Schweizer Bürger. 15 von ihnen haben einen Migrationshintergrund.
Experte Richter erklärt das mit der Stellung der Gruppe in der Gesellschaft: «Gerade Menschen aus Schichten, die schon sonst nur schwach in der Gesellschaft eingegliedert sind, haben oft stärker das Bedürfnis, etwas bewirken zu wollen», erklärt Richter. Dabei würden sie auch nicht vor Gewalt zurückschrecken. Zusammenfassend sagt er: «Leute, die Probleme machen, haben selber meist Probleme.»
«Viele die zur Gewalt griffen, wollten es wohl einfach mal der Polizei zeigen», sagt Richter. Die Polizei repräsentiere all die schwierigen Umstände und Einschränkungen, mit denen die Jugendlichen auskommen müssen. So erklärt Richter auch, wie es dazu kommt, dass Rechtsextreme gemeinsam mit Secondos oder Anarchisten auf die Strasse gehen. «Sobald die Einzelnen in der Masse untergehen, ist es ihnen egal, wer neben ihnen steht. Hauptsache es passiert etwas.»
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Fachstelle Frauenberatung
Online- und Einzelchatberatung für Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder
Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Dargebotene Hand, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147