Die Krise nach der Krise

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SchuldenbergDie Krise nach der Krise

Der immer höher aufgeschüttete Schuldenberg der USA könnte nach Einschätzung von Ökonomen leicht Auslöser der nächsten Weltwirtschaftskrise werden.

von
Tom Raum
AP

Auf mehr als 11,5 Billionen Dollar (knapp 8,3 Billionen Euro) ist die amerikanische Staatsverschuldung in der aktuellen Rezession schon geklettert. Ausgeschrieben sind das 11.500.000.000.000 Dollar, eine Zahl mit 14 Ziffern.

Die Verschuldung liegt inzwischen bei mehr als 80 Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung in den USA, ausgedrückt durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Jeder einzelne US-Bürger hat rechnerisch allein durch den Staat etwa 37.000 Dollar (26.600 Euro) Schulden.

Deutschland steht relativ gesehen nicht sehr viel besser da: Die Verschuldung von inzwischen knapp 1,59 Billionen Euro entspricht fast 73 Prozent des BIP von 2008. Ende 2008 lag die Staatsverschuldung in Deutschland noch bei beinahe 1,52 Billionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von rund 18.500 Euro entspricht.

Zinsen von 452 Milliarden Dollar

Die Zinsen für den gigantischen Schuldenberg, 452 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr, stellen in den USA inzwischen den vierthöchsten Ausgabenposten des Staates dar, nach Gesundheit, Sozialleistungen und Verteidigung. Die Schuldenlast erschwert Präsident Barack Obama den Kampf gegen die aktuelle Rezession: Zu höheren Ausgaben für Förderprogramme und Bankenrettung kommen auch noch sinkende Steuereinnahmen wegen des Wirtschaftseinbruchs.

Experten sehen höhere Steuern oder die Kappung staatlicher Leistungen - oder beides zugleich - als praktisch unausweichlich. «Wenn wir nicht unsere Entschiedenheit demonstrieren, auf längere Sicht die Staatsfinanzen nachhaltig zu gestalten, bekommen wir weder finanzielle Stabilität noch gesundes Wirtschaftswachstum», sagte Notenbankchef Ben Bernanke unlängst vor dem Parlament.

Erstmals 1790 in roten Zahlen

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind zum ersten Mal 1790 in die roten Zahlen gerutscht - mit 75 Millionen Dollar aus dem Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten. Noch einmal, von 1834 bis 1835, war der Staat schuldenfrei. Seither hat sich das Defizit immer weiter aufgebaut - schneller in Kriegszeiten, langsamer im Frieden, aber dennoch fast stetig aufwärts.

Einmal noch, von 1998 bis zum Jahr 2000, gab es Haushaltsüberschüsse, doch das erwies sich als Effekt einer überhitzten Konjunktur. Kriege in Irak und Afghanistan, Wirtschaftsförderprogramme unter den Präsidenten George W. Bush und jetzt Obama - die 1989 installierte Schuldenuhr am Times Square in New York musste 2008 gegen ein neues Modell ausgetauscht werden. Die Staatsverschuldung überstieg 10 Billionen Dollar; die alte Schuldenuhr konnte so viele Stellen nicht anzeigen.

Im Zweiten Weltkrieg bei 120 Prozent des BIP

Zwar liegt die Staatsverschuldung der USA derzeit noch deutlich unter den 120 Prozent des BIP in Zeiten des Zweiten Weltkriegs - drückend ist die Last dennoch. Das Geld, das der Staat ausgibt, kommt hauptsächlich aus dem Verkauf von Schatzbriefen, Treasury Bonds.

Grosse Mengen dieser wegen ihrer vergleichsweise fast vollkommenen Sicherheit beliebten Wertpapiere sind im Besitz Chinas, Japans und der Ölstaaten am Persischen Golf. Sie sind die grössten Gläubiger der Vereinigten Staaten.

Doch die Billionenausgaben der US-Regierung zur Belebung der rezessionsgeplagten Wirtschaft drücken bereits den Wert des Dollars und machen T-Bonds weniger attraktiv für Anleger. Würden grosse Gläubiger abspringen und ihre US-Staatsverschreibungen verkaufen, würde das neuerlich Schockwellen durch die globale Wirtschaft schicken und die Zinsen in den USA scharf ansteigen lassen. In den USA löst die hohe Verschuldung Umfragen zufolge inzwischen steigende Besorgnis aus, auch wenn Obamas Popularitätswerte hoch bleiben.

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