RevolutionärDie lange Flucht des Leo Trotzki
Der russische Revolutionär Leo Trotzki war sein Leben lang auf der Flucht. Vor 70 Jahren wurde er auf Geheiss Stalins in Mexiko ermordet.

Leo Trotzki in einer Aufnahme von 1928.
Esteban Volkov kehrt immer wieder in das von kleinen Wehrtürmen geschützte Anwesen im Stadtteil Coyoacán zurück. Im Garten, unter einer roten Fahne, sind die sterblichen Überreste seiner Grosseltern, Leo Trotzki und dessen Frau Natalja Sedowa, beigesetzt - unter zwei weit ausladenden Jacaranda-Bäumen und Kakteen, die Trotzki selbst gepflanzt und gepflegt hatte.
«Es hat sich viel geändert», sagt der 86-jährige Trotzki-Enkel Volkov. Der Garten Trotzkis in Mexiko-Stadt ist eine Oase der Ruhe. Die hohen Mauern, die der russische Revolutionär nach einem ersten Mordversuch 1939 errichten liess, halten den Lärm der Millionenmetropole zurück. Das Anwesen ist jetzt ein Museum.
Von Stalin entmachtet und verfolgt
«Ich habe meinen Grossvater zum ersten Mal gesehen, als er in der Türkei im Exil lebte. Es war Anfang 1931», erinnert sich der Enkel. Der russische Revolutionär mit dem richtigen Namen Lew Davidowitsch Bronstejn, Gefährte Lenins und Gründer der sowjetischen Roten Armee, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine lange Odyssee hinter sich.
Stalin hatte Trotzki nach einem langen Machtkampf zunächst entmachtet. 1927 verbannte er ihn nach Sibirien, von wo aus er in die Türkei flüchtete. Stalin liess die meisten Mitglieder der Familie Trotzki umbringen.
1933 gingen die Trotzkis von der Türkei nach Paris. Nach zwei Jahren wurde er ausgewiesen - auf Druck Moskaus. Leo Trotzki zog nach Oslo. Aber auch in Norwegen konnte er nicht lange bleiben. «Er musste befürchten, dass ihn die Norweger an Moskau ausliefern würden», sagt Volkov.
Letzte Zuflucht in Mexiko
In Mexiko fand Trotzki schliesslich 1937 seine letzte Heimat. Der Maler Diego Rivera und seine Frau Frida Kahlo hatten sich beim damaligen Präsidenten Lázaro Cardenas für ihn eingesetzt.
Er kam zunächst in Frida Kahlos Haus unter, weshalb ihm eine Affäre mit der mexikanischen Malerin angedichtet wurde. Anfang 1939 zog Trotzki in sein nur wenige hundert Meter entfernt gelegenes eigenes Haus.
Auch in Mexiko war Trotzkis Leben immer in Gefahr, sein Lebensradius blieb auf das kleine Haus und den Garten beschränkt. Trotzki züchtete Kaninchen, hielt Hühner und Hunde und schrieb an Biografien über Lenin und Stalin.
Am 20. August 1940 wurde der russische Revolutionär vom sowjetischen Agenten Ramón Mercader, der sich als Freund eingeschlichen hatte, mit einem Eispickel erschlagen. Trotzki starb einen Tag später.
Esteban Volkov hat nach der Ermordung Trotzkis noch 20 Jahre lang mit seiner Grossmutter Natalja in dem Haus gewohnt. Seine vier Töchter leben und arbeiten in Mexiko und in den USA. «Sie führen ein normales Leben», sagt er, anders als ihr Urgrossvater.