LichtverschmutzungDie letzten richtig dunklen Orte der Schweiz
Wir können in der Schweiz immer weniger Sterne am Himmel sehen. Die letzten dunklen Orte sind gut gehütete Geheimnisse.
Etwa 2000 Sterne könnten wir bei guten Bedingungen mit blossem Auge sehen. Bestenfalls ein paar Dutzend sind es über Zürich, Genf und Basel. Einen wirklich dunklen Himmel gibt es in der ganzen Schweiz nicht mehr, nicht einmal in den Alpen.
Dank künstlicher Beleuchtung ist die Erde nachts in Licht gebadet. Dank eines neuen Nasa-Satelliten und der Mithilfe vieler mitforschenden Bürgern gibt es seit Mitte 2016 eine aktuelle Lichtverschmutzungskarte der Welt, wo man das gut sehen kann.
Früher war es auf dem Basler Hausberg noch dunkel
Ein Grossteil der Weltbevölkerung sieht keinen natürlichen Nachthimmel mehr. Diejenigen, die regelmässig in die Sterne blicken, wissen das nur zu gut. Auf der Sternwarte Basel habe man mit Glück noch ein-, zweimal im Jahr die Gelegenheit, die Milchstrasse zu sehen, sagen die Hobbyastronomen, die sich dort wöchentlich treffen. In den meisten Ballungsräumen geht dies gar nicht mehr.
Den Mond könne man sich natürlich noch immer anschauen, auch helle Sternbilder wie den Grossen Wagen kann man in Basel noch sehen, manchmal auch noch Cassiopeia, für alles andere sei es zu hell. Nachts das Teleskop auf dem Hausberg Gempen aufzubauen wie vor 20 Jahren, das gehe jetzt nicht mehr, berichten die Sterngucker. «Wir müssen immer weiter weg.»
Dunkle Orte sind Geheimtipps
Wohin genau, das ist ein gut gehütetes Geheimnis der Astronomen. Man dürfe die dunkelsten Orte nicht nennen, sonst sei es bald nicht mehr dunkel, befürchten sie. «Ins Sundgau, in den Jura und in die inneren Alpentäler», geben sie vage Auskunft. Gut seien Orte, die dünn besiedelt und hoch gelegen seien. Selbst im Engadin störe die Lichtglocke von St. Moritz.
«Waren Sie schon mal in den Alpen?», werde ich gefragt. «Sie fanden das Panorama bestimmt schön. Stellen sie sich vor, man kann es nicht mehr sehen. Dann ist ein Stück Natur weg.» So ähnlich sei das mit der Lichtverschmutzung.
Ein Stück Natur geht kaputt
Die nächtliche Helligkeit stört nicht nur die Aussicht, sie ist auch schädlich für Mensch und Tier. Zugvögel beispielsweise werden durch Scheinwerfer irritiert, Insekten durch nächtliche Lichtquellen. Nachtaktive Tiere kommen aus dem Tritt. Auch der menschliche Wach-Schlaf-Rhythmus hängt von der Helligkeit ab.
Die Ursachen für die nächtliche Helligkeit sind vielfältig. Strassenbeleuchtung, Industrieanlagen und Lichtwerbung sind dafür genauso verantwortlich wie Flutlichter in Stadien und Lichter im Garten. Scheinwerfer, die nur den Himmel anleuchten, seien einfach Umweltverschmutzung, finden die Astronomen.
«Am schlimmsten ist die angeblich grüne SBB», schimpft Peter Fischlewitz, Sprecher des Astronomischen Vereins Basel. «An jedem Bahnhof steht eine Stele, die nichts erhellt, aber von unten nach oben leuchtet.»
Die ersten Gesetze gegen Lichtverschmutzung
Immerhin gebe es langsam ein Bewusstsein für die Lichtverschmutzung. Bis sich etwas ändere, dauere es aber lange. Als erstes Gebiet der Welt hat die Kanareninsel La Palma 1988 ein Lichtschutzgesetz erlassen. In der Schweiz gibt es dazu keine Gesetze. Hier müssen die Gemeinden Gegenmassnahmen selbst bestimmen. Vorbildlich: das Städtchen Binningen in der Nähe von Basel, wo in diesem Jahr ein Reglement gegen Lichtverschmutzung verabschiedet wurde.