Grossbrand Horn: «Die Lösung des Problems sah er nur in der Brandlegung»

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Grossbrand Horn«Die Lösung des Problems sah er nur in der Brandlegung»

Sieben Jahre nach dem Grossbrand auf dem Raduner Areal in Horn TG wird der Fall vor Gericht behandelt. Ein mittlerweile 70-jähriger Mann wird beschuldigt, den Brand verursacht zu haben.

Beim Raduner-Fabrikareal am Bodensee in Horn kam es Anfang August 2015 zu einem Grossbrand.
Mit fatalen Folgen: Von den Gebäuden ist nur noch das Gerippe zu sehen,
Erst stand eine Halle, dann fünf bis sechs Gebäude in Flammen.
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Beim Raduner-Fabrikareal am Bodensee in Horn kam es Anfang August 2015 zu einem Grossbrand.

Beat Kälin, newspictures

Darum gehts

Es war ein Brand, der in der ganzen Bodensee-Region zu sehen war. Am frühen Morgen des 3. August 2015 brach auf dem Raduner Areal in Horn TG ein Feuer aus. Über 200 Feuerwehrleute und drei Löschhelikopter wurden benötigt, um den Brand zu löschen, das Areal wurde grösstenteils in Schutt und Asche gelegt.

Schnell wurde Brandstiftung als Ursache vermutet. Der Geschäftsführer eines Unternehmens, der die Liegenschaften auf dem Areal beaufsichtigte, wurde verdächtigt und im Oktober 2015 in Untersuchungshaft genommen. Nach seiner Entlassung wurde sein Handy von der Polizei überwacht und ein verdeckter Ermittler gegen ihn eingesetzt. 

«Ich bin es nicht gewesen»

2020 wurde gegen den heute 70-jährigen Mann Anklage wegen Brandstiftung sowie des versuchten Betruges erhoben. Sieben Jahre nach dem Brand kam es nun am Donnerstag zur Verhandlung. Der Beschuldigte beteuert bis heute seine Unschuld. «Ich bin es nicht gewesen», sagte der Mann bei der richterlichen Befragung. 

Eine Woche nach der Tat hat er einen Suizidversuch unternommen. «Die Panik, die Sorgen, alles ist auf einmal zusammengekommen», sagt der Beschuldigte. Heute gehe es ihm den Umständen entsprechend gut, doch: «Ich werde jeden Tag an den Brand erinnert.» Die Strafuntersuchung hingegen sei «unnötig» gewesen, da er unschuldig ist.

Viele Indizien, keine Beweise

Vor dem Brand habe er mitbekommen, dass das Areal geräumt werden soll. Auch sollten Sondierbohrungen durchgeführt werden. Von einer Kündigung sei nicht der Rede gewesen. «Erst nach dem Brand erfuhr ich von davon», so der 70-Jährige.

Die Staatsanwaltschaft, die für die Vergehen eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten fordert, sieht die Schuld für das Feuer beim 70-Jährigen. Zwar habe niemand beobachten können, wer den Brand legte, doch: «Die umfangreiche Untersuchung hat so viele Hinweise gebracht, dass es keine Zweifel gibt, dass es der Beschuldigte war», so der Staatsanwalt. Beim Indizienprozess sei man zu diesem Schluss gekommen.

Gespräch mit verdecktem Ermittler

Die Brandlegung sei ein Akt der Verzweiflung gewesen. Laut Auffassung der Staatsanwaltschaft habe der Beschuldigte von der unmittelbar bevorstehenden Kündigung gewusst. Der Druck, innerhalb kurzer Zeit die Hallen zu räumen und den Auszug der Untermieter zu absolvieren, hat ihn zur Tat getrieben. «Die Lösung des Problems sah er nur in der Brandlegung.»

Weiter habe sich der Beschuldigte verdächtig verhalten und habe gegenüber dem verdeckten Ermittler immer wieder Andeutungen gemacht, dass er etwas mit dem Brand zu tun hat. Zudem habe er in Telefongesprächen immer auf ein persönliches Treffen gedrängt.

«An den Haaren herangezogen»

Der Verteidiger hingegen fordert in einem mehrstündigen Plädoyer einen Freispruch sowie eine Genugtuung für die Verbüssung der Untersuchungshaft. Es gebe keine handfesten Beweise, dass sein Mandant den Brand gelegt habe. «Man hat alles versucht, dem Beschuldigten die Tat anzuhängen», so der Verteidiger. Das Argument der Staatsanwaltschaft, dass der Beschuldigte wegen der bevorstehenden Kündigung unter grossem Druck stand, sei nichtig. «Es ist an den Haaren herangezogen.» Man hätte mittels Fristerstreckung genügend Zeit gehabt, das Areal zu räumen. 

Zudem wird die Brandursache angezweifelt. «In der betreffenden Halle waren diverse Kühlgeräte», so der Verteidiger. Auch weitere Brandursachen können nicht ausgeschlossen werden. «Man hat sich hier auf eine Person eingeschossen», sagt der Anwalt.

Am Donnerstagabend war die Verhandlung vorbei. Das Urteil erfolgt anschliessend schriftlich.

Es gilt die Unschuldsvermutung. 

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Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch

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Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen

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