Führten Hahnenkämpfe bei der Polizei zum Versagen?

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Sturm aufs CapitolFührten Hahnenkämpfe bei der Polizei zum Versagen?

Die späte Reaktion der Polizei beim Sturm aufs Capitol in Washington wird scharf kritisiert. Es werden Vergleiche mit dem Eingreifen der Behörden bei den «Black Lives Matter»-Protesten vom letzten Sommer gezogen.

Darum gehts

  • Die Polizei ist bei der Verteidigung des Capitols gescheitert – sie wurde buchstäblich überrannt.

  • Augenzeugen berichten von mangelnder Vorbereitung.

  • Im Vergleich dazu waren die Sicherheitskräfte bei den «Black Live Matter»-Protesten im Sommer 2020 besser aufgestellt.

«Bei den Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung rollten Panzer die Pennsylvania Avenue runter, aber diese Weissbrote lassen sie das Capitol übernehmen.» Das sind die Worte eines empörten Twitterers, der, wie viele andere, immer noch nicht glauben kann, was sich am Mittwoch in Washington D.C. abgespielt hat. Basketball Legende Dwyane Wade schreibt: «Wir können nicht mit unseren Kapuzenpullis die Strasse runterlaufen, ohne getötet zu werden. Und sie können das tun?»

Auch das «Black Lives Matter Global Network» selbst erzürnte sich auf Instagram über die unterschiedliche Vorgehensweise der Polizei bei schwarzen und weissen Protestlern: «Unsere Bewegung wurde aus Liebe und einer Vision der schwarzen Befreiung geboren. Diejenigen, die sie als gewalttätig bezeichnen, sind dieselben, die das Capitol stürmten. Black Lives Matter hat nie zu Gewalt aufgerufen und wir werden es auch heute nicht tun.»

Am 6. Januar stürmten Trump-Anhänger das Capitol in Washington.
Die Polizei war mit dem Ansturm sichtlich überfordert.
Augenzeugen berichten, wie die Demonstranten «dünne Polizeibarrieren» einfach durchbrachen…
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Am 6. Januar stürmten Trump-Anhänger das Capitol in Washington.

AFP

«Sie wussten, dass es Proteste geben würde»

Wo war die US-Capitol-Polizei? Eine Frage, die sich derzeit kaum beantworten lässt. Ein Ausland-Korrespondent der «Welt» berichtet von äusserst marginalen Sicherheitsvorkehrungen vor dem Capitol. Gerade in den USA, wo Sicherheit so gross geschrieben werde, sei dies schon erstaunlich.

Auch ein ehemaliges SWAT-Mitglied wundert sich und sagt gegenüber der Nachrichtenagentur «Bloomberg»: «Sie wussten, dass es Proteste geben würden, sie konnten das Ausmass erahnen, aber sie haben keine Vorkehrungen getroffen.»

«Bloomberg»-Reporter Ari Natter war Augenzeuge auf der Westseite des Capitols und beschreibt, wie der Mob Fahnenmasten benutzte, um die zahlenmässig unterlegenen Polizisten anzugreifen. Schliesslich mussten sie sich zurückziehen und so stiegen Leute ins Capitol ein. «Die Polizei schien völlig unvorbereitet», so Natter im Interview mit Bloomberg Radio.

Wieso war Polizei dermassen unvorbereitet?

In den US-Medien werden Hahnenkämpfe zwischen den verschiedenen Polizeicorps als Begründung angegeben, warum die Beamten so unvorbereitet waren. Die Capitols-Polizei habe keine Unterstützung angefordert, erst als es bereits zu spät war, meldet «NBC». Das Verteidigungsministerium des Pentagon habe der Capitols-Polizei und der Stadt Washington im Vorfeld Verstärkung angeboten, dies sei jedoch abgelehnt worden, so Pentagon Sprecher Jonathan Hoffman zu «NBC». Die Capitols-Polizisten hätten zudem keine Kampfuniform getragen.

Senator Roy Blunt, ein Republikaner aus Missouri, sagte, der Vorfall vom Mittwoch erfordere einen genauen Blick auf die Sicherheitsvorkehrungen bei Bidens Amtseinführung am 20. Januar.

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