PilotversuchDie Post will kein Kiosk mehr sein
Die als Gemischtwarenladen kritisierte Post bereinigt ihr Sortiment. Sie mistet in einem Pilotprojekt auch Süssigkeiten aus. Hintergrund sind politische Vorstösse.
Schluss mit dem Verkauf von Süssigkeiten, Hörgeräten oder Auto-Putzzeug: Das gilt ab sofort in einem Teil der Schweizer Poststellen. In einem bis Ende Sommer dauernden Pilotversuch an 20 Orten tritt die Post ab sofort mit einem um einen Fünftel reduzierten Sortiment an. Entfernt werden viele Artikel, die eine geringe Affinität zum Postbereich haben, wie Post-Sprecher Oliver Flüeler zu 20 Minuten sagt.
Die Kritik am Sortiment sei nicht spurlos an der Post vorbeigegangen, so Flüeler. Ausgemistet werden beispielsweise alle Süssigkeiten, Staubsauger, Artikel aus dem Bereich Automobil oder Hörgeräte.
Wichtiger Umsatzanteil
Erst nach der Auswertung des Pilotversuchs und Kundenbefragungen wird die Post definitiv über das Sortiment in der ganzen Schweiz entscheiden. Klar ist: Auch in Zukunft hält sie am Drittproduktgeschäft fest, da es einen positiven Einfluss auf die Auslastung der Poststellen und des Personals hat. Laut Geschäftsbericht ist der Umsatz der Post mit Drittprodukten im Jahr von rund 500 auf 508 Millionen Franken gestiegen. Der Gesamtumsatz der Poststellen lag 2014 bei 1,66 Milliarden Franken.
Drittprodukte hat die Schweizerische Post bereits seit dem Jahr 2000 im Sortiment. «Es geht darum, unsere Flächen sinnvoll zu nutzen», sagt Flüeler. Das Poststellennetz ist defizitär. Im letzten Jahr resultierte dort laut Flüeler ein Verlust von 100 Millionen Franken.
Furcht vor politischen Vorstössen
Hintergrund der Post-Pläne im Bereich der Drittprodukte ist auch die politische Situation. Aus Post-Kreisen verlautete, dass das Thema zuletzt mit eher negativen Auswirkungen für die Post diskutiert worden sei. Konkret geht es um zwei Vorstösse: Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats hat Ende März 2015 ein Postulat mit dem Titel «Massvolles Angebot an Drittprodukten durch die Schweizerische Post» eingereicht. Die Behandlung steht noch aus.
Zudem gibt es eine parlamentarische Initiative von SVP-Nationalrat Rudolf Joder. «Die Post soll sich auf ihren Unternehmenszweck konzentrieren und nicht immer mehr Krimskrams verkaufen», so der Titel des Vorstosses. Wie 20 Minuten aus Post-Kreisen weiss, hat das Unternehmen darum kürzlich ein Shop-in-Shop-Projekt mit einem namhaften Schweizer Nahrungsmittelhersteller sistiert.
Umsatz dürfte sinken
Kürzlich hatte Post-Chefin Susanne Ruoff in einem Interview mit 20 Minuten angekündigt, dass man dabei sei, das Sortiment zu überprüfen. Man brauche eine gewisse Fokussierung, so Ruoff. Eine Prognose, wie viel Umsatz die Post durch die Sortimentsanpassung einbüssen wird, will Post-Sprecher Flüeler nicht wagen. Laut Branchenkennern ist aber klar: Mit einem reduzierten Sortiment lässt sich die halbe Milliarde Umsatz nicht halten.
Den Kern des bereinigten Sortiments bilden Angebote wie Behördendienstleistungen, Versicherungen oder Produkte und Dienstleistungen aus dem Telekommunikationsbereich, wie die Post in ihrer Mitteilung schreibt. Ergänzend bleiben postaffine und etablierte Angebote wie beispielsweise Bücher, Papeterieartikel oder Geschenkkarten im Sortiment.
In diesen 20 Poststellen wird ausgemistet
Genève 4 Plainpalais
Zürich 49 Höngg
Basel 2 Annahme
Gland
Bad Ragaz
Glattzentrum
Baden
Schaffhausen
Sion
Kriens
Lausanne 1 Dépôt
Burgdorf 1
Lausanne 2 St-François
Basel 5 St. Clara
Kloten
Meyrin 1
Davos Platz 1
Porrentruy 1
Aarau 1
Münchenbuchsee