Nike Go FlyEaseDie rührende Geschichte hinter Nikes Freihand-Schuh
Die neuesten Sneaker von Nike lassen sich freihändig anziehen. Die Idee dafür stammt aber nicht vom Unternehmen selbst, sondern von Matthew Walzer (25). Der Amerikaner hatte sich im Jahr 2012 mit einem Brief an Nike gewandt.
Darum gehts
Mit dem Go FlyEase hat US-Sportartikelhersteller Nike im Februar 2021 seinen ersten Freihand-Sneaker vorgestellt.
Das futuristische Modell wurde von Matthew Walzer aus den USA inspiriert.
Der heute 25-jährige Cerebralparetiker hatte 2012 Nike um Hilfe gebeten, da er – eigentlich selbständig – beim Schuhe anziehen immer auf andere angewiesen war.
Sein Tiefpunkt hilft seit damals auch anderen Menschen mit Beeinträchtigungen weiter.
Matthew Walzer aus den USA hat mit seinen 25 Jahren schon viel erreicht. Deutlich mehr als das, was Mediziner für ihn nach seiner Geburt in Aussicht stellten. Denn Walzer kam zwei Monate zu früh und mit unterentwickelter Lunge zur Welt, was bei ihm zu einer Cerebralparese führte (siehe Box). Obwohl er nur körperlich betroffen ist, hielten es seine Ärzte für ausgeschlossen, dass er einmal laufen oder normal sprechen würde.
Doch sie lagen falsch: Dank Krücken kann er sich eigenständig bewegen, die Schule schloss er mit der zweitbesten Note ab und für eine seiner Sport-Kolumnen in der Schülerzeitung erhielt er eine Auszeichnung. Sein bisher grösster Erfolg: Er inspirierte den US-Sportartikelhersteller Nike zur Entwicklung seines ersten Freihand-Sneaker, dem Nike Go FlyEase.
Diagnose Cerebralparese
Wird das Gehirn von Babys oder Kindern zeitweise nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, sprechen Mediziner von einer Cerebralparese (von lat. cerebrum – Gehirn und griech. parese – Lähmung), auch als infantile Zerebralparese bezeichnet. Denn die Unterversorgung führt zu Hirnschädigungen, wodurch es wiederum zu Bewegungsstörungen kommen kann. Wie genau sich diese äussern, hängt davon ab, wie stark und wo genau das Gehirn geschädigt wurde. So kann es zu Hypotonie (Mangel an Muskelspannung), Spastik (erhöhte Eigenspannung der Skelettmuskulatur), athetose Bewegungsstörungen (nicht beabsichtigte, langsame, schraubenartige Bewegungen an Händen und Füssen), dystone Bewegungsstörungen (Verkrampfungen und Fehlhaltungen des Kopfes), Ataxie (Koordinationsstörungen) sowie Mischformen kommen.
Neben den Bewegungsstörungen kann die Hirnschädigung auch andere Folgen haben. Hierzu zählen zum Beispiel Anfälle, Wahrnehmungs- sowie Seh- und Hörstörungen. Zudem können die Intelligenz vermindert und die Entwicklung verzögert sein.
«Extrem frustrierend und manchmal auch peinlich»
Den Ausschlag gab ein Brief, mit dem sich Walzer 2012 an den Weltkonzern richtete, weil er angesichts seines Wechsels an die Stoneman Douglas High School in Florida an einem Tiefpunkt angekommen sei, wie er damals schrieb: «Mit 16 Jahren bin ich in der Lage, mich selbst anzuziehen, aber meine Eltern müssen mir immer noch die Schuhe zubinden. Als Teenager, der danach strebt, völlig selbstständig zu werden, finde ich das extrem frustrierend und manchmal auch peinlich.» Sein Traum sei es, «auf das College meiner Wahl zu gehen, ohne dass ich mir ständig Sorgen machen muss, ob sich jemand findet, der mir die Schuhe zubindet.»
Dass er sich ausgerechnet an Nike wenden würde, habe einen guten Grund, so der damals 16-Jährige weiter: «Ich habe mein ganzes Leben lang Nike-Basketballschuhe getragen. Ich kann nur diese Art von Schuhen tragen, weil ich zum Laufen Knöchelstütze brauche.»
Grosser Auftritt bei Olympia in Tokio geplant
Walzers Anliegen fand Gehör. Sein Brief landete schnell in den Händen von Tobie Hatfield, der nicht nur für Paralympioniken, sondern auch mit Special Olympians an ähnlichen Herausforderungen gearbeitet hatte. Er kontaktierte den Jugendlichen und begann mit der Entwicklung von Prototypen, der auf dessen speziellen Bedürfnisse zugeschnitten waren. «Ich habe mit Matthew genauso gearbeitet, wie ich es mit jedem anderen Athleten tun würde», zitiert der Hersteller Designer Hatfield. «Es war eine Freude, mit ihm zu arbeiten.»
Über die Jahre entstanden verschiedene schnürsenkellose Modelle, von denen nicht nur Walzer profitieren sollte. 2015 wurde das FlyEase genannte Schuhsystem mit einfachem Einstieg ins reguläre Programm aufgenommen, wobei es mit Klett- und Reissverschlüsseln und sogar Zurrlösungen immer wieder unterschiedliche Ansätze gab (siehe Bildstrecke). Das jetzt vorgestellte Modell ist das erste richtig freihändig nutzbare.
Selbst im Profisport ist die Reihe bereits angekommen. So hätte etwa die amerikanischen Olympioniken an den Olympischen Spielen in Tokio 2020 in einem eigens dafür entworfenen Modell, dem VaporMax 2020, die gewonnenen Medaillen entgegen nehmen sollen, wie Walzer auf seinem Instagram-Account verriet. Dem Vorhaben hat jedoch die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht.
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