Wifi im ZugDie Schweiz als Bahn-Entwicklungsland
In Holland, Irland, ja sogar in den USA gehört Wlan in IC-Zügen zum Standard. Die SBB lassen uns bis 2014 auf Internet warten. Damit sind wir auf dem digitalen Abstellgleis.
Mitarbeiter von 20 Minuten Online machten grosse Augen, als sie Anfang November auf einer Zugfahrt von New York nach Washington bei vollem Tempo und gut gefülltem Zug via Wlan auf ihrem Tablet surfen konnten. Schnell, kostenlos - und das im Anti-Bahnland USA!
Als Schweizer Pendler reibt man sich die Augen: Der US-Betreiber Amtrak rüstet bis Ende 2011 so viele Züge mit Hotspots aus, dass 75 Prozent aller amerikanischen Überland-Passagiere im Zug surfen können. Ein internationaler Vergleich (siehe Diashow oben) zeigt: Selbst in nicht gerade als Bähnler-Mekkas geltenden Ländern wie Irland gehört Gratis-Wifi bald zur Grundausstattung der Intercity-Züge.
Besonders ausgefallen ist etwa das Wifi-Netz in der U-Bahn von Tokio, welches seit dem 2. November auf einer Pilot-Linie läuft: Die Pendler können nicht nur drahtlos surfen, eine Seite zeigt auch an, wie heiss es in den verschiedenen Wagen ist und wie viele Leute sich darin befinden (siehe Diashow).
Grosser Nachholbedarf in der Schweiz
In der Schweizer fahren 1500 Postautos ab 2012 mit Wifi an Bord. Zug-Pendler müssen sich noch bis mindestens 2014 gedulden. Für Kurt Schreiber, Präsident der Passagiervereinigung Pro Bahn, ist klar: «Die SBB müssen Wlan in den Zügen so rasch wie möglich anbieten und sich nicht von allen anderen Ländern überholen lassen.»
Punkto Wifi ist die Schweiz ein Bahn-Entwicklungsland: Gerade einmal in 75 Erstklass-Wagen mit Businesszone ist ein kostenpflichtiger Wlan-Hotspot der Swisscom installiert. «Es ist eine grosse technische Herausforderung, für bis zu 1100 Passagiere schnelles Wlan in einem fahrenden Zug anzubieten», erklärt SBB-Sprecher Christian Ginsig zu 20 Minuten Online das Zögern.
USA, Holland, Japan: Die vielen Beispiele anderer Bahngesellschaften zeigen, dass die Technik vorhanden ist und funktioniert. Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel baut Wifi ebenfalls in die neuen Züge der österreichischen Westbahn ein. Er glaubt zu wissen, warum die Schweizer Bahnen zögern: «Für die SBB wäre die Wifi-Nachrüstung alter Wagen ein riesengrosser Aufwand.» Der Verwaltungsratspräsident der Westbahn gibt aber auch unumwunden zu: «Wir haben keinen Sponsor für das Wifi. Die Kunden zahlen den Service einfach über die Ticketpreise.»