Fünf Nominierungen möglichDie Schweiz im Oscar-Fieber
Ein Animationsfilm, zwei Kurzfilme und ein Dokfilm haben es auf die Short-List des wichtigsten Filmpreises geschafft. Regnet es jetzt Goldmännchen für die Schweiz?
Der Siegeszug begann im Mai. Am Cannes Film Festival sorgte der Stop-Motion-Animationsstreifen «Ma vie de courgette» («Mein Leben als Zucchini») für Jubelstürme bei den Kritikern. Seitdem erntet der Westschweizer Regisseur Claude Barras von allen Seiten Lorbeeren für seinen liebevoll gestalteten Film. Gerade gewann er den Europäischen Fimpreis für den besten Animationsfilm, wenige Tage später folgte eine Golden-Globe-Nominierung in derselben Kategorie. Es ist das erste Mal, dass ein Film mit Schweizer Regie eine solche Nomination erhält.
Jetzt fehlt nur noch die Königsklasse Oscars – und die Chancen stehen gut. Nur noch neun Werke kämpfen um eine der fünf Nominierungen für den besten fremdsprachigen Film, darunter der in Cannes umjubelte deutsche Beitrag «Toni Erdmann». Doch «Ma vie de courgette» hat auch Chancen auf eine Nominierung als bester Animationsfilm und würde sich damit in der Gesellschaft von gigantischen Animationsschmieden wie Disney, Pixar und Dreamworks bewegen.
Die Schweiz zu Gast bei den Animations-Giganten
Um seine Chance auf eine Nominierung zu wahren, machte Barras Stimmung in den USA, betreibt sogenanntes Oscar Campaining. Ohne dieses ist eine Nominierung undenkbar. Denn neben der Qualität eines Films entscheidet auch der Geldbeutel des Verleihers über Sein oder Nichtsein in der Award Season. Mehrere Millionen Dollar gehen für Anzeigen, Screenings, Partys und professionelle Oscar-Publicists drauf.
«Wir waren drei Wochen in Los Angeles und zwei Wochen in San Francisco. Dort haben wir 25 Screenings gemacht für Leute aus der Oscar Academy und der Hollywood Foreign Press. Wir präsentierten den Film auch bei Sony Animation, Dreamworks, Disney und Pixar», erzählt Barras 20 Minuten. Der amerikanische Verleiher stellte ihm zudem zwei PR-Profis zur Seite.
Premiere in Sundance
Ab Februar läuft der Streifen dann auch in in amerikanischen Kinos. Premiere in Übersee wird er am renommierten Sundance Film Festival im Januar feiern. Sollte Barras bei den Oscar-Nominierungen leer ausgehen, so zählt er zweifelsfrei doch zu den grossen Gewinnern des Schweizer Filmjahres.
Hoffnungen auf ein Goldmännchen dürfen sich aber noch ein paar Schweizer mehr machen. Neben Barras stehen gleich zwei heimische Kurzfilme auf der Shortlist der zehn Live Action Short Films: «Bon Voyage» von Marc Raymond Wilkins und «La femme et le TGV» von Timo von Gunten.
Zudem ist der von der Genfer Firma Close Up koproduzierte «I Am Not Your Negro» des Haitianers Raoul Peck einer von 15 Filmen auf der Shortlist der Dokumentarfilme. Im besten Fall – also sofern «Ma vie de courgette» als bester Animationsfilm und als bester fremdsprachiger Film berücksichtigt wird – darf sich die Schweiz über rekordverdächtige fünf Nominierungen mit heimischer Beteiligung freuen. Am 24. Januar werden wir es wissen; dann nämlich werden die Nominierungen für die 89. Oscar-Verleihung bekanntgegeben.
Der Trailer zu «Bon Voyage» mit «Tatort»-Star Stefan Gubser:
Der Trailer zu «La femme et le TGV» mit Filmlegende Jane Birkin:
Der Trailer zum Dokfilm «I Am Not Your Negro»:

Zum Film:
Zucchini ist ein wackerer kleiner Junge und hat mit einem Gemüse rein gar nichts gemeinsam. Als seine Mutter stirbt, fühlt er sich ganz allein auf der Welt. Das ändert sich aber schlagartig, als er im Kinderheim die Waisen Simon, Ahmed, Jujube, Alice und Béatrice kennenlernt, die alle ihre eigenen Vorgeschichten haben – die meisten davon traurig. Und da ist auch noch dieses Mädchen, Camille. Mit zehn Jahren gibt es viel zu entdecken. Zum Beispiel, wie es sich anfühlt, wenn man sich zum ersten Mal verliebt.
Schweizer Kinostart ist am 16. Februar 2017.