Die Suche nach dem Riesenknüller

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Don GbangaDie Suche nach dem Riesenknüller

Mit seinem Entwicklerstudio Gbanga sucht Matthias Sala stets nach neuen Spielwiesen, um Augmented-Reality-Games zu realisieren. Meist ist er mit seinen Ideen zu früh dran.

Jan Graber
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Jan Graber
Don Gbanga: Geschäftsführer Matthias Sala. Gegründet hat er Gbanga 2008, um mit Augmented-Reality-Games den Mobilegame-Markt zu erobern.
Eine einfache Leuchttafel weist auf die eben erst bezogenen Büroräumlichkeiten in Zürich hin.
Hier geht das Post-it ab: Die Pac-Man-Figur zeigt, worum es bei Gbanga geht.
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Don Gbanga: Geschäftsführer Matthias Sala. Gegründet hat er Gbanga 2008, um mit Augmented-Reality-Games den Mobilegame-Markt zu erobern.

Jan Graber

Im Grunde sei er ein Forscher. Vielleicht ist Matthias Sala, CEO des Zürcher Gameentwicklerstudios Gbanga, deshalb stets der Zeit voraus. Oder: mit einer Spielidee zu früh am Start. Vielleicht liegt es aber auch an Amerika.

Das Jahr 2006. Matthias Sala hat sein Informatik- und Architekturstudium beendet. Für ein Forschungspraktikum bei Xerox Parc reist er ins Silicon Valley. Dort kommt er erstmals mit einer Technologie in Kontakt, auf die er sich später spezialisieren wird: Location-Based Services – Software für Smartphones, die sich der geografischen Ortung mittels GPS und Funkmasten bedient. Was in den USA zum letzten Schrei gehört und die Fantasien beflügelt, ist zuhause in der Schweiz noch unerforschtes Neuland. Für Sala also die perfekte Spielwiese, um seinem Ur-Drang – Neues zu entdecken – zu folgen.

Das Wissen der Geräte nutzen

«In den USA hatte ich vor allem mit ortsgebundener Werbung zu tun», sagt Sala. Während ihn die rein kommerziellen Absichten darin stören, ist er fasziniert von den Möglichkeiten der Technologie. «Die Geräte wissen beängstigend viel», sagt er. Doch was sie wissen, will der Fan von Simulationen und Point'n'Click-Abenteuern nutzen: für Games, aber auch Software, um sie spannender und verspielter zu machen. Salas Vision: Games sollen nicht nur den Standort eines Spielers einbeziehen, sondern auch auf seine Stimmung reagieren.

Zurück in der Schweiz startet er mit einem Kollegen zusammen erste Versuche. Sie entwickeln «Colorfuel», ein Game, das eine nichtlineare Geschichte erzählt und mit vermeintlichen, pseudowissenschaftlichen Artikeln die Grenzen zwischen Realität und Spiel vermischt. Der Erfolg bleibt aus: Mit ihrer Idee sind Sala und sein Kollege zu früh dran. Doch die ersten Schritte in Richtung Augmented Reality sind getan, die Grenzen zwischen Wirklichkeit und virtueller Welt können aufgehoben werden.

Fortschritt dank Fehlern

Als Nächstes entsteht die Idee eines Zoo-Spiels. Spieler fotografieren mit dem Handy einen Code von in der Stadt aufgehängten Plakaten mit abgebildeten, seltenen Tieren. Daraufhin wird das abgebildete Tier in der installierten App aktiv und beginnt von seinem Schicksal zu erzählen. Ausserdem können «ausgebrochene» Tiere in der realen Stadt aufgespürt werden. Fehler in der Antennenortung führen jedoch dazu, dass das Tier nicht immer dort aufzufinden ist wo vermutet. Statt dass sich die Spieler darüber ärgern, erfinden sie eigene Erklärungen, wieso sich das Tier gerade versteckt hat. Sala wird klar, wie wichtig die eigene Geschichte in Games ist.

Es ist mittlerweile 2008, das iPhone hat ein Jahr zuvor seinen Siegeszug angetreten. Obwohl er den Erfolg des iPhones zunächst unterschätzt, glaubt Sala an die Zukunft der Mobile Games. Er gründet mit einem Partner die Firma Gbanga und will Location-Based Software anbieten. «Wir versuchten, Kunden für unsere Ideen zu finden. Oft erfolglos», sagt er. Wieder ist er der Zeit einen Schritt voraus. Deshalb entscheidet sich Gbanga, auf selbst produzierte Games zu setzen. Sala und seine Partner erfinden das Mafiaspiel «Famiglia», das erneut die Ortungssysteme des Handys nutzt und sie mit einer Opensource-Weltkarte abgleicht. Ziel des Spiels: Als Mitglied eines Mafia-Clans soll der Spieler Gebäude und Institutionen an dem Ort besetzen, wo er sich gerade aufhält – und so den Einflussbereich des Clans ausbauen. Als Sala einen Publisher dafür sucht, stellt er fest, dass er mit der Idee wieder zu früh ist.

Hoffnung auf den Glückstreffer

Dass die heute fünfköpfige Firma nicht umgehend in Konkurs geht, liegt an Auftragsarbeiten, die mittlerweile eintrudeln. Und an der Einführung von In-Game-Purchases: der Möglichkeit, Zusatzinhalte wie Level oder Ausrüstungsgegenstände für ein Game zu kaufen. «Gbanga Famiglia» ist die erste Schweizer Game-App, die diese Technologie nutzt. «Wir hatten Spieler, die mehrere tausend Franken ausgaben», sagt Sala. Es handle sich um eine äusserst treue Fangemeinde, die auch heute noch existiere.

Es sind nicht zuletzt diese Fans, auf die Sala und Gbanga für die Fortsetzung des Mafia-Spiels setzen. Sie trägt den Namen «Famiglia: Rise and Fall», bietet 3-D-Grafik und ermöglicht es, auch Gebäude und Institutionen, beispielsweise in New York, in Besitz zu nehmen. Das Spiel soll weltweit funktionieren und Spieler rund um die Welt ansprechen. Um das Geld für das Game aufzutreiben, hat Gbanga Ende Februar eine Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo.com aufgeschaltet.

«Es war mir immer wichtig, komische Sachen auszuprobieren», sagt Sala, der nebenbei als Präsident der Swiss Interactive Game Association SDGA amtet. Stets sei es ihm darum gegangen, Neues zu entdecken und unbekannte Terrains zu erforschen. Mit der Hoffnung, eines Tages den «Riesenknüller» (Zitat Sala) zu entdecken. Auch dann wird Matthias Sala der Zeit einen Schritt voraus sein.

» zur Crowfunding-Kampagne

Exklusiver Gametrailer «Famiglia: Rise & Fall»

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