Meister ohne PlayoffDie ZSC-Spieler pfeifen auf den Corona-Titel
Die ZSC Lions sind Qualifikationssieger. Vielleicht hat dies wegen des Coronavirus nachträglich sogar den Meistertitel zur Folge.
Auf diese Weise zu Titel-Ehren zu kommen, ist eine der möglichen Optionen, nachdem nicht klar ist, ob und wie es mit der Eishockey-Meisterschaft nach den Bestimmungen des Bundesrates (Veranstaltungen für 1000 und mehr Personen sind zumindest bis am 15. März verboten) weitergeht. Und unsicher ist, ob das Playoff überhaupt gespielt werden kann. Doch einen solchen Corona-Titel wollen die ZSC Lions auf keinen Fall.
«Den Meistertitel muss man sich zusätzlich verdienen»
«Für mich persönlich wäre das kein Meistertitel. Das wäre ein geschenkter Titel und wir alle haben höhere Ambitionen», sagt Stürmer Roman Wick. Captain Patrick Geering ergänzt: «Wir haben uns zwar den Qualifikationssieg verdient, aber den Meistertitel muss man sich zusätzlich verdienen. So Meister zu werden, daran mag ich gar nicht denken, das wäre irgendetwas, aber nicht das, was wir wollen.» Und auch der Zürcher Liga-Topskorer Pius Suter erklärt: «Wir wollen das Playoff spielen und dort gewinnen. Ohne den Playoff-Modus, ohne diese Intensität über mehrere Wochen, wäre es nicht dasselbe.»
Dieses Szenario wünschen sich nicht einmal die ZSC-Fans. Ihre Botschaft, die sie am Samstag beim Spiel ZSC Lions - Zug (4:1) im leeren Hallenstadion in Form eines grossen Plakates mit der Aufschrift «Kein Meister ohni Playoffs!» hinterliessen, war unmissverständlich.
Ein Playoff im WM-Format oder ein Sommermeister?
Doch wie weiter? Weitere Geisterspiele sind für die Spieler eine schlechte Option. «Wir konnten zwar im zweiten Geisterspiel besser damit umgehen als noch im ersten und versuchen, die Situation so professionell wie möglich zu handhaben, aber Eishockey ohne Fans ist und bleibt ein Riesenscheiss und geht eigentlich nicht», sagt Wick. Geering erklärt dazu: «Die Emotionen, welche die Fans auf die Spieler übertragen, fehlen enorm.»
Am Montag findet die ausserordentliche Ligaversammlung statt, an der das weitere Vorgehen festgelegt wird. Es ist wahrscheinlich, dass der für den 7. März vorgesehene Playoff-Start zunächst mal verschoben wird. Allenfalls auch das Format verändert wird. Anstatt best of seven, best of five oder sogar nur best of three gespielt wird. Doch gibt es dann irgendwann trotzdem wieder Geisterspiele, wenn die Verfügung des Bundesrates bestehen bleibt? Oder am Ende ein einfaches Turnier mit Viertelfinal, Halbfinal und Final wie an einer WM? Oder wird der Meistertitel erst im August/September ausgespielt und dadurch die Qualifikation der Saison 2020/21 verkürzt?
Vieles, das derzeit diskutiert wird, erscheint surreal. Wie auch, dass der Meistertitel, wie sonst nur in Kriegsjahren, diese Saison nicht vergeben wird. Oder die ZSC Lions nachträglich einen Meistertitel zugesprochen erhalten, den sie gar nicht wollen. Sicher ist einzig: Die Ausserordentliche Situation erfordert ausserordentliche Massnahmen. EVZ-CEO Patrick Lengwiler sagt dazu: «Es wird Abstriche geben, das ist klar.»
Redeverbot über das Coronovirus
Die jeweiligen möglichen Konstellationen beschäftigen natürlich auch die Spieler und werden in den Kabinen heiss diskutiert. «Am Freitag haben wir den ganzen Tag darüber gesprochen und dann anschliessend in Biel miserabel gespielt. Deshalb haben wir am Samstag beschlossen, den ganzen Tag nicht mehr darüber zu reden und uns aufs Spiel zu konzentrieren. Denn wir können ohnehin nicht kontrollieren, was beschlossen wird», erzählt Wick.
Und Geering ist sich hinsichtlich der ganzen Coronavirus-Thematik bewusst: «Wir Eishockeyaner sind nur ein ganz kleines Rädchen des Ganzen.» Suter gesteht, dass er aus aktuellem Anlass zuletzt zwar öfters die Tagesschau geschaut habe als üblich, aber sonst habe sich in seinem Privatleben wegen des Coronavirus noch nicht allzu viel geändert: «Ich gehe wie üblich einkaufen oder auch in die Stadt.»