St. Moritz GRDieser Bündner Turm ist schiefer als der von Pisa
Den schiefen Turm in Pisa kennt jeder. Doch es geht noch deutlich schiefer: Der Turm der ehemaligen Mauritiuskirche in St. Moritz hat eine Neigung von satten 5,5 Grad.
St.-Moritz-Guide Susi Wiprächtiger im Interview vor dem schiefen Turm in St. Moritz. (Video: lad)
«Vor allem die Touristen aus Italien nehmen unseren Turm ganz genau unter die Lupe», sagt St.-Moritz-Guide Susi Wiprächtiger vor Ort zu 20 Minuten. Denn: Der schiefe Turm von St. Moritz GR ist mit seinen 5,5 Grad Neigung schräger als der schiefe Turm von Pisa. Dieser hat nämlich nur eine Neigung von rund vier Grad. Und derzeit hat es besonders viele Besucher, denn Hochsaison im Engadin bedeutet auch für den Turm in St. Moritz viele Bewunderer.
Dabei macht der 33 Meter hohe Turm auf den ersten Blick gar nicht den Anschein, als würde er jeden Moment umfallen: «Bei den Dorfführungen stehe ich mit den Touristen zunächst beim Hotel Kulm, wo der Turm von vorne zu sehen ist», sagt Wiprächtiger. Wenn sie dann von seiner Neigung spreche, würden die Leute das erst gar nicht wahrnehmen. Umso grösser sei dann das Erstaunen, wenn die Gruppe weiterlaufe und die Neigung immer mehr wahrzunehmen sei.
Bergsturz und Erdbeben
Die Mauritiuskirche, zu der der Turm gehörte, wurde 1139 erbaut. 1570 wurde der Turm erbaut. Ein erster Aufbau mit Einbau der Glocken und Uhr wurde später noch ausgeweitet.
Doch warum ist der Turm so schief? «Das ist eine lange Geschichte», holt die Dorfführerin aus. Im frühen 13. Jahrhundert habe es einen Bergsturz gegeben, durch den sich die Felsbrocken am Hang, auf dem heute der Turm steht, gelockert hätten. «Seither sind diese Brocken nicht mehr fest aufeinander und der Hang bewegt sich kontinuierlich, etwa einen Zentimeter pro Jahr.» Zudem habe es später ein Erdbeben gegeben, das ebenfalls dazu beigetragen habe, dass der Turm heute so schief dastehe. Weil jede Erschütterung dem Turm schaden würde, wurden 1890 die Kirchenglocken entfernt, seit 1893 ist auch das Kirchenschiff weg.
Durch die ständige Bewegung im Hang muss der Turm gut unter Kontrolle gehalten und ständig vermessen werden. Bisher wurde er fünfmal saniert. Mittlerweile steht der Turm unterirdisch auf einer Brücke, die man je nach Bedarf hinten absenken oder vorne anheben kann. «Letztes Mal wurde er im Jahr 2013 hinten abgesenkt», sagt Wiprächtiger.
Für St. Moritz sei der schiefe Turm im Dorfkern das Wahrzeichen und die Einheimischen sind stolz auf ihn: «Wir St. Moritzer lieben unsere Turm.» Man sage zum Scherz auch, er sei der aufrechteste St. Moritzer.