Dieses Paar liebt sich seit 86 Jahren

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Walter und Silvia Frei (90)Dieses Paar liebt sich seit 86 Jahren

Der Fotograf Rolf Neeser hat eine Foto-Reportage über ein Bieler Ehepaar (beide 90) gemacht, das sich bereits mit vier Jahren die Liebe versprochen hat.

von
ct
Das Bieler Ehepaar Walter und Silvia Frei feierte kürzlich die eiserne Hochzeit – sie sind 65 Jahre verheiratet.
Zum ersten Mal «geheiratet» haben sie als Vierjährige. Sie banden sich gegenseitig Blumenkränze und spielten Hochzeit.
Die Mütter der beiden waren Freundinnen. Walter Freis Mutter ist die Gotte von Silvia Frei, Silvia Freis Vater ist der Götti von Walter.
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Das Bieler Ehepaar Walter und Silvia Frei feierte kürzlich die eiserne Hochzeit – sie sind 65 Jahre verheiratet.

Rolf Neeser

«Es ist eine Herzensgeschichte», erzählt der Bieler Fotograf Rolf Neeser. «Ich kenne das Paar schon lange und ich dachte, dass man in Zeiten von Terror und täglich schlechten News doch einfach mal das gewöhnliche Leben zeigen soll.»

Doch so ganz gewöhnlich ist die Geschichte von Walter und Silvia Frei auch wieder nicht. Sie handelt nämlich von der ewigen Liebe. «Die wird ja immer besungen oder darüber geschrieben, aber hier haben sie zwei Menschen offenbar gefunden», sagt Neeser. Denn Walter und Silvia Frei lernten sich kennen, als beide erst vier Jahre alt waren. Sofort war klar: Sie werden Freunde. Und wie das Kinder manchmal tun, spielten sie zusammen «Hochzeit» und banden einander Blumenkränze.

Harmonie bei jedem Handgriff

Heute sind die zwei 90 Jahre alt – und immer noch ein Liebespaar. «Sie sagt ihm manchmal Schätzli, er ihr Silveli», erzählt der Fotograf. Als er ihren Alltag ablichtete, wurde ihm bewusst, wie sehr diese beiden Menschen ihr Leben aufeinander abgestimmt haben. «Er hilft ihr in den Mantel und sie richtet ihm den Kragen – sie spüren einander einfach, das ist so eine Harmonie bei jedem Handgriff. Es ist einfach bewegend», sagt Neeser. «Es gibt im Leben eines Reportagefotografen viele spannende Geschichten, aber diese hier, die hat mich einfach tief berührt.»

Auch faszinierte ihn, wie die beiden in einer Art Zeitkapsel leben.

Denn Walter und Silvia Frei haben keinen Fernseher, kein Radio, nur ein altes, analoges Telefon. Sie gehen täglich ihre alte Wendeltreppe hinunter – vier Stockwerke –, um ihre Einkäufe zu tätigen in der Bieler Neumarkt-Migros. «Dort führen sie Gespräche mit den Leuten, dann gehen sie zurück in die Altstadt und schleppen die Kommissionen in ihre Wohnung», so Neeser. «Und wenn jemand läutet, geht einer von beiden zu Fuss hinunter, um die Türe zu öffnen.»

Erster Kuss nach Konzert

Die Bildreportage von Rolf Neeser wurde schon in der «Illustrée» und weiteren Zeitrschriften veröffentlicht. Der Fotograf zeigt sie demnächst auch an der Photo18. Walter und Silvia Frei haben nach der Publikation ihrer Bilder zahlreiche Rückmeldungen erhalten, erzählen sie 20 Minuten. «Wir waren vielen Bielern wohl bekannter, als wir selber wussten», sagt Walter Frei. Auch haben sie Briefe von Unbekannten bekommen.

Walter Frei erzählt gern, wie das mit Silvia angefangen hat. «Unsere Mütter waren Freundinnen, aber da ich in Luzern und sie in Bern aufwuchs, sahen wir uns nicht so oft.» Erst als Walter Frei dann in Bern zu studieren begann, sei er regelmässig bei Silvias Familie Essen gegangen. «So führte ich mit Silvia viele Gespräche, denn wir hatten viele gemeinsame Interessen wie zum Beispiel die Kunst.»

Zum ersten Kuss sei es in der Gartenlaube bei Freunden gekommen, bei denen sie nach einem Konzert noch auf ein Glas Wein eingeladen waren. Die Hochzeit fand am 1. November 1952 statt, als sie 25-jährig waren. Nach der Hochzeit vertieften sich beide in die Kunstmalerei und machten gemeinsam mittelalterliche Musik. «Ich habe 15 verschiedene Instrumente gespielt», erzählt Walter Frei stolz. «Das gemeinsame Musizieren hatte auch auf unser Zusammensein eine unglaubliche Wirkung.» Denn er ist überzeugt: Glück müsse man sich auch gemeinsam erarbeiten.

Noch nicht ins Pflegeheim

Er habe in seiner Lehrtätigkeit als Professor auch nie etwas gemacht, ohne dies mit seiner Frau besprochen zu haben. «Silvia hat an allem, was ich gearbeitet oder künstlerisch erschaffen habe, einen unheimlichen Anteil genommen.» Sie haben auch zusammen die Werke von verschiedenen Philosophen gelesen. Er sei im Gegenzug für seine Frau auch mal auf den Boden gelegen und habe sich angesehen, ob der Rock, den sie selber genäht hatte, schön gerade ist.

«Und ich koche auch für meine Silvia. Ich frage sie, worauf sie Lust hat, und bereite ihr das zu.» Obwohl seine Frau ebenfalls eine sehr gute Köchin sei. «Wir sind mit bald 91 Jahren nun halt alte, rasch ermüdende Leute. Jetzt helfen wir einander einfach, dass es noch geht, um möglichst lange einem Pflegeheim auszuweichen.»

Auch Zärtlichkeiten würden dabei nicht zu kurz kommen. «Sie gehören zum Alltag, vom Aufstehen bis ins Bett gehen. Öppedie gibts ein Müntschi. Warum sollen das alte Leute nicht mehr tun?»

Berner an der Photo18 in Zürich An der nächsten Photo18 vom 12. bis 16. Januar in Zürich-Oerlikon werden verschiedene Berner Fotografen ihre Lieblingsserien ausstellen. Nebst Rolf Neeser ist auch Damian Poffet dabei, der eine Bildreportage aus der chinesischen Geisterstadt Ordos zeigt. Oder Karl Schuler aus Burgdorf war bei einer Totenfeier in Nepal dabei. Und Fotograf Yves Krähenbühl lässt die Berner Skyline durch eine spezielle Technik ganz anders erscheinen. Mehr Infos unter www.photo18.ch.

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