DigitalzwangIst es erlaubt, dass die Bäckerei nur noch Kartenzahlung akzeptiert?
Die Bäckereikette Le Pain Quotidien entschied sich nach einem Überfall zum Bargeld-Ausschluss. Der Entscheid spaltet die Kundschaft und die Gastroszene.
Nur Kartenzahlung möglich: Darum gehts
Die Bäckereikette Le Pain Quotidien akzeptiert seit einem Überfall nur noch Kartenzahlungen.
Laut Genfer Wirtschaftsdepartement ist der Bargeld-Ausschluss gesetzeskonform.
Die Geschäfte können die Zahlungsmodalitäten selbst festlegen, müssen aber darauf hinweisen.
Zahlen mit Karte ist spätestens seit Corona Alltag. An vielen Festivals und in einigen Läden ist nur noch Digitalzahlung möglich. Auch die Bäckerei- und Restaurantkette Le Pain Quotidien nimmt seit Dezember kein Bargeld mehr an.
Der Entscheid spaltet die Kundschaft und die Gastroszene, wie das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS berichtet. Die belgische Kette ist in Genf und Lausanne vertreten.
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung lehnt laut Umfrage eine bargeldlose Gesellschaft ab, unter anderem aus Angst vor technischen Defekten, Cyberattacken sowie aus Datenschutzgründen.
Überfall gab den Ausschlag
Auch die Händler wehren sich, vor allem wegen der Gebühren. Flore Teysseire, Vertreterin der Genfer Geschäfte sagt: «Diese Kartenzahlungen sind eher ungünstig, weil ein Teil davon von Zwischenhändlern erhoben wird, was sich die Öffentlichkeit nicht unbedingt bewusst ist.» Für Händler können die Kartengebühren bei kleinen Beträgen wie einem Gipfeli sehr hoch sein.

Gipfeli nur noch mit Karte bezahlen? Dazu entschliesst sich jetzt die Kette Le Pain Quotidien.
Reto Oeschger/Tamedia AGWarum entscheidet sich das Unternehmen trotzdem dafür? Auf Anfrage von RTS heisst es, ein Überfall auf eines der Lokale habe den Ausschlag gegeben. Es wolle damit verhindern, dass sein Personal während der Öffnungszeiten kassieren muss. Ausserdem wolle es das Risiko von Betrügereien und das Gesundheitsrisiko beim Umgang mit Wechselgeld verringern.
Händler können selber entscheiden
Doch ist das überhaupt erlaubt? Beim kantonalen Genfer Wirtschaftsdepartement heisst es, dass der Bargeld-Ausschluss wegen der wirtschaftlichen Freiheit der Händler gesetzeskonform sei.
Auch Rechtsanwalt Philipp Fischer sagt in der Sendung, laut Artikel 3 des Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel, müsse jede Person Zahlungen in bar oder mit Banknoten annehmen (siehe Box), es handle sich aber um eine dispositive Rechtsvorschrift. «Die Parteien können also davon abweichen», sagt Fischer.
Das sagt das Bundesgesetz
Im Artikel 3 des Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel heisst es zur Annahmepflicht:
Jede Person ist gehalten, bis zu 100 schweizerische Umlaufmünzen an Zahlung zu nehmen. Umlauf-, Gedenk- und Anlagemünzen werden von der Schweizerischen Nationalbank und den öffentlichen Kassen des Bundes unbeschränkt zum Nennwert angenommen.
Schweizerische Banknoten müssen von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden.
Auf Franken lautende Sichtguthaben bei der Schweizerischen Nationalbank müssen von jeder Person, die dort über ein Konto verfügt, unbeschränkt an Zahlung genommen werden.
Wenn das Geschäft also am Eingang auf einem Schild darauf hinweist, dass nur Kartenzahlungen akzeptiert werden, «wird diese Zahlungsmodalität in den Vertrag eingebaut und vom Kunden implizit akzeptiert».
Was hältst du davon, dass einige Geschäfte nur noch Kartenzahlung akzeptieren?
Laut Fischer könnten noch mehr Geschäfte dazu übergehen, nur noch Digitalzahlungen zu akzeptieren. Er gibt aber zu bedenken, dass nicht jeder Zugang zu diesen Zahlungsmitteln hat. «Die Beibehaltung der Möglichkeit, mit Bargeld zu bezahlen, hat daher eine gewisse soziale Dimension», sagt der Rechtsanwalt.
Folgst du 20 Minuten Wirtschaft auf Whatsapp?
Hier kriegst du die aktuellsten News aus der Wirtschaftswelt und die heissesten Updates zu Konsumententhemen direkt auf dein Handy.