GOAT-DebatteDjokovic, Federer oder Nadal – wer ist der grösste Tennisspieler aller Zeiten?
Nachdem Novak Djokovic in Sachen Grand-Slam-Titel mit Rafael Nadal gleichgezogen hat, nehmen die Diskussionen über die Frage nach dem grössten Tennisspieler der Geschichte erneut Fahrt auf.
Novak Djokovic gewann am Sonntag zum zehnten Mal das Australian Open.
SRFDarum gehts
Wer ist der grösste Tennisspieler der Geschichte?
Nach dem Australian-Open-Titel von Novak Djokovic ist die GOAT-Diskussion neu entfacht.
20 Minuten hat mit zwei Fachexperten über das Thema gesprochen.
«Er ist der grösste Spieler, der je ein Racket in der Hand hielt», huldigte Stefanos Tsitsipas seinen Gegner Novak Djokovic bei der Siegerehrung nach dem Australian-Open-Final am Sonntag. Die Frage nach dem grössten Tennis-Profi der Geschichte beschäftigt die Tennis-Fans seit Jahren und wurde durch Djokovics Einstellung von Nadals Grand-Slam-Rekord (22 Titel) nun neu entfacht.
20 Minuten hat mit zwei Tennis-Experten über die sogenannte «GOAT-Debatte» gesprochen, bei der es darum geht, ob Djokovic, Rafael Nadal oder Roger Federer der grösste Tennisspieler der Geschichte ist. Die drei Superstars gewannen seit Sommer 2003 insgesamt 64 Grand-Slams.
Der US-Reporter Ben Rothenberg gilt als mächtigster Tennisjournalist der Welt und verfolgt den Tennis-Zirkus für verschiedene Medien wie etwa die «New York Times» seit Jahren. Simon Graf ist einer der grössten Tennis-Experten der Schweiz, Buchautor und berichtet seit über 20 Jahren über den Sport für die Zeitungen von Tamedia.
Total 179 Turniere gewonnen
In Sachen Grand-Slam-Titel liegt Djokovic nach dem Triumph in Melbourne mit 22 Grand-Slam-Erfolgen gleichauf mit Rafael Nadal und hat zwei Titel mehr als Roger Federer. «Es wird auf einer statistischen Ebene gesehen immer schwieriger, jemand anderes den Grössten aller Zeiten (GOAT) zu nennen als Djokovic», erklärt Ben Rothenberg.
Auch Graf meint: «In der Profi-Ära ist Djokovic bislang der Erfolgreichste», und führt an, dass der Serbe neben den Grand-Slam-Titeln zudem mehr Masters-Titel (38) einfuhr als Federer (28) und Nadal (36) sowie mehr Wochen als Nummer eins der Welt aufweist.
Geld-Duell
Djokovic ist auch in Sachen Preisgeld die Nummer eins. Gemäss der offiziellen ATP-Tour-Website hat sich der Serbe bislang knapp 154 Millionen Franken Preisgeld auf der Tour eingespielt und damit mehr einkassiert als Nadal (124 Millionen) und Federer (120 Millionen).
Bei den Werbedeals hat aber Federer die Nase vorn. Gemäss «Forbes» kassierte Federer allein zwischen dem 1. Mai 2021 und dem 1. Mai 2022 rund 83 Millionen Franken. Nadal (28 Millionen) und Djokovic (24 Millionen) spielten nur je rund ein Drittel der Summe ein, die der Maestro verdiente. Experte Rothenberg meint, dass Federers Werbeerfolg ebenfalls in die GOAT-Debatte einfliessen müsse. Nach Federers Rücktritt hatte auch sein ehemaliger Doppel-Partner Yves Allegro im Interview mit 20 Minuten erklärt, dass der Schweizer nicht nur wegen seiner Titel der Grösste aller Zeiten sei.
Einfluss auf den Sport
«Der erfolgreichste Spieler und der grösste Spieler ist etwas anderes», erklärt Graf und erläutert, dass Ausstrahlung und Wirkung die Grösse eines Sportlers definieren würden. «Die aktuelle Ära und Popularität des Tennis wurden von Roger eingeläutet», betont der Federer-Kenner und führt an, wie der Maestro mit seinem Spiel die Sportart weltweit prägte und dem Tennis zu höheren Preisgeldern, Einschaltquoten und Zuschauerzahlen verhalf.
«Djokovic hat nicht das gleiche Talent wie Federer, aber hat mit einer unglaublichen Hingabe sehr viel erreicht», führt Graf aus. Es sei aber auch erstaunlich, dass Djokovic immer wieder in Fettnäpfchen trete. «Vielleicht braucht er diese Kontroverse aber auch, um sein Bestes auszuschöpfen», so Graf.
Auch Rothenberg vertritt die Meinung, dass bei der GOAT-Debatte neben reinen Statistiken auch andere Faktoren wie der Spielstil, Persönlichkeit oder Sportsgeist einbezogen werden können. «Da würde Djokovic wohl nicht so gut abschneiden im Vergleich zu anderen», so der US-Reporter. «Egal, wo auf der Welt Federer ins Stadion lief, war er der Fanliebling. Nadal kommt ihm diesbezüglich teilweise nah, Djokovic nicht einmal knapp.»
Zukunft
Während Federer letztes Jahr zurücktrat und Nadal aktuell verletzt ausfällt, wirkt Djokovic in Topform. «Von der Ära der grossen drei sind wir in der Ära Djokovic angelangt», findet Graf und spricht davon, dass der Serbe vielleicht noch zwei bis drei Jahre so weiter dominieren werde – und somit die Rekorde noch weiter ausbauen wird.
Etwas weniger optimistisch sieht Rothenberg die Zukunft des Serben: «Djokovic ist schon 35 Jahre alt. Es wird nicht einfacher für ihn, weil sein Spiel stark von seiner Physis abhängt.» Der US-Journalist traut ihm zu, dass er noch weitere Major-Turniere gewinnen könnte. Aber es gibt auch ungewisse Faktoren. «Etwa beim US Open ist immer noch unklar, ob er als Ungeimpfter überhaupt in New York antreten darf oder nicht», so Rothenberg.
So oder so, die Tennisfans dürfen sich Hoffnungen auf ein weiteres Kapitel in der GOAT-Diskussion machen in den kommenden Monaten: Machen Verletzungen keinen Strich durch die Rechnung, ist es möglich, dass Djokovic und Nadal beim French Open und in Wimbledon aufeinandertreffen könnten.

Könnten im Mai in Paris den 23. Grand-Slam-Titel beim French Open ausspielen: Novak Djokovic und Rafael Nadal.
IMAGO/NurPhotoWer ist der Tennis-GOAT?
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