Drohnen im Ukraine-Krieg: Ist das die Zukunft des Krieges?

Publiziert

Moderner KriegFerngesteuertes Töten mit Drohnen: Ist das die Zukunft des Krieges?

Der Einsatz von Drohnen nimmt in modernen Konflikten zu. Gleichzeitig entwickeln Länder wie Grossbritannien ausgeklügelte Abwehrsysteme. Historiker und Militärexperte Alexandre Vautravers zur Zukunft des Krieges.

Drohnen verändern den Krieg in der Ukraine grundlegend.

20min

Darum gehts

  • Drohnen spielen eine immer wichtigere Rolle in modernen Kriegen, wie im Ukraine-Konflikt oder in Syrien.

  • Parallel entwickeln sich die Abwehrwaffen gegen Drohnenangriffe weiter.

  • Historiker Alexandre Vautravers sagt, dass Drohnen zwar aktuelle Konflikte prägen. Panzer und Jets seien aber weiterhin unverzichtbar.

  • Während die Länder, die sich im Krieg befinden, auf kleine und günstige Drohnen setzen, entwickeln Länder im Frieden hochspezialisierte Systeme.

Die Kriegsführung wandelt sich rapide. Drohnen spielen im Ukraine-Krieg eine zentrale Rolle. Dabei sind sie klein und verhältnismässig günstig. Vor wenigen Tagen testete Grossbritannien erstmals erfolgreich ein «Drohnenkiller»-System, das auf Radiowellen basiert und einen ganzen Schwarm Drohnen auf Hunderte Meter Entfernung vom Himmel holen soll. Ist das die Zukunft der Kriegsführung? Dazu Historiker Alexandre Vautravers, Experte für Militärgeschichte und Sicherheitspolitik.

Hat der Krieg in der Ukraine eine neue Ära der Kriegsführung eingeläutet?

Verallgemeinerungen sind schwierig. Die Konflikte in der Ukraine oder Syrien sind möglicherweise nicht ein Template für alle zukünftigen Kriege. Sie könnten jedoch für bestimmte Arten von hochintensiven Konflikten repräsentativ sein.

Drohnen haben den Krieg in der Ukraine komplett verändert.
Die ferngesteuerten Geräte dienen einerseits der Aufklärung. Die Khyzhak Brigade der ukrainischen Streitkräfte ist für die Luftaufklärung zuständig.
Drohen werden aber auch für das gezielte Zerstören und Töten eingesetzt. Auch die russische Armee setzt First-Person-View-Drohnen (FPV) für den Krieg gegen die Ukraine ein. Im Bild ein Soldat der Dnepr-Gruppe in der Nähe von Cherson.
1 / 9

Drohnen haben den Krieg in der Ukraine komplett verändert.

IMAGO/ABACAPRESS

Welche technologischen Entwicklungen verdienen derzeit besondere Aufmerksamkeit?

Zunächst müssen die Masse und die strategische Bedeutung nationaler Verteidigungsindustrien oder Produktionsstätten hervorgehoben werden. Ohne diese sind Länder anfällig oder von ausländischer militärischer und politischer Unterstützung abhängig.

Die tatsächlichen Mittel lassen sich unterteilen:

  • Kampf zu Land: Hier stechen technische Entwicklungen in gepanzerten Fahrzeugen und Führungs- und Kontrollnetzwerken (C2) hervor, um das Situationsbewusstsein zu verbessern und den Einsatz einer begrenzten Anzahl von Waffensystemen noch viel effektiver zu machen.

  • Kampf in der Luft: In der Luft werden strategische Mittel wie Langstreckenbomber, Marschflugkörper und interkontinentale ballistische Raketen regelmässig eingesetzt.

  • Abseits dieser traditionellen Kriegsführung treten Desinformationskampagnen, Cyber- und elektromagnetische Angriffe auf.

  • Besonders sichtbar ist der starke Anstieg von Drohnen, die im Team oder sogar in Schwärmen operieren: Obwohl viele dieser Systeme und Taktiken nicht neu sind, hat ihre Verwendung rapide zugenommen. Heute werden jeden Monat Zehntausende neue unbemannte Systeme eingeführt.

Was macht Drohnen so effektiv?

Heute sind die gefährlichsten und effektivsten Drohnen relativ einfache und günstige First-Person-View-Drohnen (FPV). Sie können per Funk oder Kabel gelenkt werden, um Störungen zu vermeiden, und arbeiten im Team mit anderen Drohnen, die Überwachung, Zielerfassung und Relaisführung übernehmen.

«Heute sind die gefährlichsten und effektivsten Drohnen relativ günstige First-Person-View-Drohnen.»

Was halten Sie von Aussagen wie der von Elon Musk, dass diejenigen, die heute noch Kampfflugzeuge bauen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben?

Diese Meinung ist nicht neu und herrschte bereits in den 1960er-Jahren unter Branchenführern, Ingenieuren und sogar der US-Militärführung vor. Damals glaubte man, dass Raketen und später autonome Systeme bemannte Flugzeuge ersetzen würden. Das Problem solcher Visionen ist, dass sie Krieg rein aus technischer, mechanischer oder wirtschaftlicher Perspektive betrachten. Als Historiker muss ich betonen, dass wir die menschlichen, politischen, symbolischen und sozialen Dimensionen der Kriegsführung nicht vergessen dürfen.

Kürzlich wurde das Armee-Budget 2031  öffentlich gemacht. So sieht die Einkaufsliste der Armee bis ins Jahr 2031 aus.
<strong>Führung und Vernetzung:</strong> Rechenzentren und IT-Infrastruktur sollen neu- oder ausgebaut, sowie eine satellitengestützte Kommunikation aufgebaut werden, um die Informationen zwischen Kommandostellen und Armeeangehörigen rasch und sicher hin- und herschicken zu können. Kosten: ca. 2,4 Mrd. (Symbolbild)
<strong>Nachrichtenverbund und Sensoren:</strong> Um Luftlagebilder erstellen zu können, sollen Radare und Sensoren beschafft werden. Dazu will das VBS auch Minidrohnen einkaufen. Kosten: ca. 1,5 Mrd. (Im Bild: Mobiles Radar «Giraffe 1x» der Firma Saab bei einer Übung zur Bekämpfung unbemannter Flugsysteme im niederländischen Vredepeel 2023)
1 / 11

Kürzlich wurde das Armee-Budget 2031  öffentlich gemacht. So sieht die Einkaufsliste der Armee bis ins Jahr 2031 aus.

20 Minuten/ Taddeo Cerletti

Investieren europäische Länder genug in Drohnentechnologie?

Das ist schwer zu beantworten. Europäische Armeen nutzen seit Jahrzehnten unbemannte Systeme. Sie haben viele verschiedene Typen entwickelt und Erfahrungen in so unterschiedlichen Regionen wie Afghanistan oder der Arktis gesammelt. Aber es gibt eine wachsende Kluft zwischen Ländern, die gerade einen Krieg führen, und denen, die noch mit Friedensbudgets, Entwicklungs- und Beschaffungsprozessen arbeiten. Mehrere europäische Länder entwickeln weiterhin High-End-Systeme, die in kleinen Stückzahlen in fünf bis zehn Jahren angeschafft werden sollen. Länder, die jedoch um ihre Existenz kämpfen, müssen neue Systemtypen beschaffen und jeden Monat neue Taktiken entwickeln; und sie benötigen diese Systeme in Zehntausenden, in wenigen Wochen.

Werden Drohnen Panzer und Artillerie redundant machen?

Im Gegenteil. Panzer sind nach wie vor die einzigen Waffensysteme, die gute Mobilität, Schutz und Feuerkraft kombinieren. Die Alternative wäre jahrelanger Stellungskrieg. Artillerie bleibt die effektivste und tödlichste Waffe auf dem Schlachtfeld. Und Kampfflugzeuge bieten unvergleichliche Geschwindigkeit und Flexibilität. Diese Systeme werden also nicht verschwinden. Auch in Friedenszeiten haben sie auch eine abschreckende Wirkung.

Sollte die Schweiz mehr Geld in Drohnen investieren?

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt

22 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen