Laver Cup«Dürfen Männer weinen?» – Tränen von Federer und Nadal lösen Debatte aus
Die Bilder der weinenden Tennis-Stars Federer und Nadal gehen viral und sorgen für heisse Diskussionen. Dürfen Männer in der Öffentlichkeit so offen ihre Emotionen zeigen?
Emotionale Bilder für die Ewigkeit. Federer bedankt sich herzig bei seiner Frau Mirka.
SRFDarum gehts
Die Fotos und Videosequenzen gingen um die Welt. Rafael Nadal und Roger Federer nebeneinander. Beide übermannen nach der letzten Profipartie des Maestros die Emotionen, sie weinen, halten Händchen und umarmen sich innig. Der Spanier äusserte sich dann später auch noch mit emotionalen Worten zum Karriereende des Schweizers. «Wenn Roger die Tour verlässt, geht auch ein wichtiger Teil meines Lebens. Für mich war er immer der Kerl, den ich schlagen musste», so Nadal.
Ja, es sind Sequenzen für die Ewigkeit. Unzählige Medien nehmen die emotionalen Szenen auf und auf Social Media werden die Fotos der weinenden Superstars tausendfach geteilt. Viele Fans verwenden die Bilder einfach dazu, um über das Karriereende von Federer zu sinnieren. Bei einem Teil entbrennt aber auch eine Riesen-Diskussion. So stellt ein Teil der Twitter-Community die Frage: «Dürfen Männer weinen?». Und die Diskussion geht noch weiter. In dieser geht es darum, ob Männer in der Öffentlichkeit weinen und ob sie Emotionen zeigen dürfen – und wenn ja, wie viele?
Heisse Diskussionen im Netz
Ein User meint beispielsweise auf Twitter: «Ich liebe Nadal und Federer, aber diese Bilder sind einfach schwul. Stellen Sie sich vor, Messi weint beim Rücktritt von CR7.» Den homophoben Tweet versieht er mit einem würgenden Smiley. Er ist nicht der Einzige, der die Innigkeit zwischen den beiden Legenden kritisiert. So sind andere der Meinung, dass sich Männer so nicht in der Öffentlichkeit zeigen sollten, das sei lediglich Frauen vorbehalten.
Und dann gibt es die Gegenseite. Die Gruppe, die genau dieses offene Zeigen von Emotionen abfeiert. Ein User meint: «Es sind zwei Legenden des Sports – wegen ihrer unfassbaren Erfolge auf dem Platz und besonders wegen ihrer Menschlichkeit.» Als er die beiden am Schluss heulen gesehen habe, hätte er auch angefangen zu weinen, so ein weiterer Twitter-User.
«Diese Bilder haben die Kraft, Stereotypen aufzubrechen und eine schrecklich giftige Männlichkeit zu zerstören – vor allem bei den Jüngsten», ist sich jemand sicher. Das sei die Art Männer, die es brauche. Männer, die ohne Angst Emotionen zeigen, pflichtet ihm ein User zu. Auf Linkedin geht ein Post viral, in dem es heisst: «So ein mächtiges und vielversprechendes Leuchtfeuer gesunder Männlichkeit, mitfühlenden Ehrgeizes und bescheidenen Erfolgs. Tränen sind das ultimative Symbol für Stärke, Echtheit und Menschlichkeit.»
«Dürfen Männer weinen?», fragen sich User
Experte lobt Emotionen
20 Minuten befragt Markus Theunert vom Dachverband Schweizer Männer- & Vaterorganisationen Männer.ch zu der Thematik. Der Experte findet die Emotionen der beiden Tennis-Stars klasse und meint: «Das sind zwei Ikonen, die als Rollenmodelle zeigen, dass Weinen genauso zum Mannsein gehört wie Kämpfen und Gewinnen.»
Gemäss Theunert können die emotionalen Bilder von Federer und Nadal dafür sorgen, dass Männer vermehrt offen Emotionen zeigen. «Es gibt auch heute noch so viele Buben, die zu hören bekommen, dass echte Jungen nicht weinen», erzählt er und meint weiter: «Wenn zwei gestandene Männer vor aller Augen das Gegenteil beweisen, hat das schon Kraft und Wirkung.»
Warum es 2022 immer noch kritische Stimmen gibt über Männer, die offen weinen, erklärt sich Theunert mit traditionellen Männlichkeitsnormen wie dem Imperativ, als Mann Schwäche zeigen zu dürfen. Jene würden sich teilweise bis heute halten, «auch wenn immer klarer wird, wie zerstörerisch sie wirken», so der Chef von Männer.ch. «Wenn Federer und Nadal so offen mit diesen Vorgaben brechen, provozieren sie all jene, die noch in diesen alten Mythen feststecken – erst recht, weil die zwei nicht einfach als ‹unmännlich› abgewertet werden können», hält der Experte abschliessend fest.
Bei Nadal brechen alle Dämme.
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