ZürichEhemalige Taliban-Geisel Daniela Widmer hält Rede an Hypnosekongress
Ende Oktober findet in Zürich ein Hypnosekongress statt. Ohne solide medizinische oder psychologische Ausbildung könnten Hypnosesitzungen gefährlich sein, warnt eine Expertin.
Darum gehts
Long-Covid-Symptome, Mens-Beschwerden oder Rückenschmerzen: Diese Leiden sollen mit einer Hypnosetherapie geheilt werden können. Zumindest versprechen das die Referenten am Hypnosekongress 2022, der Ende Oktober im Zürcher Glattpark stattfindet. Mitorganisiert wird der Anlass vom Schweizerischen Berufsverband für Hypnosetherapie SBVH. Wer «Rang und Namen in der Hypnose und Hypnosetherapie» habe, sei am Kongress vertreten, wirbt der Verband. Wer am Wochenende allen Vorträgen lauschen möchte, zahlt 475 Franken. Inklusive mit dabei ist eine «hypnotische Party» mit Oktoberfeststimmung.
Als Vortragende eingeladen ist unter anderem auch Daniela Widmer, die zusammen mit ihrem Partner 2011 von den Taliban entführt wurde und sich 259 Tage in Geiselhaft befand. Heute engagiert sich Widmer als Frau Gemeindeammann von Bellikon AG in der Lokalpolitik. Am Kongress wird sie über ihre Erlebnisse sprechen und darüber, wie sie gelernt hat, mit dem Geschehenen umzugehen.
«Hypnose kann bereits nach einer Sitzung grosse Wirkung zeigen»
Organisator und Hypnosetherapeut Hansruedi Wipf sieht den Vorteil der Hypnose in der schnellen Wirkung: «Andere Therapieformen können eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen, eine wirkungsvolle Hypnosetherapie kann aber schon nach der ersten Sitzung zu einer wesentlich positiven Veränderung bei der Klientin oder dem Klienten führen.»
Vor vier Jahren hat Wipf das Projekt HypnoSience gegründet. Hierbei handelt es sich um ein multidisziplinäres Projekt der Universität Zürich, das Hypnose und Hypnosetherapie auf eine wissenschaftliche Basis stellen will und eine Professionalisierung des Berufsbilds der Hypnosetherapeutin und des Hypnosetherapeuten anstrebt.
Werden Hypnosetherapien von der Krankenkasse übernommen?
Laut Christophe Kaempf, Mediensprecher der Santésuisse, sind Hypnosetherapien bei einzelnen Krankenkassenanbietern in der Zusatzversicherung enthalten. Dabei habe die Ausbildung des Hypnosetherapeuten oder der Hypnosetherapeutin keinen Einfluss auf die Kostenabdeckung.
In 120 Stunden zur Hypnosetherapeutin
Wipf selbst bietet im Rahmen seiner Organisation Hypnose-Aus- und -Weiterbildungen an. Daran teilnehmen kann jede und jeder, ein vorangegangenes Medizin- oder Psychologiestudium ist keine Bedingung. Wipf betont, dass aber auch viele Fachleute aus Psychologie und Medizin bereits an seinen Kursen teilgenommen haben. Die Ausbildung ist in drei Modulen aufgebaut und dauert insgesamt 120 Stunden.
Ebendiese kurzen Ausbildungen, welche von allen absolviert werden können und kein medizinisches Vorwissen voraussetzen, werden von Fachkräften der Psychologie und Medizin kritisch betrachtet. «Wenn jemand keine solide medizinische oder psychologische Ausbildung hat, kann eine Hypnosesitzung gefährlich werden», sagt Ina Hullmann, Psychologin und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für klinische Hypnose und Hypnotherapie Schweiz.
Kritik an Kurzausbildungen
Die Gefahr bestehe dabei in der direkten Suggestion, mit der viele Hypnosecoaches arbeiten würden: «Es sollten niemals Ideen ins Unterbewusstsein des Klienten gepflanzt werden.» Psychologinnen und Psychologen, welche Hypnosetechniken anwenden würden, würden nicht mit derartigen Suggestionen, sondern mit Fragetechniken arbeiten. «Dabei wird das Unterbewusstsein des Klienten unterstützt, selber zu suchen und zu finden.» Laut Hullmann führt ebendiese unterschiedliche Vorgehensweise zu Problemen. «Ich habe mehrere Personen erlebt, welche bei einem Hypnosecoach mit Schnellausbildung waren und danach eine Retraumatisierung erlitten haben.»
Wipf hält solche Aussagen für «Angstmacherei und unprofessionell»: «Würde dies tatsächlich so oft vorkommen, wie behauptet wird, gäbe es Statistiken, die das belegen würden.» Die ausgebildeten Personen würden bei ihm lernen, die Emotionen der Klientinnen und Klienten aufzulösen und zu neutralisieren. «Zudem werden sie auch darauf geschult, wie sie sich verhalten müssen, sollten sehr starke Emotionen aufkommen.» Das sei ganz normal, und: «Grosse Emotionen sind grosse Gelegenheiten für grosse Veränderungen.»
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