Krisen-PR des Bundesrats«Ein Ausdruck von Ratlosigkeit»
Der Bundesrat erhält von Experten schlechte Noten für seine Krisenkommunikation. Die Art, wie sich die Regierung mitteile, hinterlasse einen beklemmenden Eindruck.

Drängen sich derzeit nicht ins Rampenlicht: Bundesratsmitglieder Maurer, Burkhalter, Widmer-Schlumpf und Sommaruga am Montag nach der ausserordentlichen Sitzung zur Frankenstärke.
Ob der Bundesrat gegen den starken Franken Massnahmen ergreifen sollte, darüber lässt sich streiten. Dass die Art, wie die Regierung in der Krise kommuniziert, sehr unglücklich ist, darin sind sich Kommunikationsexperten jedoch einig. «Krisenkommunikation dient einerseits der Schadensbegrenzung und andererseits der Stärkung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit», sagt Beat Krättli, Geschäftsführer der Krisenkommunikations-Agentur Metacom und Dozent der Zürcher Hochschule Winterthur, auf Anfrage von 20 Minuten Online, «beides vermisse ich derzeit beim Bundesrat.»
Emblematisch dafür war Johann Schneider-Ammanns kurzer und kurzfristig einberufener Auftritt vor den Medien am Montagabend. Die Regierung ist in der Krise einfach nicht präsent. Und wenn sich der Bundesrat doch zu Wort meldet, dann mit hilflosen, unkonkreten Verlautbarungen. «Ich habe mir die Aufzeichnung von Schneider-Ammanns Statement viermal angeschaut und mich dabei die ganze Zeit gefragt: Was will uns dieser Mann sagen?», kritisiert Patrick Senn, Vorstandsmitglied im Schweizer Verband für Krisenkommunikation (VKK). Es könne doch nicht sein, dass ein Bundesrat vor die Medien trete, ohne zu wissen, was er eigentlich mitteilen wolle.
Obama als Vorbild
Tatsächlich blieb der Volkswirtschaftsminister in seinen Ausführungen äusserst vage (siehe Video). Gerade in Krisenzeiten wäre es aber wichtig, einfache und verständliche Worte zu finden, sind sich die Kommunikations-Spezialisten einig. Senn empfiehlt: «Der Bundesrat sollte sich Barack Obama zum Vorbild nehmen.» Zwar hätten die Märkte auf die jüngste Rede des US-Präsidenten nicht positiv reagiert, aber wenigsten stehe dieser hin und erkläre in für das Volk verständlichen Worten, wie er die Situation einschätze.
Beim Bundesrat sucht man solche Töne hingegen vergeblich. Die «zaghafte und beliebige Kommunikation» der Schweizer Regierung ist für Medientrainer Beat Krättli «ein Ausdruck der bundesrätlichen Ratlosigkeit». Es entstehe der beklemmende Eindruck, dass der Bundesrat keine klare Strategie gegen die Frankenstärke habe. Dies stärke in der Bevölkerung nicht das Vertrauen in die Regierung, sondern schüre die Angst vor einem Systemkollaps.
Bundesräte sind keine Krisenmanager
Eine völlig neue Situation ist dies indessen nicht. Dass die Bundesräte keine Krisenmanager seien, habe sich in der Vergangenheit jedes Mal gezeigt, wenn der Wind steifer worden sei, so Krättli, bei den Holocaust-Gelder genauso wie bei der UBS- und der Libyen-Krise. Daran ändern wird wohl auch die Einberufung eines runden Tisches nicht viel, bei dem am Mittwoch darüber diskutiert werden soll, wie die tiefen Importpreise an die Konsumenten weitergegeben werden sollen.
Die Kommunikations-Spezialisten warnen davor, sich allzu grosse Hoffnungen zu machen. Zwar könnten solche Gespräche manchmal zu einem Ziellösungsprozess führen, weiss Patrick Senn: «Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob die richtigen Leute am Tisch sitzen werden.» Wenn sich Schneider-Ammann mit den Schweizer Länderchefs von globalen Konzernen treffe, dann würden diese seine Wünsche entgegen nehmen und ihren Konzernleitungen weiterleiten. «Relevante Entscheidungen treffen können diese Leute aber nicht.»