Neue SNB-WährungEin digitaler eFranc soll unser Papiergeld ersetzen
Digital statt Nötli: Der eFranc soll eine Alternative fürs herkömmliche Bargeld werden. Für Konsumenten gäbe es viele Vorteile.
Darum gehts
- Zwei ETH-Professoren haben ihr Konzept für den eFranc vorgelegt.
- Dabei handelt es sich um eine digitale Version von Bargeld.
- Sie sehen viele Vorteile für die Bevölkerung.
- Die Währung könnte sogar das Papiergeld komplett ersetzen.
- Bund und Nationalbank sind allerdings noch skeptisch.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) soll ihre eigene Kryptowährung lancieren – ein digitales Pendant zum Bargeld namens eFranc. Das schlagen die ETH-Professoren Hans Gersbach und Roger Wattenhofer vor. Der eFranc soll ein gesetzliches Zahlungsmittel sein, das Konsumenten zum Einkaufen nutzen und auch gegen Papiergeld tauschen können.
Das wäre im Vergleich zu klassischem Bargeld wesentlich einfacher und bequemer, sagt Gersbach zu 20 Minuten: «Man muss sich nicht mehr darum kümmern, ob man genug Geld dabeihat, und auch der Gang zum Bancomaten erübrigt sich.» Stattdessen würden Zahlungen beispielsweise über das Smartphone abgewickelt.
Anonymer als das EC-Kärtli
Im Gegensatz zu bestehenden bargeldlosen Lösungen hätte der eFranc allerdings den Vorteil, dass der Zahlungsverkehr ohne Abwickler stattfinden kann. Es würde also keine Kreditkartenfirma oder Bank brauchen, die für die Zahlung ein Risiko übernimmt. Stattdessen würden Transaktionen mit eFrancs genauso direkt durchgeführt wie mit Bargeld.
Das bedeutet auch, dass diese Art von bargeldloser Zahlung im Gegensatz zu den meisten Kartenzahlungen sehr anonym ist, wie Gersbach sagt: «Eine Rückverfolgung der Zahlung wäre nur möglich, wenn etwa ein schwerer Verdacht auf Geldwäscherei besteht.»
Vorteil für den Steuerzahler
Da man die Zahlungsinfrastruktur unabhängig vom bestehenden System entwickeln könnte, würde das den Konsumenten mehr Optionen bieten. Wenn zum Beispiel das EC-Kärtli nicht funktioniert, muss der Kunde nicht auf Bargeld ausweichen, sondern kann eFrancs nutzen.
Die Entwicklung des Systems wird zwar Ressourcen benötigen, doch längerfristig sieht Gersbach auch finanzielle Vorteile, zumindest falls der eFranc zunehmend statt Bargeld genutzt wird. Denn die Herstellung des eFranc verbraucht kein Material, und es müssen auch nicht regelmässig neue Sicherheitsmerkmale entwickelt werden – eine gute Nachricht für den Steuerzahler.
SNB-Chef: «Höheres Risiko eines Bankensturms»
Eine digitale Währung für die ganze Bevölkerung könnte unerwünschte Nebenwirkungen auf Geldpolitik und Finanzstabilität haben, argumentiert SNB-Präsident Thomas Jordan. Ein Grund ist, dass die Umschichtung von Bankeinlagen in digitales Geld einfacher sei als in Bargeld. «Das könnte im Krisenfall das Risiko eines Bankensturms erhöhen.» Holen Kunden sich auf diesem Weg massenweise ihr Geld von einer Bank zurück, könnte ihr deswegen die Insolvenz drohen.
Hans Gersbach von der ETH sagt dazu: «Wir nehmen die Bedenken der SNB sehr ernst.» Teil des Konzepts sei darum, dass nur die SNB den eFranc herstellen kann und die Einführung nur schrittweise erfolgt. Solange das Tiefzinsumfeld bestehen bleibt, soll es eine Obergrenze geben, sodass jeder Konsument nur eine bestimmte Menge an eFrancs besitzt.
Neben dem eFranc soll es auch weiterhin Bargeld geben – aber würde die digitale Zentralbankwährung irgendwann die Nötli und Batzen komplett ersetzen? Ja, sagt Roger Wattenhofer und ruft bereits deren Tod aus. «Ich vermute, dass mit Bargeld bald Schluss ist», schreibt er auf dem ETH-Blog.
Gersbach betont jedoch, dass ihr Vorschlag den Weg ebnen soll für die sich verändernden Bedürfnisse der Konsumenten. Ob die Schweizer Bevölkerung letztlich den eFranc bevorzugen werde, müsse sich erst noch zeigen. «Das Publikum kann Banknoten brauchen, solange es will», so Gersbach.
Bund und SNB bleiben skeptisch: «Die SNB sieht im Vergleich zum aktuellen System keine Vorteile einer digitalen Zentralbankwährung», schreibt die Bank auf Anfrage. Es gebe keine Pläne für die Einführung eines eFranc. Die SNB experimentiere lediglich an einer Digitalwährung ausschliesslich für Finanzinstitute. Auch der Bund verkündete Ende 2019, dass der Zusatznutzen für die Bevölkerung zu gering sei.
Gersbach erwidert darauf, dass es trotz mässigem Nutzen sinnvoll sei, jetzt schon mit der Entwicklung des eFranc zu beginnen: «Denn wenn private Firmen wie Facebook ihre Digitalwährung lancieren oder vor allem jüngere Kunden öfter digital zahlen wollen, könnte der Bedarf für den eFranc plötzlich steigen.» Wenn man erst dann mit der Entwicklung anfange, werde es sehr lange dauern, bis die Schweiz so weit sei.
Währung
Die Schweiz will nicht digitaler Pionier sein
Ausser technischen und alltäglichen Vorteilen bei Kryptowährungen nennt das Beratungsunternehmen PWC noch einen weiteren Grund, warum Staaten ihre eigenen digitalen Währungen lancieren könnten: Länder, die jetzt damit anfangen, können sich als Pioniere positionieren und als Vorreiter mitbestimmen, was bei solchen Währungen künftig für Standards und Regeln gelten. Die Schweiz will nicht zu diesen Vorreitern gehören, wie eine Stellungnahme der Eidgenössischen Finanzverwaltung zeigt: Man warte unter anderem die Erfahrungen in anderen Ländern ab – namentlich China und Schweden, wo solche Währungen bereits in Arbeit sind. Erst später könne es dann eine erneute Beurteilung von Chancen und Risiken von digitalem Zentralbankgeld für die breite Bevölkerung geben. Weitere Faktoren seien dabei die rasche technologische Entwicklung und die sich ändernden Zahlungsbedürfnisse.