Ein Jahr Ukraine-Krieg«Die Schweiz darf ihre Stärken nicht hergeben»
Der Krieg in der Ukraine dauert bereits ein Jahr und die Schweiz möchte den Verteidigern ihre Hilfe zusichern. Wir berichten live von der Pressekonferenz des Bundesrates.

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Zusammenfassung
Unmittelbar nach dem Beginn der russischen Aggressionen leistete die Schweiz humanitäre Hilfe für die vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine und Nachbarstaaten. Nach gut einem Jahr zieht der Bundesrat Bilanz:
Bis heute wurden über 1000 Tonnen Hilfsgüter geliefert und in der Ukraine 4765 Tonnen Lebensmittel gekauft und an die Bevölkerung verteilt.
In der Schweiz haben seit dem 11. März 2022 über 75’000 Menschen aus der Ukraine den Schutzstatus S erhalten.
Die Schweiz hat rund 1,3 Milliarden Franken für Hilfsmassnahmen zugunsten der Ukraine bereitgestellt.
Ausserdem hat der Bund die Sanktionen der EU gegen Russland übernommen.
Für die humanitäre Hilfe diesen Frühling hat der Bundesrat nun ein Paket von 140 Millionen Franken beschlossen. 114 Millionen sind für die Ukraine und 26 Millionen für Moldova bestimmt. Die Hilfsgelder sollen unter anderem in die Minenräumung, die Reparatur von Krankenhäusern, die Wiederherstellung der Energieinfrastruktur, in Hilfskredite an KMU sowie in die Suche von vermissten Personen fliessen.
Ende der Medienkonferenz
Damit ist die Medienkonferenz beendet. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wird der Bundesrat Selenski besuchen oder diesen empfangen?
«Das kommt auf die Umstände darauf an», sagt Berset. Die traditionelle Rolle der Schweiz liege in der Neutralität und der Leistung humanitärer Hilfe. Darauf wolle man sich konzentrieren. Was in der Zukunft liege, sei schwierig zu sagen.
Macht die Schweiz genug?
«Ja, wir machen genug», sagt Cassis. Er werde nicht rot, wenn er mit seinen Kollegen rede. Die Schweiz sei international geachtet mit ihren Hilfspaketen.
Welcher Wiederaufbau
In welchem Rahmen wird der Wiederaufbau ablaufen?
«Der Wiederaufbau findet langfristig statt. Die Kosten für den gesamten Wiederaufbau in der Ukraine wird auf 1000 Milliarden Euro geschätzt», so Cassis. Es sei eine ganz andere Diskussion, als die humanitäre Hilfe, die jetzt akut benötigt werde. «Doch wir müssen das jetzt aufgleisen.» Der Wiederaufbau sei ein Generationenprojekt.
Wie viel Hilfe hat die Schweiz genau geleistet?
Ein Institut in Kiel beziffert die Hilfe der Schweiz mit 240 Millionen, Cassis sprach von 270 Millionen. Hat das Institut unrecht?
«Das Ranking der Hilfsleistungen ist nicht mehr aktuell. Wir haben durch die grosse Dezentralisierung Mühe damit, unsere Hilfsleistung genau zu beziffern», so Cassis. Die Zahlen der Datenbanken und wie diese genau zustande kommen, seien zudem auch unklar.
Muss der Bund mehr sparen?
Der Bund muss sparen. Muss das Geld für die Ukraine an anderer Stelle eingespart werden?
«Zwei Drittel der Kosten werden als Nachtragskredit dem Parlament vorgelegt, ein Drittel kann intern eingespart werden», stellt Cassis klar. Man könne auch gar keine grossen Umprogrammierungen im Budget vornehmen. «Wir können und wollen auch nicht das ganze Budget für die Ukraine ausgeben, sondern müssen auch etwa im Jemen, in Syrien und im Libanon weiterhin aktiv sein», sagt Cassis.
Kriegsmaterial für die Ukraine?
Kann die Schweiz weiterhin kein Kriegsmaterial liefern? Cassis verneint. Der Bundesrat sei nach wie vor dagegen. «Die Menge wäre wohl zu klein, um relevant zu sein, zudem wäre der Export neutralitätspolitisch höchst problematisch», betont Cassis.
Alain Berset ergänzt, die Schweiz habe eine klare Linie. «Wir übernehmen die Sanktionen, gehen aber nicht auf den Weg von Waffenlieferungen.»
Fragen
«Vielen Dank an alle für das beispiellose Engagement», schliesst Cassis. Nun haben die anwesenden Journalistinnen und Journalisten Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Schweizer Expertise
Die Massnahmen betreffen Bereiche, in denen die Schweiz über Expertise verfüge, betont Cassis. «Der Bund hilft dort, wo die humanitäre Hilfe am nötigsten ist. Ein Ende des Krieges zeichnet sich noch nicht ab», sagt Cassis. Die Schweiz bleibe dabei und werde den Wiederaufbauprozess weiterhin unterstützen.
Frühlingspaket von 140 Millionen
Gleichzeitig sei klar, dass die Menschen in der Ukraine weiterhin Hilfe benötigen. Etwa 18 Millionen seien darauf angewiesen. «Deshalb hat der Bundesrat ein Hilfspaket von 140 Millionen Franken entscheiden», so Cassis.
Das Frühlingspaket umfasse unter anderem humanitäre Minenräumung, Reparaturen an Krankenhäusern, Wiederherstellung der Energieinfrastruktur, Hilfskredite an KMU, und die Suche von vermissten Personen.
Hilfsgüter
«Kurz nach Kriegsbeginn konnte ich mir selbst ein Bild der Flüchtlingssituation an der Grenze zwischen Polen und Moldawien machen», sagt Cassis. Seitdem habe man über 1000 Tonnen Hilfsgüter sowie mehr als 5000 Tonnen Lebensmittel für Bedürftige zur Verfügung gestellt.
Bund verfolgt zwei Stossrichtungen
Im Zuge des Konfliktes habe der Bundesrat bisher zwei Stossrichtungen verfolgt: Die Unterstützung der vom Krieg betroffenen Menschen, und die Schaffung von Zukunftsperspektiven für die Ukraine, während der Krieg noch im Gange ist.

Zwar habe man wegen dem Neutralitätsrecht keine Möglichkeit, militärisch aktiv zu werden, aber laut Cassis verbleiben humanitäre und diplomatische Wege, um die Ukraine zu unterstützen.
«Schweiz hat von Anfang an klar Position bezogen»
Man habe den russischen Angriff von Anfang an verurteilt, so Berset. Bei der Lieferung von Waffen sei man aber neutral geblieben – denn die Schweiz sei das Land, das sich für die humanitäre Hilfe so stark engagiere und als Mediator diene.

Diese Stärken dürfe man nicht einfach hergeben, sagt Berset mit Hinblick auf etwaige Waffenlieferungen.
140 Millionen Franken für Moldau und die Ukraine
Der Bundesrat möchte die Ukraine nun noch stärker unterstützen. Aus diesem Grund hat er ein neues Nothilfepaket in der Höhe von 140 Millionen Schweizer Franken für die Ukraine und Moldau beantragt. 114 Millionen sind für die Ukraine und 26 Millionen für Moldova bestimmt.
Gibt es weitere humanitäre Hilfe für die Ukraine?
Die Schweiz schneidet im internationalen Vergleich der die Ukraine unterstützenden Länder schlecht ab. In einem Ranking des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, das die Staatsausgaben für die Unterstützung der Ukraine in Prozent zum Bruttoinlandsprodukt wiedergibt, findet sich die Schweiz auf Platz 33 von 40 – wird die Flüchtlingshilfe im Land dazugerechnet, landet man immerhin auf Platz 29.
Grund für das schlechte Abschneiden sind fehlende militärische Hilfsgüter wie Waffen oder Munition, die grundsätzlich einen hohen Preis haben. Aufgrund ihrer Neutralität will die Schweiz die Ukraine militärisch nicht unterstützen.
Betrachtet man die humanitäre Hilfe isoliert, stösst die Schweiz bis auf den zehnten Platz des Rankings vor. In diesem Bereich leistet man also bereits viel Hilfe. Anlässlich der Pressekonferenz nimmt der Bundesrat Stellung zu einem Jahr Krieg in der Ukraine.
Start um 14:30
Die Medienkonferenz beginnt um 14:30. Mit 20 Minuten bist du live dabei, wenn der Bundesrat Rede und Antwort zur humanitären Hilfe für die Ukraine steht.
Medienkonferenz des Bundesrates
«Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine: neues Paket der humanitären Hilfe», lautet das Thema einer Medienkonferenz zur Bundesratssitzung vom Mittwoch. An der PK werden Alain Berset in seiner Rolle als Vorsteher des Innendepartements und Ignazio Cassis als Vorsteher des Departements für auswärtige Angelegenheiten teilnehmen.