Nachfolge MerzEin Vollblut-Unternehmer für den Bundesrat
Johann Niklaus Schneider-Ammann hat sich in den letzten Jahren ein Image geschaffen, das ihn heute zu einem Favoriten für die Wahl in den Bundesrat macht. Nur vereinzelt ist Kritik zu hören.
Der 58-jährige Berner FDP-Nationalrat findet als Vertreter des Werkplatzes Zustimmung von links bis rechts. Er gehört im Parlament einer seltenen Spezies an: Er ist ein Unternehmer-Nationalrat, der sich mit seinem Geschäft ein Vermögen erarbeitete, das ihm grosse Unabhängigkeit verschafft.
Gemäss der «Bilanz»-Liste der 300 Reichsten der Schweiz soll sich das Vermögen von Schneider-Ammann und seiner Familie auf 500 bis 600 Millionen Franken belaufen. Normalerweise liegen Menschen dieser Vermögenskategorie nicht allzu hoch in der Gunst der Linken.
Gewerkschaftliche Unterstützung
Nicht so Johann Schneider-Ammann. Seine Wahl würde auch von Gewerkschaftern begrüsst: «Ich wünsche ihm, dass er gewählt wird», sagt Corrado Pardini, Geschäftsleitungsmitglied der Gewerkschaft UNIA.
Er finde es wichtig, dass jemand aus der Realwirtschaft in den Bundesrat einziehe. Schneider-Ammann wisse als Präsident des Dachverbandes der Schweiz. Maschinen- Elektro- und Metallindustrie Swissmem, was Sozialpartnerschaft sei, findet Pardini, der mit ihm schon über den Gesamtarbeitsvertrag der MEM-Industrie verhandelte.
Zudem sei Schneider-Ammann nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten - das habe er etwa bei der Rettung der Bieler Firma Mikron 2003 gezeigt.
Einsatz für den Werkplatz
Einsatz für den Schweizer Werkplatz zeigte der Unternehmer vorab aber in der Ammann Group. Während viele Firmen-Chefs in den letzten Jahrzehnten den Niedergang des Industrie-Standortes Schweiz prophezeiten und die Produktion ins Ausland verlagerten, glaubte Schneider-Ammann ans heimische Schaffen.
Seit der Sohn eines Emmentaler Tierarztes Anfang der 80er-Jahre als ETH-Elektroingenieur ins Geschäft des Schwiegervaters Ulrich Ammann einstieg, hat er die Firma internationalisiert und vergrössert. Der Umsatz mit Asphalt- und Betonmischanlagen sowie diversen anderen Baumaschinen wurde mehr als vervierfacht und liegt heute bei über einer Milliarde.
Auf seiner persönlichen Website zeigt sich der Absolvent eines MBAs der französischen Elite-Kaderschmiede INSEAD besonders stolz darauf, dass er die 800 Arbeitsplätze in der Schweiz durch die Krise der 90er-Jahre retten und danach gar auf etwa 1200 aufstocken konnte. Weltweit arbeiten heute 3000 Angestellte für die 1869 gegründete Familienfirma.
Überzeugter Wirtschaftsliberaler
Den Sympathien der Linken für den Patron zum Trotz vertritt Schneider-Amman im Nationalrat seit 1999 in erster Linie wirtschaftsliberale Postionen. So spricht er sich dezidiert gegen jeglichen Ausbau der Sozialwerke aus und machte etwa gegen die Mutterschaftsversicherung Kampagne. Er fordert vielmehr den Abbau von Leistungen. So plädiert er für Rentenalter 67.
Zudem unterstützt er den Steuerwettbewerb und beantwortet auf Smartvote die Frage nach der Abschaffung der direkten Bundessteuer zugunsten einer Erhöhung der Mehrwertsteuer mit «eher ja». Er ist gegen einen Mindestlohn und für die vollständige Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten.
In der Europapolitik hat er sich als Befürworter des bilateralen Wegs vehement für die Personenfreizügigkeit eingesetzt. Gleichzeitig lehnt er einen EU-Beitritt ab.
Diese Positionen sichern ihm die Unterstützung aus der Wirtschaft. So machten sich in den letzten Tagen economiesuisse- Präsident Gerold Bührer und andere Vertreter der Wirtschaft für den früheren Generalstabsoberst stark.
Image des integren Wirtschaftsmanns
Da Schneider-Ammann schon vor der Krise überrissene Boni und Löhne kritisierte und während der Finanzkrise das Geschäftsgebahren der Banken anprangerte, verströmt der economiesuisse-Vize heute die Aura eines bodenständigen und integren Wirtschaftsmanns.
Die Kritik am Finanzplatz hat ihm in seiner Partei aber sicher nicht nur Sympathien eingetragen. Vereinzelt wird ihm hinter vorgehaltener Hand zum Vorwurf gemacht, dass er es mit dieser Kritik zulasse, dass ein Keil zwischen Werk- und Finanzplatz getrieben werde.
Sollte sich der Vater von zwei Kindern im Parlament durchsetzen, muss der Vollblut-Unternehmer in seiner Firma rasch eine Nachfolgelösung finden. (sda)