Kein Geld für Schulreise«Eine Bankrotterklärung für die Schweiz»
Nach einem Bundesgerichtsurteil dürfen für Exkursionen nicht mehr die Eltern aufkommen. Über die Finanzierung sind sich Politiker uneins.
Weil die Schulen die Kosten für Skitage, Klassenlager oder Exkursionen nicht mehr den Eltern aufhalsen dürfen, sind solche Anlässe an zahlreichen Schweizer Schulen gefährdet. In Kriens etwa informierte die Volksschule Eltern in einem Brief darüber, dass «bisherige Aktivitäten wie Schulreisen, Exkursionen und Ausflüge nicht mehr oder nur in reduziertem Umfang» durchgeführt werden können– der Gemeinde fehle das Geld, um einzuspringen.
Auch im Kanton Aargau sind Budgetkürzungen ein Thema: Der Stadtrat von Brugg etwa hat gemäss Budget 2019 nicht vor, tiefer in die Tasche zu greifen. Für Exkursionen, Schulreisen und Lager der Oberstufe ist für 2019 gar ein tieferer Betrag eingeplant als im Vorjahr.
Wermuth ist empört
Grund für die Sorgen der Schulen ist ein Urteil des Bundesgerichts vom Dezember 2017: Für obligatorische Schulanlässe dürfen den Eltern nur noch maximal die Verpflegungskosten in Rechnung gestellt werden – in Abhängigkeit vom Alter des Kindes bis 16 Franken pro Tag. Weil sich dadurch klar kein Lager finanzieren lässt, stellt sich in vielen Gemeinden und Städten die Frage, wer die fehlenden Kosten übernimmt.
Für den SP-Nationalrat Cedric Wermuth ist klar, dass die Volksschule Aufgabe des Staates ist. «Die Kantone Aargau und Luzern sollten das Geld für Bildung einsetzen, statt die Steuern zu senken», sagt Wermuth. Dass viele Schulen Probleme mit der Finanzierung von solchen Aktivitäten haben, sei ein zunehmendes Problem. «Es kann nicht sein, dass Klassen einen Sponsorenlauf organisieren müssen, damit sie in das Lager können.»
«Eine Bankrotterklärung»
Auch für Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz, ist klar: «Den Bundesgerichtsentscheid nun anzuzweifeln, macht keinen Sinn. Es ist nur eine Frage der Budgetierung der Gemeinden und Schulen – und es geht nicht um viel Geld.» Es sei eine Bankrotterklärung, wenn Gemeinden für Schulausflüge und Klassenlager nicht mehr aufkommen könnten, sagt Zemp. Dann sei es an den Kantonen, für Chancengleichheit zwischen den Gemeinden zu sorgen und diese entsprechend zu unterstützen, so Zemp.
Gleichzeitig müssten einige Schulen klare Prioritäten setzen. «Einige Schulen haben viele Veranstaltungen durchgeführt, was auch zu hohen finanziellen Beiträgen der Eltern führte.»
Die SVP-Nationalrätin Verena Herzog hingegen sieht das Urteil des Bundesgerichts als Fehlentscheid. «Es kann natürlich nicht sein, dass es nun keine Klassenlager und Reisen mehr gibt.» Für die Schüler sei eine Schulreise etwas sehr Prägendes, sagt Herzog. «Der Zusammenhalt in der Klasse wird gefördert, wenn man zusammen verreisen kann.» Gleich nach dem Staat zu rufen, sei aber falsch. Vielmehr müssten die Schulgemeinden über die Bücher: «Es gibt sicher an anderen Orten noch Sparpotenzial. Und man muss ja nicht immer weit verreisen, ein Lager im Nachbarkanton kann genauso schön sein wie eines im Tessin.»