Strommangellage«Eine Hälfte des Kantons hat vier Stunden Strom, dann die andere Hälfte»
Der Kanton Zürich rüstet sich für eine allfällige Energiemangellage im Winter. Im äussersten Fall könnte es zu zyklischen Abschaltungen kommen.
Darum gehts
«Es gilt, zyklische Abschaltungen zu vermeiden. Kommt es wirklich dazu, läuft im Kanton Zürich nicht mehr viel»: Am Dienstag warnte Daniel Bucher, Leiter Geschäftsbereich Netze der EKZ, an einem Medienanlass vor dem Super-GAU. Je länger und härter der Winter werde, desto schwieriger gestalte sich die Lage. «Die Stauseen leeren sich schneller, folglich müsste man mehr Strom importieren – ein Teufelskreis.»
Greife in einer Strommangellage die Kontingentierung der Grossverbraucher nicht mehr, brauche es drastische Massnahmen. «Dann wird der Kanton Zürich zweigeteilt», so Bucher. «Eine Hälfte des Kantons hat vier Stunden Strom, dann hat die andere Hälfte vier Stunden.» Ein Mechanismus sei eingebaut, damit in den Gemeinden nicht immer um die gleiche Zeit der Strom ausfällt. «Die Stromabschaltungen verschieben sich daher immer um eine Stunde.»
Die Pläne für die Abschaltungen würden in der EKZ-Leitstelle im Tresor liegen, sagte Bucher. «Die Blaulichtorganisationen und der kantonale Krisenstab sind informiert.» Im Oktober sind erste Übungen der Elektrizitätswerke geplant, um Kontingentierungsprozesse und die zyklische Abschaltungen zu proben. Die Lage sei angespannt. «Wir wissen jetzt schon, dass eine Mangellage droht», so Bucher. «Wir sind aber gut vorbereitet.»
Verschiedene Szenarien möglich
Der Kanton habe grossen Respekt vor einer solchen rollierenden Abschaltung, sagte Regierungsrat und Baudirektor Martin Neukom. Im Gegensatz zu einer Kontigentierung seien von einer allfälligen Abschaltung alle betroffen, Differenzierungen könnten keine vorgenommen werden. «Es ist davon auszugehen, dass in einem solchen Fall auch das Handynetz nicht mehr einwandfrei funktioniert», so Neukom. Er betont, dass es sich dabei um ein absolutes Worst-Case-Szenario handelt. «Erst wenn alle Stricke reissen, kommt es zu zyklischen Abschaltungen.»
Der Kanton bereite sich auf mehrere Szenarien vor. Wenn französische AKWs bald wieder in Betrieb gehen und ein milder Winter ansteht, brauche es etwa voraussichtlich nur wenige Energiesparmassnahmen, so Neukom. In einem solchen Fall könnten mit freiwilligem Energiesparen und Umstellung von Zweistoffanlagen rund 15 bis 20 Prozent Strom und Gas gespart werden.

Der Kanton arbeitet mit mehreren Szenarien.
zh.chGibt es einen kalten Winter, sind Strom- und Gasimporte stark eingeschränkt und steigen AKWs unerwartet aus, kommt das «Szenario schlecht» zum Tragen. «Dann reden wir von Kontingentierungen für Grosskunden», so Neukom. «Der Bundesrat verfügt in einem solchen Fall, dass Grossverbraucher nur noch einen gewissen Prozentsatz ihres letztjährigen Verbrauchs zur Verfügung hätten.» Für die Wirtschaft wäre das verheerend.
Baudirektor rät zum Kauf von Kippschaltern
Der Kanton Zürich sei deshalb bemüht, beim Energiesparen mit gutem Vorbild voranzugehen, sagte Neukom. «Etwa bei Einschränkungen bei der Gebäudebeleuchtung, beim Heizen in Innenräumen von Kantonsgebäuden und energieeffizientem Lüften.» Damit sei es aber nicht getan. «Im ganzen Kanton Zürich werden jährlich rund 10’000 Gigawattstunden Strom verbraucht. Der Kanton Zürich selbst verbraucht rund 60 Gigawattstunden, also bloss 0,6 Prozent davon», so Neukom. «Es wäre also eine Illusion zu denken, dass wir allein einen grossen Einfluss haben.»
Die Beleuchtung von Strassenlaternen einzuschränken, stehe indes nicht mehr zur Diskussion. «Abgesehen von der Verkehrssicherheit sinkt ohne Licht auf den Strassen auch das subjektive Sicherheitsgefühl», sagte der Baudirektor. Man werde kantonsweit aber weiterhin von Natriumhochdrucklampen, die sich nicht dimmen lassen, auf LED umstellen. Diese würden noch etwa einen Viertel verbrauchen.
Da der Kanton beim Energiesparen auf die Mitarbeit der Bevölkerung angewiesen sei, lieferte der Baudirektor gleich einige Tipps: «Kaufen Sie sich einen Kippschalter, um den Standby-Verbrauch zu eliminieren.» Die Einsparmöglichkeiten seien gross, ohne, dass es jemandem weh tue. «Durch einen solchen Schalter können bis zu zehn Prozent des jährlichen Stromverbrauchs reduziert werden.»
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