Brisante HilfeEine Milliarde aus Teheran für Assad
Gehackte Mails aus Baschar Assads Büro zeigen: Der Iran greift dem bedrängten syrischen Regime finanziell unter die Arme, um die internationalen Sanktionen zu umgehen.

Gute Freunde: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit Baschar Assad bei einem Treffen in Damaskus im Februar 2010.
In der Online-Community gilt «12345» als zweitschwächstes Passwort. Nur «Passwort» selbst ist noch schwächer. Mit genau dieser simplen Zahlenkombination sollen mehrere Mitarbeiter von Baschar Assads Präsidialamt ihre Mailkonten «geschützt» haben. Wen wundert es da, dass bei einem Angriff der Hackergruppe Anonymous insgesamt 78 Mailboxen geknackt werden konnten, wie die israelische Zeitung «Haaretz» berichtete.
Hinter der Attacke könnte ein Hacker aus Saudi-Arabien namens Osama Salman al Ansi stecken. Die saudische Zeitung «Al Madina» hatte vor zwei Wochen berichtet, al Ansi habe insgesamt vier Gigabyte Daten von Assads Server heruntergeladen und dem Präsidenten gedroht, die Informationen zu veröffentlichen, falls er die Gewalt gegen die Protestbewegung in seinem Land nicht einstelle. Diese Drohung könnte der Hacker nun wahr gemacht haben.
Von Irans Erfahrung lernen
Dafür spricht, dass es laut «Al Medina» in den Mails unter anderem um die Rolle Irans bei der Niederschlagung des Aufstands in Syrien geht. Zwei solcher Dokumente veröffentlichte «Haaretz» am Sonntag. Sie wurden Anfang Dezember von Assads Präsidialamtsminister Mansur Assam verschickt und beziehen sich auf den Besuch einer hochrangigen iranischen Delegation in Syrien. In etwas verschleierter Sprache wird darin erwähnt, wie Teheran seinem wichtigsten arabischen Verbündeten helfen will, Sanktionen zu umgehen.
Damaskus wolle «von der iranischen Erfahrung auf diesem Gebiet lernen», heisst es gemäss «Haaretz» – der Iran wurde wegen seines Atomprogramms selbst mit massiven Sanktionen belegt. Laut einem Mail vom 8. Dezember haben sich die Iraner bereit erklärt, für eine Milliarde Dollar Grundnahrungsmittel aus Syrien zu kaufen. Im Gegenzug wolle der Iran Düngemittel und Rohmaterialien für die petrochemische Industrie an Syrien liefern.
Kauf von 150 000 Fass Öl pro Tag
Syrien wäre auf das Geld dringend angewiesen, denn die USA, die Europäische Union, die Arabische Liga sowie die Türkei haben aus Protest gegen das Blutvergiessen Sanktionen verhängt. Die syrische Wirtschaft soll sich am Rande des Kollapses befinden, zumal auch die Ölexporte mit einem Embargo belegt wurden. Die Iraner hätten sich bereit erklärt, den Kauf von 150 000 Fass Öl pro Tag für einen Zeitraum von einem Jahr zu prüfen, heisst es in den Mails weiter, und zwar «für den heimischen Verbrauch oder zum Weiterverkauf».
Weiter hätten die beiden Länder darüber diskutiert, wie man Sanktionen gegen den syrischen Flugverkehr und das Bankwesen umgehen könne. Teheran habe angeboten, syrischen Flugzeugen einen Hub zur Verfügung zu stellen. Ausserdem sei die Gründung einer gemeinsamen Bank diskutiert worden, die Geld über China und Russland transferiert. Beide Länder beteiligen sich nicht an den Sanktionen gegen Syrien und haben im UNO-Sicherheitsrat ein gemeinsames internationales Vorgehen verhindert.
Militärische Zusammenarbeit
Die Mails, sofern authentisch, illustrieren die enge Zusammenarbeit zwischen Iran und Syrien. Diese soll sich auch auf den militärischen Bereich beziehen. Mehrfach schon hiess es, Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden würden die syrische Armee bei der brutalen Niederschlagung des Volksaufstands unterstützten. Letzte Woche berichtete «Haaretz», der Kommandant der Quds-Brigade, einer Eliteeinheit der Revolutionsgarden, sei nach Syrien gereist, um sich mit der syrischen Führung in dieser Angelegenheit zu beraten.
Tipps für Interview
Unter den gehackten Mails befindet sich auch eines mit Ratschlägen für das Interview, das Baschar Assad im letzten Dezember mit der amerikanischen Fernsehlegende Barbara Walters geführt hat. Verschickt wurde es von Sheherazad Dschaafari, der Tochter des syrischen UNO-Botschafter in New York, an Luna Chebel. Die ehemalige Al-Jazeera-Journalistin arbeitet heute für Assads Büro.
Es sei «enorm wichtig», dass Assad im Interview erwähne, dass zu Beginn der Krise in Syrien Fehler gemacht worden seien, schreibt Dschaafari. Damit könne die Psyche der Amerikaner «leicht manipuliert werden». Weiter solle der Präsident betonen, dass es in Syrien kein Programm gebe, Menschen zu foltern, im Gegensatz zu den USA. Dabei solle er etwa das Gefängnis Abu Ghraib im Irak oder Hinrichtungen auf dem elektrischen Stuhl erwähnen.
Unter den Ratschlägen befinden sich auch eher abstruse, etwa dass Assad die Rücktrittsforderung von US-Präsident Barack Obama mit der Bemerkung kontern solle, Obamas Popularität in den USA sei um 70 Prozent gefallen. Wirklich genützt haben die Tipps ohnehin nicht, obwohl Assad wie empfohlen Fehler einräumte. Seine Aussagen im Interview haben im Westen Kopfschütteln und Empörung ausgelöst.