Corona«Eine Welle rollt an, doch Corona hat seinen Schrecken verloren»
Die Fallzahlen steigen wieder an, Grund zur Panik sei dies aber nicht. Jürg Utzinger, Direktor des Schweizerischen Tropeninstituts, schätzt die Lage ein.
Darum gehts
Die Corona-Fallzahlen steigen in der Schweiz wieder an. Der Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts, Jürg Utzinger, beantwortet die wichtigsten Fragen zur aktuellen Corona-Lage.
Stehen wir kurz vor der nächsten Welle?
Die Herbstwelle ist bereits angerollt, das sehen wir an den steigenden Fallzahlen. Das ist aber kein Grund, in Panik zu verfallen. Die Menschen sind im Frühling schnell zur Normalität zurückgekehrt, Corona hat seinen Schrecken verloren. Das ist aus Public Health-Sicht gut so.
Weshalb?
Nach wie vor dominieren Omikron-Subtypen, die aufgrund der relativ hohen Immunisierung der Bevölkerung in der Regel leichte Verläufe auslösen. Eine Überlastung der Spitäler wegen Corona ist derzeit nicht in Sicht. Dass die Leute den Sommer geniessen konnten, hat der physischen und psychischen Gesundheit gut getan.
Also können wir uns zurücklehnen und nichts tun?
Nein. Wer Symptome hat, soll sich testen lassen und bei einem positiven Test isolieren. Wir müssen die Lage weiterhin eng beobachten und bei einer höheren Krankheitslast schnell reagieren können. Masken im ÖV sind im Winter nach wie vor eine gute Lösung, eine Pflicht ist wieder denkbar. Dazu bleibt die Impfung zentral.
Situation in der Schweiz
Ab dem 10. Oktober ist die 4. Impfung erhältlich. Wer soll sich impfen lassen?
In erster Linie ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen. Mittelfristig macht die Impfung aber für alle über 16 Jahre Sinn, weil der Impfschutz nach einigen Monaten nachlässt.
Impfen wir uns bald jedes Jahr?
Das ist eine Option, zumindest für Menschen mit höherem Risiko. Bei der Grippe machen wir das auch so. Die beiden Impfstoffe könnte man jedes Jahr auf freiwilliger Basis kombiniert verimpfen.
Wie gross ist die Gefahr, dass eine schlimmere Variante auftritt?
Sie besteht, ist aber relativ klein. In vielen Ländern weltweit ist eine gute Immunität in der Bevölkerung vorhanden. Es gibt aber noch ein paar Länder, die eine Zero-Covid-Strategie verfolgen. Da herrscht noch wenig Immunität und ein grossflächiger Ausbruch mit vielen Infektionen könnte grössere Mutationen begünstigen.
Situation im Ausland
Auch Long Covid ist nicht einfach vom Tisch…
Das ist derzeit die grössere Sorge als die Spitalbelastung. Es ist extrem schwierig, abzugrenzen, was genau Long Covid ist. Bis zu 200 verschiedene Symptome können auftreten. Hier ist zentral, die Daten zu sammeln und der Forschung zugänglich zu machen, um das Phänomen bekämpfen zu können.
Machen wir das denn?
Leider noch zu wenig. Die Digitalisierung im Gesundheitsbereich muss durch die Erfahrungen der letzten Jahre einen Schub erhalten.
Neben Corona ist auch wieder Grippe-Saison. Wie gefährlich ist das?
Das ist schwierig zu sagen. Eine gewisse Gefahr besteht. Andererseits können wir unsere Immunsysteme auch nicht ewig vor Influenza-Viren schützen. Ich denke nicht, dass die Wellen so heftig werden, dass das Gesundheitssystem an den Anschlag kommt.
Werden wir dieses Gespräch nächstes Jahr wieder führen müssen?
Ich würde es mir wünschen. Sars-CoV-2 ist unter den Menschen und wird nicht mehr verschwinden. Da kann eine Bestandsaufnahme hin und wieder nicht schaden, um die Menschen weiter zu sensibilisieren. Ich bin aber relativ sicher, dass wir aufgrund dieses Virus nie mehr in Ausnahmezustände kommen werden, wie wir sie seit März 2020 erlebt haben.
Wirst du diesen Herbst wieder eine Maske tragen?
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Mühe mit der Coronazeit?
Hier findest du Hilfe:
BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00
BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92
Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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