Einkaufstouristen erhalten Busse, dürfen Waren aber behalten

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Lockerungen machen HoffnungEinkaufstouristen erhalten Busse, dürfen Waren aber behalten

Die Grenzkontrollen werden gelockert, einige möchten schnellstmöglich wieder in Deutschland einkaufen. 20 Minuten beantwortet die wichtigsten Fragen.

Das deutsche Einkaufszentrum Lago am Samstag, 17. Januar 2015 in Konstanz. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses nutzten viele Schweizer Einkaufstouristen die Möglichkeit, im nahen Ausland Schnäppchen zu machen. Einige wünschen sich das in der Corona-Krise zurück.
Schnäppchenjagen bei Müller und Co. ist derzeit aber noch verboten.
Noch können die Schweizer nicht von günstigeren Preisen in Deutschland profitieren, der Einkaufstourismus bleibt voraussichtlich bis 15. Juni verboten.
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Das deutsche Einkaufszentrum Lago am Samstag, 17. Januar 2015 in Konstanz. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses nutzten viele Schweizer Einkaufstouristen die Möglichkeit, im nahen Ausland Schnäppchen zu machen. Einige wünschen sich das in der Corona-Krise zurück.

Keystone

Darum gehts

  • Viele Schweizer möchten so schnell wie möglich wieder günstig einkaufen können in Deutschland.
  • Der Einkaufstourismus ist aber nach wie vor verboten.
  • Wer fürs Einkaufen über die Grenze will, riskiert eine Busse.
  • Erste Lockerungen an der Grenze sind bereits am Wochenende möglich – sie betreffen aber wohl nicht den Einkaufstourismus.

Die angekündigten Lockerungen bei den Grenzkontrollen wecken bei einigen Schweizern die Lust auf Einkaufen ennet der Grenze: «Ich lasse mir nicht länger vorschreiben, wo ich mein Geld ausgeben darf. Der künstliche Panzer, der um die Hochpreisinsel Schweiz gelegt wird, nützt nichts», kommentiert ein 20-Minuten-Leser.

«Warum darf man nicht einkaufen, wo man will? Das Leben hier ist einfach viel zu teuer», meint ein anderer. Jemand kündigt gar an, künftig nur noch im Ausland einzukaufen, weil er und seine Familie jetzt aufs Geld schauen müssten.

Wer zu früh über die Grenze fährt, um sich mit günstigen Lebensmitteln oder Kosmetika einzudecken, riskiert allerdings eine Busse. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Darf ich am Wochenende in Deutschland einkaufen gehen?

Nein. Matthias Simmen, Pressesprecher der Eidgenössischen Zollverwaltung, sagt klar: «Stand jetzt bleibt es beim Verbot von Fahrten ins Ausland, die einzig dem Einkaufstourismus dienen. Die Covid-19-Verordnung 2 behält ihre Gültigkeit.» Verboten ist schon die Einreise nach Deutschland: «Aktuell gelten die Einreisebestimmungen und Grenzkontrollen wie bisher», sagt Bettina Stahl von der Bundespolizeiinspektion Konstanz. Sprich: In Deutschland wir derzeit noch systematisch jeder Einreisende kontrolliert.

Was passiert, wenn sich Einkaufstouristen über die Grenze schmuggeln und bei der Rückreise erwischt werden?

Laut Simmen wird gebüsst, wenn festgestellt wird, dass Waren eingeführt werden und dass die Reise nur zu diesem Zweck unternommen wurde. «Einkaufen gilt nicht als ein triftiger Reisegrund.» Bis am Montag sind laut Christian Bock von der Zollverwaltung 1635 Bussen gegen Einkaufstouristen ausgesprochen worden. «Wir machen aber keine spezifische Jagd auf solche Personen», sagte Bock. Wer also bei der Einreise etwa neue Schuhe trägt oder einen Lippenstift gekauft hat, muss kaum mit einer Busse rechnen.

Wie hoch fällt die Busse aus?

Gemäss einer Einpassung der Covid-Verordnung vom 19. April wird eine Busse von 100 Franken ausgesprochen, wenn offensichtlich ein Fall von Einkaufstourismus vorliegt und die Grenzüberschreitung ausschliesslich zu diesem Zweck erfolgt ist.

Dürfen Personen, die erwischt und gebüsst werden, die Einkäufe behalten?

Laut Simmen dürfen die Waren behalten werden, es gelten die üblichen Zollbestimmungen: Mitgeführte Waren sind ab einem Warenwert von 300 Franken mehrwertsteuerpflichtig, dazu kommen Zölle auf Lebensmittel, Tabak, Alkohol und Treibstoff.

Werden an der Grenze sämtliche Autos kontrolliert?

Nein. Laut Matthias Simmen hat die Eidgenössische Zollverwaltung bereits am Montag von systematischen Kontrollen auf Stichprobenkontrollen gewechselt. Kontrolliert wird risikobasiert, wie Simmen erklärt: «Die Eidgenössische Zollverwaltung entscheidet aufgrund ihrer Risikoeinschätzung, wo, wann und in welcher Intensität Kontrollen durchgeführt werden. Entsprechend wird nicht mehr unbedingt jede einzelne Person kontrolliert – das ist aber durchaus noch möglich.» Simmen betont: «Auch wenn nicht mehr systematisch jeder kontrolliert wird, ist der Grenzübertritt nur Personen erlaubt, die die Einreisevoraussetzungen erfüllen.»

Wird auch bei der Ausreise aus der Schweiz kontrolliert?

Das ist laut Simmen grundsätzlich möglich, die Lage werde laufend analysiert und die Kontrollen risikoabhängig durchgeführt.

Wer darf derzeit überhaupt nach Deutschland fahren?

Schweizer dürfen grundsätzlich nicht nach Deutschland reisen. Ausnahmen bilden dringende Gründe wie Beerdigungen, der Nachzug zum in Deutschland lebenden Ehepartner oder medizinische Gründe. Das Einkaufen wird explizit als kein triftiger Grund festgehalten.

Ich bin mit einer Ausnahmebewilligung legal nach Deutschland gereist. Darf ich auf dem Rückweg noch in Deutschland einkaufen?

Die aktuelle Covid-Verordnung verbietet lediglich das Einführen aus einem Nachbarstaat, wenn der Zweck der Reise ausschliesslich das Einkaufen war. Wer also legal nach Deutschland und wieder in die Schweiz fährt und einzelne Produkte des täglichen Bedarfs mitbringt, wird wohl kaum mit einer Busse rechnen müssen. Grosseinkäufe dürften aber auch hier heikel sein.

Kann ich die Mehrwertsteuer für gekaufte Produkte wie üblich zurückfordern?

Normalerweise können Schweizer am deutschen Zoll die Mehrwertsteuer zurückfordern. Das macht das Einkaufen in Deutschland neben den generell tieferen Preisen attraktiv. Auch das ist derzeit aber nicht möglich, wie Florian Richter, Leiter der deutschen Generalzolldirektion, sagt: «Für Einkäufe in Deutschland werden derzeit grundsätzlich keine Ausfuhrkassenzettel durch den deutschen Zoll abgestempelt.»

Wann gehen die Grenzen für den Einkaufstourismus wieder auf?

Das Ziel ist, dass die Grenzen am 15. Juni wieder geöffnet werden können.

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Paare dürfen hoffen

Derzeit ist es unverheirateten Paaren, die in verschiedenen Ländern leben, noch nicht gestattet, sich zu sehen. Das soll sich aber wohl bald ändern, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter an der Pressekonferenz vom Mittwoch sagte. Lockerungen für unverheiratete Paare würden in den kommenden Tagen mit den Nachbarländern Deutschland, Österreich und Frankreich diskutiert. Keller-Sutter hoffe, dass bis am Wochenende eine Lösung vorliege. Für den Nachweis, dass ein Paar eine «gefestigte Beziehung» hat, soll laut Keller-Sutter eine Selbstdeklaration genügen. Wie genau diese aussehen und überprüft werden soll, ist derzeit noch offen. Die nächste Pressekonferenz zum Thema findet bereits am Freitag statt.

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