Fall CarlosEinsatzkommando der Stapo fasst Carlos
Der 17-jährige «Luxus-Häftling» sitzt seit gestern wieder in einer geschlossenen Einrichtung. Jetzt verlangt die SVP im Zürcher Kantonsrat eine PUK zum Fall Carlos.
Ein schwer bewaffnetes, achtköpfiges Einsatzkommando der Stadtpolizei Zürich hat am vergangenen Freitag den jugendlichen Straftäter Carlos gefasst, um ihn wieder in eine geschlossene Anstalt zu verlegen. Laut «Blick» leistete der mittlerweile als «Luxus-Häftling» bekannte 17-Jährige keine Gegenwehr. «Zum Schutz des Jugendlichen und zur Sicherung der Massnahme» habe man sich zu diesem Schritt entschlossen, schreibt die Kommunikationsabteilung des Regierungsrats des Kantons Zürich. Die grosse Medienaufmerksamkeit der letzten Tage habe zur Folge gehabt, dass Wohn- und Aufenthaltsorte des Jugendlichen bekannt geworden seien. Deshalb wurde Carlos von der Jugendanwaltschaft geschlossen untergebracht.
Weitere Auskünfte verweigern die Kommunikationsbeauftragten. Etwa dazu, in welchem Kanton Carlos, für den während der Massnahme 29'000 Franken monatlich ausgegeben wurden, sich nun befindet. Laut «Blick» wurde der Jugendliche jedoch ins Gefängnis Limmattal in Dietikon ZH verlegt. Bislang logierte er zusammen mit seiner Betreuerin in einer 4,5-Zimmerwohnung in Reinach BL. Auch ob die geschlossene Unterbringung nur vorübergehend ist, will niemand beantworten. Es ist aber davon auszugehen. Schliesslich soll die Massnahme gesichert werden.
SVP fordert PUK
«Das ist der absolute Gipfel», empört sich SVP-Nationalrat Hans Fehr. Da entscheide man sich zuerst völlig ungerechtfertigt für ein «Verwöhnprogramm» für den Straftäter und nun gehe es schon wieder um Täterschutz. Er ist überzeugt, dass die Jugendanwaltschaft nur den grossen Medienrummel vorbeigehen lässt. «Dann suchen sie für ihn doch gleich wieder eine schicke Bleibe – und das, obwohl er nun endlich da ist, wo er hingehört.» Die SVP forderte deshalb im Zürcher Kantonsrat gar die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission zum Fall Carlos.
Der Zürcher Kantonsrat Dieter Kläy von der FDP Winterthur hingegen hat Verständnis dafür, dass der Jugendliche erstmal aus der Schusslinie genommen wird. «Auch wenn ich der Meinung bin, dass seine Betreuung nicht mehr verhältnismässig war.» Carlos lebte nicht nur mit einer Betreuerin, die nur für ihn da war, in einer grossen Wohnung. Er musste auch nicht arbeiten und durfte statt dessen Thaibox-Lektionen bei einem Weltmeister nehmen. Kläy ist Mitglied der Justizkommission. Diese wird den Fall Carlos aufarbeiten. «Wir müssen schauen, ob das hier ein Einzelfall ist oder gängige Praxis.»
Grüne erinnern ans «Wohl des Kindes»
Die grüne Kantonsrätin Gabi Petri ist empört darüber, dass Carlos nun eingesperrt werden muss. «Dieses Kind hat seine Strafe in Form der Massnahme angenommen und sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Nun muss es wegen einer Hetzkampagne unter Verschluss gehalten werden.» Während vier Jahren hatte Petri die direkte Aufsicht über die Arbeit von Jugendanwalt Hansueli Gürber. «Ich habe Vertrauen in das Handeln der Behörden und dass die Massnahmen nur dem Wohl des Kindes dienen sollten», hält sie fest. Carlos sei kein gemeingefährlicher Messerstecher, sondern ein Jugendlicher, der bisher einfach nicht die richtige Massnahme bekommen habe. Die geschlossene Unterbringung dürfe höchstens vorübergehend sein. «Wenn ein Kind einen Fehler macht, muss man ihm helfen und es nicht einsperren.»
Eine Haltung, die Fehr wütend macht. «Dem Opfer, das mit den Folgen des Messer-Angriffs leben muss, wird ja auch nicht geholfen.» Der von Carlos attackierte junge Mann erhielt eine Opferentschädigung von lediglich 3500 Franken.
CVP «irritiert»
Auch die CVP zeigt sich laut «Tages-Anzeiger» nach den Medienberichten «stark irritiert». Zwar sollen jugendliche Straftäter nicht einfach weggesperrt werden, doch im Fall Carlos liege der Verdacht nahe, dass dieser seinen Betreuern auf der Nase herumtanze, zitiert die Zeitung den Sprecher der Partei.
Wie es mit Carlos weitergeht, bleibt offen. Fest steht: Der Fall zieht bereits jetzt politische Kreise. Ende Woche erwartet die Justizkommission des Kantonsrats den Bericht von Justizdirektor Martin Graf (Grüne.) Und auch der Nationalrat wird sich damit befassen müssen: In den kommenden Wochen will Fehr erneut eine Motion zum Thema einreichen. Nach Rücksprache mit Strafrechtsprofessor Martin Killias formulierte Fehr Forderungen für ein verschärftes Jugendstrafrecht. «Dabei geht es unter anderem genau um solche Fälle», so der Politiker.