Kampf um Wahlen 2023 ist eröffnet

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Eidgenössische Wahlen 2023Energie, Kaufkraft, Ausländer – auf diese Wahlkampf-Themen setzen die Parteien

SVP, FDP, Mitte, Grüne und GLP haben ihren Wahlkampf lanciert. Mit diesen Themen wollen sie die Gunst des Volkes gewinnen. 

Fünf Parteien haben ihren Wahlkampf lanciert, vier davon am Samstag, 22. Oktober 2022 – exakt ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen. Der Parteitag der FDP in Burgdorf BE war zeitweise etwas zwischen Zirkus-Show und Popkonzert.
Der frühere FDP-Bundesrat Kaspar Villiger lobte Parteipräsident Thierry Burkart als «führungsstark» und sagte, er spüre frischen Wind in der Partei.
Zugpferde der FDP im Wahljahr sind die Frauen und die Jungen: Die FDP-Frauen haben eine Volksinitiative für die Einführung der Individualbesteuerung lanciert, federführend ist Susanne Vincenz-Stauffacher (rechts, hier mit Patti Basler). Die Jungfreisinnigen wollen mit der AHV-Rettungsinitiative das Rentenalter erhöhen.
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Fünf Parteien haben ihren Wahlkampf lanciert, vier davon am Samstag, 22. Oktober 2022 – exakt ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen. Der Parteitag der FDP in Burgdorf BE war zeitweise etwas zwischen Zirkus-Show und Popkonzert.

20min

Darum gehts

Einen gemeinsamen Nenner gibt es: Alle Parteien wollen etwas gegen die Teuerung und den schwindenden Wohlstand unternehmen. Ihre Rezepte hingegen sind höchst unterschiedlich. Am Samstag haben vier Parteien den Wahlkampf lanciert.  20 Minuten war dabei und hat die wichtigsten Eckwerte zusammengetragen. 

SVP will 100’000 Stimmen gewinnen 

Wichtigstes Zugpferd
«100’000 zusätzliche Stimmen sind das Ziel», sagte Wahlkampfleiter Marcel Dettling an der Delegiertenversammlung in Luzern. Umgemünzt in Prozente heisst das, dass die SVP sich aktuell nicht zutraut, das eigene Rekordergebnis von 2015, wo die Partei 29,4 Prozent Wähleranteil erreichte, zu schlagen. Dettling warnte gegenüber 20 Minuten eindringlich vor weiteren Verlusten im bürgerlichen Lager. Wenn sich der Trend von 2019 noch verstärke, sei die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat dahin «Und dann geht es mit dem Land bachab», ist er überzeugt.

Die SVP setzt 2023 auf die Verknüpfung von Zuwanderung und Energie. Das hat sie spätestens an der Delegiertenversammlung in Luzern klargemacht. 

Grösste Schlappe
Die SVP hat 2019 ihren historisch hohen Wähleranteil von knapp 30 Prozent (2011) nicht halten können, sondern ist auf 25,8 Prozent gesunken. Damit ist sie zwar immer noch mit Abstand die grösste Partei des Landes, doch der Kurs zeigt in die andere Richtung. Laut den Umfragen kann sie ihren Wähleranteil halten oder leicht ausbauen.

Der Präsident
Marco Chiesa wirkt immer noch blass. Zumindest in der Deutschschweiz, wo er kaum wahrgenommen wird. Viel präsenter ist hier Fraktionschef Thomas Aeschi. 

SP will AHV-Schlappe vergessen machen

Wichtigstes Zugpferd
Die SP hält ihre Delegiertenversammlung erst in einer Woche in Basel ab. Da wird es um Stärkung der Kaufkraft, Gleichstellung und die Klimakrise gehen. Die derzeit im Parlament hängige Initiative für eine 13. AHV-Rente ist ein wichtiges Wahlkampf-Instrument. Weiter pendent ist die Prämienentlastungs-Initative, die Klimafonds-Initiative, geplant sind eine Kita-Initiative sowie eine Finanzplatz-Initiative.

Grösste Schlappe
Die verlorene AHV-Vorlagen vom September 2022 ist eine der grösseren Niederlagen für die SP in jüngerer Zeit. Sie musste sich vorwerfen lassen, die Gleichstellung von Mann und Frau nur dann zu befürworten, wenn sie den Frauen nützt.

Die Präsidentin/der Präsident
Mattea Meyer und Cédric Wermuth konnten Erfolge in der Steuerpolitik verbuchen: Sowohl die Stempelsteuer als auch die Verrechnungssteuer will das Volk beibehalten - die SP hatte das Referendum ergriffen. Meyer und Wermuth führen die Partei gemeinsam - ein Pilotprojekt, das sich noch beweisen muss. 

FDP will mit neuem Präsident zulegen

Wichtigstes Zugpferd
Die Jungen und die Frauen seien die Zugpferde, sagte Parteipräsident Thierry Burkart an der Delegiertenversammlung vom Samstag in Burgdorf BE. Die FDP-Frauen haben die Volksinitiative für eine vom Zivilstand unabhängige Individualbesteuerung lanciert, die Jungfreisinnigen halten die AHV-Rettungsinitiative für ein höheres Rentenalter am Laufen. Beides seien Steckenpferde im Wahlkampf 2023, sagte Burkart. Wichtigste Themen: Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, Sicherheit und Altersvorsorge. Noch ist die Umsetzung nicht ganz konkretisiert und ausgereift. Der Parteitag in Burgdorf hatte den Charakter eines Pop-Konzerts: Musik- und Tanzeinlagen, Lichtshow, Feuerwerk. 

Grösste Schlappe
Der grüne Fokus unter Parteipräsidentin Petra Gössi verfing bei den Wählenden nicht, und so verlor die FDP 2019 wieder, was sie 2015 hinzugewonnen hatte. Auch das Schweizer Volks-Nein von Ende September zur Teil-Abschaffung der Verrechnungssteuer ist eine Schlappe für die FDP. Denn genau solche Vorlagen meint Thierry Burkart, wenn er von notwendigen «liberalen Reformen» spricht.

Der Präsident
Thierry Burkart wurde in Burgdorf von Alt-Bundesrat Kaspar Villiger als «führungsstark» bezeichnet, ihm zuliebe sei Villiger als Gastredner gekommen. Er spüre «frischen Wind» in der Partei, sagte Villiger. Im ersten Jahr von Burkarts Präsidentschaft spielt die Aktualität ihm in die Hände. Umfragen zufolge könnte die FDP wieder zulegen. 

Der Parteitag der FDP vom Samstag in Burgdorf BE war teilweise ein Anlass zwischen Zirkus-Show und Popkonzert.

20 Minuten

Bei der Mitte ist der Name Programm

Wichtigstes Zugpferd
Die Mitte hat vergangene Woche zwei Volksinitiativen lanciert, die Ehepaare besser stellen wollen. Sowohl bei den Steuern wie auch bei der AHV. Dies als Alternativvorschlag zum Modell der FDP mit ihrer Individualbesteuerung. Abgesehen davon spielt Parteipräsident Gerhard Pfister die Mitte-Karte: Es brauche ein starkes Gewicht zwischen den Polen. In der Umweltpolitik hat die Mitte oft mit dem Grüne-Lager gestimmt und einigen Vorlagen so zum Durchbruch verholfen.  

Grösste Schlappe
2019 hat die CVP noch gut elf Prozent erreicht und wurde von den Grünen überholt. Das ist eine Niederlage historischen Ausmasses. Pfister trat die Flucht nach vorn an und zimmerte Anfang 2021 mit der BDP die Fusion zur Mitte, sie ist damit nur leicht stärker als die Grünen. 

Der Präsident
Gerhard Pfister hat sich in den sechs Jahren seiner Präsidentschaft Respekt verschafft, obwohl er zuvor den Ruf hatte, weit rechts zu politisieren. Geholfen haben ihm in jüngster Zeit Erfolge wie etwa die Wahl der beiden Dittli-Schwestern in die Exekutiven in der Waadt und in Pfisters Heimatkanton Zug.

Grüne wollen Welle weiterreiten 

Wichtigstes Zugpferd
Die Grünen wollen in den Bundesrat - und sie streichen ihre wirtschaftspolitischen Kompetenzen heraus. Das eine hängt wohl mit dem anderen zusammen. So haben sie an ihrer Delegiertenversammlung vom Samstag in Winterthur eine Resolution «Hürden abbauen für die Fachkräfte der Zukunft» verabschiedet. Weiter betonen die Grünen ihre Erfolge in der Energie- und Klimapolitik, etwa die jüngst beschlossene Solarpflicht für Neubauten. Grünen-Präsident Balthasar Glättli beschwor die Wahlen 2023 als neue «Klimawahl» – in der Hoffnung, der Erfolg von 2019 könne fortgesetzt werden. Umfragen deuten aber derzeit nicht darauf hin. Allerdings konnten die Grünen in den kantonalen Parlamenten mit plus 52 Sitzen am stärksten zulegen.

Grösste Schlappe
Die grüne Welle beschränkt sich bisher auf Wahlerfolge – in Sachvorlagen mussten die Grünen beim Stimmvolk heftige Schläge einstecken. So wurde nicht nur das CO₂-Gesetz verworfen, auch die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative scheiterten deutlich, und jüngst auch die Initiative gegen Massentierhaltung. 

Präsident
Balthasar Glättli ist seit zwei Jahren Präsident der Grünen und hat die Partei auf einem historischen Höchststand von 13,2 Prozent Wähleranteil angetreten. Dies zu halten, ist schwierig. Als Parteipräsident dürfte er dennoch unbestritten sein – zumindest, solange grün en vogue ist.

Grünliberale wollen 10-Prozent-Marke knacken

Wichtigstes Zugpferd
«Wir sind die Partei des Optimismus», sagte GLP-Präsident Jürg Grossen zur Begrüssung seiner Delegierten an der digitalen Versammlung vom Samstag. Andere Parteien wollten «zurück in die Vergangenheit».  Die GLP setze auf Sonne, Wind, Wasser und verbesserte Speicherkapazität. Und auf Europa. Es brauche ein Stromabkommen, der Verhandlungsabbruch durch den Bundesrat sei falsch gewesen.

Grösste Schlappe
Nachdem die Grünliberalen 2015 mit einer Steuer-Umbau-Initiative krachend gescheitert waren, fielen sie mit derartigen Vorhaben nicht mehr auf. In den letzten Jahren wuchsen sie in den Kantonen solide, und zwar sowohl in den Parlamenten wie auch in den Exekutiven grosser Städte.

Der Präsident
Der Berner Oberländer Jürg Grossen will im Herbst 2023 die 10-Prozent-Marke knacken und mit seiner Partei in den Ständerat einziehen. Und dann in den Bundesrat. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Zwar darf die GLP laut Umfragen auf einen kleinen Zuwachs hoffen, aber nicht in dem Ausmass von 2019, als sie von gut fünf auf fast 8 Prozent wuchs.

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