«Letten-Held»Er stoppte das Amok-Boot – jetzt spielt er in der Challenge League
Marin Wiskemann stürmt seit kurzem für den FC Baden und will künftig nur noch auf dem Platz Heldengeschichten schreiben. 20 Minuten hat mit dem Zürcher gesprochen.
Eines Mittags 2020: Marin Wiskemann wagte den Sprung ins führerlose Boot.
20minDarum gehts
Marin Wiskemann spielt seit der neuen Saison beim FC Baden in der Challenge League.
Der 25-Jährige sorgt bereits 2020 für Schlagzeilen, aber nicht auf dem Fussball-Platz.
Heldenhaft: Bei der Flussbadi Oberer Letten verhinderte der Zürcher damals Schlimmeres.
«Eine Mischung aus Carlos Valderrama und Peter Crouch», kommentierte einer der rund 8000 Fans auf dem Aarauer Brügglifeld, als Marin Wiskemann mit dem FC Baden erstmals in der Challenge League auflief. 20 Minuten fragt beim Stürmer nach: Mit wem von beiden könne er sich mehr identifizieren? Wiskemann lacht – und antwortet bestimmt: «Ganz klar Valderrama.»
Das Spiel am 21. Juli endete schliesslich knapp mit 1:0 zugunsten des FC Aarau, eine Woche später gibts nach dem 1:1 gegen Bellinzona den ersten Punkt für Baden. Es folgte eine 0:6-Packung in Thun. «Es kommt, es kommt», ist sich der 25-Jährige sicher. Mit Herzblut, Arbeit und gutem Teamgeist sei im Fussball alles möglich, so auch der Verbleib der Ostaargauer in der zweithöchsten Spielklasse. Selbst, wenn das Kader der Badener nur aus Halbprofis besteht.
Das Pensum reduziert
Wiskemann selbst wechselte diese Saison vom SC Cham in der Promotion League (21 Tore in 29 Spielen) nach Baden – und hat sein Pensum als Hochbauzeichner von 80 auf 50 Prozent reduziert. Andere im Team mussten nach dem Wiederaufstieg des einstigen Nati-A-Clubs dasselbe tun. Die Einheiten bei Baden finden nur am Abend statt. «Und halt am Samstagmorgen», ergänzt er. Leihgaben aus den U-Abteilungen von Profi-Betrieben wie dem FCZ oder YB würden zur Ergänzung noch bei ihren Stammclubs trainieren.
Solche Auswahlen hat Wiskemann selbst nie durchlaufen. Der Zürcher mit brasilianischen Wurzeln (er lebte in seiner Kindheit mehrere Jahre im südamerikanischen Land) hatte sich über die Quartierclubs Unterstrass und Höngg an die Schwelle zum Profi-Fussball gespielt – und will nun auch in der Challenge League einschlagen. Sein erstes Tor könne man bald erwarten, ist er sich sicher. Auch, wenn es mit Aarau, Thun oder Sion auch gegen vollumfänglich professionelle Widersacher geht.
Auch ohne Fussball Kult
Sicher ist jedenfalls: Sollte das so sein, hätte die Liga ein neues Highlight. Denn Kultpotenzial hat der grossgewachsene Angreifer nicht nur aufgrund des unkonventionellen sportlichen Aufstiegs oder wegen seiner Lockenpracht. Sondern spätestens seit dem Jahr 2020, als er im Zürcher Flussbad Oberer Letten eines Mittags kurzerhand zum Helden avancierte.
Was war passiert? Ein Mann hatte auf dem Zürichsee ein Mietboot entwendet und fuhr damit verbotenerweise die Limmat in Richtung Badi hinunter. Der damals 35-Jährige gefährdete so Leib und Leben dutzender Badegäste und sprang schliesslich, als er keinen Ausweg mehr gesehen hatte, aus dem fahrenden Boot. Das Gefährt fuhr so führerlos im Fluss umher.
Mit einem Satz ins Amok-Boot
«Ich war gerade mit einer Schwester am Ufer Mittagessen», schildert Wiskemann die Szene, «da ging das Ganze los.» Er habe wie alle anderen auch die Situation zunächst beobachtet. Andere hätten gerufen, jemand solle doch ins fahrende Boot springen, was der damals frisch von Cham verpflichtete Kicker schliesslich tat: «Einer musste ja.» Wiskemann machte vom Ufer aus einen Satz ins Boot und brachte es unter Kontrolle (siehe Video oben).
Schwierig sei es nicht gewesen. Trotzdem wurde der «Held vom Letten», wie ihn Tele Züri betitelte, danach gross gefeiert. «Ich werde bis heute immer wieder darauf angesprochen», sagt Wiskemann. Ein Problem? «Nein, ich finde es witzig.» Trotzdem würde er gerne künftig lieber auf dem Platz für Schlagzeilen sorgen – und zum Helden avancieren.
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