Erste Festnahmen bei Räumung des Protestcamp

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HongkongErste Festnahmen bei Räumung des Protestcamp

Die Räumung des Hauptlagers der Demokratiebewegung in Hongkong hat am Donnerstagmorgen begonnen. Die Polizei meldet erste Verhaftungen.

von
lüs
In Hongkong wurden 37 Protestler am Donnerstag, 25. Dezember 2014, von der Polizei festgenommen. Sie haben sich dem Räumungsbefehl widersetzt. Bereits einen Tag wurden Aktivisten in Gewahrsam genommen.
Am Morgen des 11. Dezember 2014 begann die Polizei damit, das Haupt-Protestcamp der Demokratiebewegung in Hongkong zu räumen. Hunderte Zelte stehen auf den besetzten Strassen nahe dem Regierungssitz.
Während die Räumung am Anfang noch ohne grössere Zwischenfälle von statten ging...
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In Hongkong wurden 37 Protestler am Donnerstag, 25. Dezember 2014, von der Polizei festgenommen. Sie haben sich dem Räumungsbefehl widersetzt. Bereits einen Tag wurden Aktivisten in Gewahrsam genommen.

Keystone/Alex Hofford

Die Behörden in Hongkong haben am Donnerstag mit der Räumung des Hauptprotestlagers im Innenstadtviertel Admiralty begonnen. Die Polizei beobachtete die Arbeit der mit weissen Helmen ausgestatteten Einsatzkräfte, die am Vormittag (Ortszeit) zunächst mit Teppichmessern und Zangen Kunststoffbänder von den Barrikaden der Demonstranten entfernten. Teile der gelösten Barrikaden reichten sie an Mitarbeiter weiter, die sie schnell an den Strassenrand brachten.

Während die Räumung anfangs noch ohne Zwischenfälle über die Bühne ging, kam es laut der Polizei nach rund vier Stunden zu ersten Festnahmen. Die Betroffenen hatten sich angeblich geweigert, das Protestcamp am Rande des Finanzdistrikts zu verlassen. Unter den Festgenommenen waren oppositionelle Abgeordnete wie Emily Lau und Albert Chan sowie die Canto-Pop-Sängerin Denise Ho und der regierungskritische Chef der «Apple Daily», Jimmy Lai. Wie viele in Gewahrsam genommen wurden, war zunächst nicht bekannt.

Studenten harren aus

Beobachter vor Ort berichteten, viele der im Lager verbliebenen Studenten hätten es am Donnerstagmorgen verlassen. Doch Dutzende seien geblieben. Die in erster Reihe des Zeltlagers stehenden Demonstranten hätten sich angesichts der anrückenden Polizisten auf den Boden gelegt und sich mit ihren Armen aneinandergekettet.

Die Behörden versprechen sich von der Räumung, die seit zweieinhalb Monaten andauernden Proteste für mehr Demokratie und freie Wahlen 2017 damit beenden zu können. Die Zelte blockieren eine sechsspurige Autobahn.

Das Camp im Admiralty-Viertel am Rande des Finanzdistrikts ist zum Hauptversammlungspunkt der von Studenten angeführten Aktivisten geworden. Die Demonstranten harren hier seit nunmehr 75 Tagen aus. Kurz bevor das Räumungskommando eintraf, riefen die Aktivisten: «Ich will ein allgemeines Stimmrecht!» Sie warfen mit Papierstücken, auf denen stand: «Wir werden zurückkommen.»

Der 22-jährige Politikstudent Max Leung sagte in seinem Protestzelt in Admiralty, es stimme ihn traurig, zu sehen, wie die Barrikaden abgerissen werden. Er werde in dem Gebiet bleiben, bis die Polizei die Proteste auflöse. Auch vor einer Festnahme werde er nicht zurückzuschrecken, jedoch keinen Widerstand gegen die Polizeibeamten leisten.

Wer sich wehrt, wird festgenommen

Ein Gericht hatte am Dienstag die Entfernung der Barrikaden und Zelte angeordnet, die dort den Verkehr behindern. Daraufhin forderte die Polizei die Demonstranten auf, die Blockaden bis Donnerstag zu räumen. Studenten, die Widerstand leisteten, würden festgenommen, sagte Polizeisprecher Cheung Tak Keung.

Die Studentenführer äussern sich am Mittwoch zur bevorstehenden Räumung:

Quelle: Youtube/NTDTV

Joshua Wong, einer der studentischen Anführer, rief die Unterstützer vorab zu Gewaltfreiheit auf. Polizisten oder Mitarbeiter des Gerichts dürften nicht behindert werden. «Wenn die Regierung zur Räumung des Platzes Polizei einsetzen möchte, vergesst nicht, dass diese Räumung keine politischen Konflikte lösen kann. Sie kann nicht das Dilemma der Gesellschaft lösen», sagte er.

655 Verhaftete, 129 verletzte Polizisten

Eine Untersuchungsgruppe von rund 30 Akademikern sowie mehrere Menschenrechtsgruppen wollten die Räumung beobachten, nachdem es zuletzt Ende November in MongKok, einem weiteren Protestcamp in der Metropole, zu Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei sowie knapp 160 Festnahmen gekommen war.

Seit Ende September wurden nach Polizeiangaben 655 Menschen festgenommen und 129 Polizeibeamte verletzt. Eine Gesamtzahl der Verletzten veröffentlichten die Behörden bislang nicht.

Seit Ende September hatten die Demonstranten Hauptverkehrsstrassen blockiert. Sie verlangen den Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun Ying. Ausserdem protestieren sie dagegen, dass die Regierung in Peking bei der Wahl seines Nachfolgers 2017 nur vorab bestimmte Kandidaten zulassen will. Auf dem Höhepunkt der Demonstrationen waren bis zu 100'000 Menschen auf die Strassen gegangen. (lüs/sda)

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