Es geht mit zwei Millionen weniger

Aktualisiert

«Time-out»Es geht mit zwei Millionen weniger

Die Kloten Flyers haben sich in unbekannter Millionenhöhe verschuldet und bangen um ihre Existenz. Die Krise ist das Resultat einer Fehleinschätzung.
Dabei ginge es auch billiger.

Klaus Zaugg
von
Klaus Zaugg
Finden die Klotener mit Langnau als Vorbild zum Erfolg?

Finden die Klotener mit Langnau als Vorbild zum Erfolg?

Die Schweiz spielt am Dienstag das letzte WM-Testspiel gegen Kanada in Kloten. Ein Akt mit Symbolcharakter: Kloten ist zurzeit im Guten wie im Bösen das Epizentrum unseres Hockeys.

Ein Drittel des Nationalteams besteht aus Spielern, die in Kloten aus- oder weitergebildet worden sind. Aber die Kloten Flyers halten unser Hockey zurzeit auch mit ihrem Existenzkampf in Atem. Es droht dem in unbekannter Millionenhöhe verschuldeten Unternehmen nach wie vor der Konkurs und damit der Abstieg in die 4. Liga. Der Unternehmer Hans-Ulrich Lehmann, ein möglicher Retter, hat noch nicht entschieden, ob er einsteigen wird (20 Minuten Online berichtete).

Rückkehr zur Bescheidenheit ist gefragt

Warum sind die Kloten Flyers in Not geraten? Sie könnten durchaus schwarze Zahlen schreiben. Aber nur mit einer Rückkehr zur Bescheidenheit.

In den letzten 20 Jahren haben die Zürcher alles unternommen, um Meisterschaften zu gewinnen und vor den ZSC Lions die Nummer 1 im lokalen Hockeymarkt zu sein. Dass ein Sportunternehmen den sportlichen Erfolg anstrebt, ist an und für sich richtig und nicht zu tadeln. Aber den sportlichen Erfolg können sich nicht alle leisten.

Vorne mitspielen ist zu teuer

Bereits nach der ruhmreichsten Phase ihrer Geschichte (Meister 1993, 94, 95 und 96) waren die Kloten Flyers in grosse Not geraten und mussten durch die damalige Swissair gerettet werden. Der heutige Präsident und Besitzer, Jürg Bircher, strebte den Titel erneut an und scheiterte in den Finals von 2009 und 2011 gegen den HC Davos nur knapp. Aber es ist ihm ergangen wie damals Jürg Ochsner in den ruhmreichen 1990er Jahren: Er kann sich den Erfolg nicht leisten.

Vorne mitspielen heisst nämlich auch: Erstklassige und damit teure ausländische Spieler verpflichten und hochkarätige Schweizer Spieler entweder behalten oder holen. Kein Hockeyunternehmen kann sich ohne betriebsfremde Zuschüsse auf meisterliche Stärke hochrüsten. Davos braucht die Einnahmen des Spengler Cups, der SCB die Erträge aus den Sport-Nebengeschäften und die ZSC Lions die «Defizit-Garantien» des Milliardärs Walter Frey. Die Kloten Flyers haben keinen Spengler Cup, sie sind von den Sport-Nebengeschäften weitgehend ausgeschlossen, weil sie weder Besitzer des Stadions noch Inhaber aller Werbe- und Gastronomierechte sind - und einen Mäzen haben sie auch nicht. Das logische Resultat: Existenzbedrohende Verluste und Schulden.

SCL Tigers als Vorbild

Muss das so sein und so bleiben? Keineswegs. Die älteste NLA-Hockeykultur (seit 1961 in der höchsten Spielklasse) kann ohne Millionen-Zuschüsse leben. Aber nur bei einem radikalen Kurswechsel. Bei einer Rückkehr zur Bescheidenheit.

Normalerweise bringt der Verzicht auf hohe sportliche Ambitionen ein Rückgang der Zuschauerzahlen und der Werbeeinnahmen. Das wird kurzfristig auch bei den Kloten Flyers so sein. Aber bereits mittelfristig kann eine Strategie der Bescheidenheit nach dem Vorbild der SCL Tiers erfolgreich sein. Das Ziel ist nicht mehr die Herausforderung des Lokalrivalen (in Langnau: der SC Bern, in Kloten: die ZSC Lions). Sondern die Abgrenzung durch eine andere Philosophie: Dort der arrogante, grosse, reiche Titan, der die Stars kauft, und hier der bescheidene Kleine, der die wahren Werte des Sportes lebt und weitgehend mit eigenen Spielern arbeitet.

Schwarze Zahlen sind - ganz knapp - möglich

Die exzellente Nachwuchsorganisation macht diese Strategie für die Kloten Flyers möglich. Und es gibt durchaus Firmen, die sich lieber bei einem sympathischen Kleinen als bei einem arroganten Grossen engagieren. Und sehr gute Jugendarbeit ist heute auf dem Werbemarkt durchaus sexy.

Die Kloten Flyers können das Budget von heute rund 15 Millionen Franken in den nächsten drei Jahren nach und nach um mindestens zwei Millionen Franken reduzieren ohne deshalb in Abstiegsnot zu geraten. Dann sind in der Betriebsrechnung ganz knapp schwarze Zahlen möglich.

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