Keine Nachteile für GeimpfteEx-BAG-Vize will Omikron-Quarantäne und Maskenpflicht nur für Ungeimpfte
Dass bei Omikron-Verdachtsfällen auch geimpfte Kontaktpersonen in Quarantäne gehen müssen, sende ein falsches Signal aus, kritisiert Ex-BAG-Vize Andreas Faller. SP-Fraktionschef Roger Nordmann hält dagegen.
Darum gehts
Dass das BAG jetzt auch Geimpfte und Genesene, die Kontakt zu einem Omikron-Verdachtsfall hatten, in Quarantäne schicken will, ist für den ehemaligen BAG-Vize Andreas Faller schwer nachvollziehbar: «Erstens haben wir noch keine Evidenz dafür, dass Omikron für Geimpfte tatsächlich massiv gefährlicher ist als die bisherigen Viren. Und zweitens sendet es ein völlig falsches Signal aus, indem die letzten verbleibenden Vorteile für Geimpfte gegenüber Ungeimpften wegfallen. Das reduziert die Motivation für die Impfung bei den Ungeimpften weiter.»
Faller habe es erlebt, dass Ungeimpfte ihm geradeheraus gesagt hätten, dass sie sich jetzt ja nicht mehr impfen lassen müssten. «Solange sie kaum Nachteile haben gegenüber Geimpften, sehen viele Ungeimpfte keinen Grund für die Impfung. Das ist fatal.» Dass die Behörden bei den neuen Einschränkungen Geimpfte, Genesene und Ungeimpfte gleich behandeln, hält Faller für mutlos: «Es benachteiligt Geimpfte und Genesene. Sinnvoller wäre es, auch bei Omikron nur Ungeimpfte in Quarantäne zu schicken und auch die Maskenpflicht in Innenräumen nur Ungeimpften aufzuerlegen.»
Voraussetzung dafür wäre für Faller aber, dass die Booster-Kampagne schneller vorangetrieben wird, um die Zahl der Impfdurchbrüche so tief wie nur möglich zu halten: «Dass man sich in vielen Kantonen für einen Termin anmelden und dann Wochen warten muss, geht nicht. Man müsste jetzt die Kapazitäten von Ärzten und Apotheken besser nutzen. In Basel bieten verschiedene Apotheken Booster ohne Voranmeldung an und das Angebot ist nicht ausgelastet, weil viele Menschen gar nichts davon wissen.»
PCR-Test statt Quarantäne
Dass man die Quarantäne für Geimpfte eingeführt habe, sei ein «Schnellschuss», sagt auch Infektiologe Andreas Widmer. «Damit verpuffte eines der Argumente, die bisher für die Impfung sprachen.» Zudem würden sich jetzt auch ganz viele Geimpfte nicht mehr testen lassen, um eine allfällige Quarantäne möglichst zu vermeiden. Sein Vorschlag: «Geimpfte Kontaktpersonen von positiv auf Omikron getesteten Leuten sollen fünf Tage später einen PCR-Test machen müssen. Dafür sind sie dann – im Gegensatz zu Ungeimpften – von der Quarantäne ausgenommen.» Diese Strategie habe in Dänemark überzeugt.
Anstatt die Vorteile für Geimpfte abzubauen, sollen die Nachteile für Ungeimpfte erhöht werden, so Widmer: «Man muss die Schraube anziehen, etwa mit 2G oder einem Impfobligatorium.» Die Corona-Situation verschärfe sich in der Schweiz täglich, ein Zuwarten sei nun nicht mehr angebracht. «Wenn wir diese Welle nicht brechen können, ist der Lockdown praktisch gesichert.»
«Schnelle Ausbreitung von Omikron verhindern»
Es mache momentan durchaus Sinn, Geimpfte bei Omikron-Verdachtsfällen in Quarantäne zu schicken, sagt hingegen SP-Fraktionschef Roger Nordmann: «In der jetzigen Phase wissen wir noch nicht, wie gefährlich und ansteckend Omikron ist und wie gut die Impfung gegen die Variante wirkt.» Deshalb sei es angebracht, Vorsicht walten zu lassen.
Ungefähr in einem Monat würden erste Daten darüber vorliegen, dann könne man entsprechend reagieren. «Sobald wir sicher sind, dass die Impfung wirkt, werden Geimpfte – wie bei Delta – nicht mehr in Quarantäne gehen müssen.» Eine schnelle Ausbreitung von Omikron in der Schweiz sei angesichts der derzeitigen Lage jedoch verheerend, sagt Nordmann. «Es ist extrem wichtig, dass man die Omikron-Ausbreitung verlangsamt, um mehr Zeit zu haben, um die Delta-Welle zu brechen und eine totale Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.»
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