Final-Anti-AgingFace-Lifting für eine Leiche?
Mit einem faltenfreien Gesicht und prallem Busen auf zur letzten Reise: Für Bestattungsunternehmen tut sich da in konjunkturschwachen Zeiten ein besonders lukrativer Markt auf.
Die Vereinigten Staaten - das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten. Denn hier wollen viele besonders gut aussehen - sogar nach dem Tod.
«Früher...», erinnert sich Mark Duffey, Geschäftsführer eines grossen US-amerikanischen Bestattungsinstituts, «...sagten die Leute: 'Steckt mich nach meinem Tod in eine Kiste und verscharrt mich irgendwo'. Heute ist das anders. Jetzt wollen viele von den Hinterbliebenen in besonders guter - und vor allem - in schöner Erinnerung behalten werden.» Die Branche freuts, denn für diesen letzten Wunsch ist die Trauergemeinde bereit, tief in die Tasche zu greifen.
Der Tod steht ihr gut
Dass Bestatter, beziehungsweise Leichenkosmetiker wahre Wunder vollbringen, damit von langer Krankheit gezeichnete oder durch einen Unfall entstellte
Verstorbene ansehnlich aufgebahrt werden können, ist nicht neu. Doch das ist immer mehr Menschen schon zu wenig: Statt nur zu Lebzeiten der «naturgegebenen Basisausrüstung» mit Hilfe plastischer Chirurgie nachzuhelfen, ist nun auch postum ein brilliantes Äusseres gefragt.
Dieser Umstand kommt David Temrowski, Chef eines Bestattungsunternehmens in Michigan, gerade recht: «Ich bekam schon Aufträge von Leuten die mich baten, ihre Brüste besonders prall aussehen zu lassen, wenn sie im Sarg aufgebart werden.» sagte Temrowski in einem Interview mit «msnbc». Auch das Glätten von Falten mit Fillern oder das Aufspritzen von Lippen gehört für ihn heute schon fast zum Basisjob.
Viele Hilfsmittel, die bei Lebenden der Entfaltung dienlich sind, kommen auch beim Leichengesicht zum Einsatz: «Mein Bruder ist Schönheitschirurg und wir machen ständig Witze darüber, dass wir Botox schon lange vor den Ärzten eingesetzt haben», scherzt der Bestattungsunternehmer John Vigliante.
Ein Geben und Nehmen nach dem Tod
Während die einen nach ihrem Ableben Filler, Botox oder Make-Up bekommen, wird anderen etwas entnommen. «Bevor eine Leiche eingeäschert wird, muss der Bestatter alle Silikonimplantate entfernt haben», erklärt Aida Bobadilla, Leiterin des Odd Fellows Friedhofs und des dazugehörigen Krematoriums. Dafür gibt es gute Gründe: «Egal ob in den Brüsten, dem Bizeps oder im Gesicht: Silikonimplantate explodieren im Feuer, wie kleine Bomben», weiss Bobadilla.
Trotzdem ist für viele die Feuerbestattung tabu - oder zumindest ist es den Trauernden wichtig, vom Verstorbenen Abschied nehmen zu können. Für viele ein guter Weg, den Tod zu begreifen. Dieser Meinung ist auch der amerikanische Psychologe und Trauerexperte Donald W. Steele: «Den Toten noch einmal zu sehen hilft oft, im Trauerprozess voran zu kommen. Es macht den Hinterbliebenen bewusst, dass sie nun endgültig loslassen müssen».
(rre)