Facebook-Verbote sind unbegründet

Aktualisiert

Web-Zensur bei Schweizer FirmenFacebook-Verbote sind unbegründet

Eine Firma nach der anderen sperrt Facebook für ihre Mitarbeiter. Etliche Unternehmen begründen diesen Schritt mit Sicherheitsbedenken. Dieses Argument halten IT-Sicherheitsexperten für Unfug. Gefährlich ist aber der Seelen-Striptease der Facebook-User.

von
Adrian Müller

Mattscheibe statt Status-Meldungen: Seit kurzem können auch die Post-Angestellten an ihrem Arbeitsplatz nicht mehr auf Facebook zugreifen. Immer mehr Unternehmen schieben dem sozialen Netzwerk den Riegel - mit unterschiedlicher Begründung: Die SBB und Coop etwa geben ehrlich zu, dass die Angestellten schlichtweg zu lange auf dem Netzwerk herumsurften. Etliche Firmen, darunter verschiedene Banken, schieben jedoch Sicherheitsbedenken vor. So auch die Post, welche insbesondere vor Viren warnt. «Dies ist nur eine Ausrede», ist für IT-Security-Experte Guido Rudolphi klar. Zwar tauchten auf Facebook immer wieder virenverseuchte Zusatzapplikationen auf - oder Gruppenlinks führten ins Viren-Verderben. Doch dies könne auf jeder Webseite geschehen.

Persönliche Profile als Gefahrenherd

Einige explizit durch Facebook entstandene Gefahren gibt es trotzdem: Die User geben persönliche Informationen zu freizügig preis, einige betreiben richtiggehenden Seelen-Striptease: «Wett mängisch Sache gärn ungscheh mache...», schreibt etwa Userin Monika.

Wer arbeitet in welcher Firma? Wer ist mit wem befreundet? Wann ist der User zu Hause? Welche Hobbies übet er aus? Hacker benutzen diese Profil-Angaben, um ihre Attacken vorzubereiten. «Dazu spähen Kriminelle etwa den Freundeskreis von Mitarbeitern in Schlüsselpositionen aus, um mit den Informationen ein möglichst glaubwürdiges Lügen-Konstrukt aufzubauen», erklärt Stephan Glaus, Analytiker der Melde- und Analysestelle Informationssicherung MELANI. Anschliessend senden die Hacker den Facebook-«Freunden» des Kadermitarbeiters Phishing-Mails, mit vertraulichem Absender.

Facebook-Sperre unbegründet

Eine begründete Bedrohung also. Nur: Ob die Mitarbeiter am Netbook in der Badewanne oder am Büro-Desktop im Verwaltungsratszimmer auf Facebook surfen, ist egal: «Die Profildaten können Kriminelle jederzeit einsehen. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Mitarbeiter während der Arbeit oder in der Freizeit auf Facebook surfen», betont Glaus. Und bringt damit die Argumentation vieler Unternehmen ins Wanken.

Läuft Twitter Facebook den Rang ab?

Ob im Büro oder zu Hause: «Es ist ratsam, das Profil auf ‚privat' statt ‚öffentlich' zu stellen; dies empfiehlt Stephan Glaus den Facebook-Usern, um sich vor unliebsamen Hacker-Angriffen zu schützen. Wenn es nach Guido Rudolphi geht, löst sich das Problem bald von selbst. «Der Facebook Hype ist vorbei»: Mittlerweile sei ja selbst der Toni von der Alp Mitglied der Community. Für ihn ist «Twitter» die neue Killer-Applikation.

Ob die Facebook-User diese Meinung teilen, ist allerdings mehr als fraglich. Findige Angestellte haben bereits Schlupflöcher gefunden, um auf gesperrten Webseiten surfen zu können: Mit iPhone und Netbooks umgehen sie die Internet-Prohibition ihrer Firma.

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