Fahrer nicht einvernommenMann 2023 totgefahren – Familie wartet bis heute auf Antworten
Ein 83-jähriger Mann wurde 2023 auf einem Fussgängerstreifen von einem Auto erfasst und getötet. Der beschuldigte Fahrer wurde bis heute nicht vor der Staatsanwaltschaft einvernommen – die Familie kämpft um Antworten.
Darum gehts
Ein 83-jähriger Mann wurde im November 2023 in Horgen auf einem Fussgängerstreifen von einem Auto erfasst und getötet.
Der beschuldigte Fahrer wurde bis heute nicht von der Staatsanwaltschaft einvernommen, was die Familie verzweifeln lässt.
Eine geplante Einvernahme des Fahrers im Oktober 2024 scheiterte, da der Beschuldigte nicht erschienen sei.
Die Familie kritisiert die langsamen Fortschritte der Staatsanwaltschaft und fühlt sich im Stich gelassen.
Seit eineinhalb Jahren wartet die Familie Halilaj auf Antworten: Ihr Vater und Grossvater wurde im November 2023 in Horgen auf einem Fussgängerstreifen von einem Auto erfasst und getötet. Doch bis heute habe es im Fall kaum Fortschritte gegeben. Die Familie hat sich bei 20 Minuten gemeldet – «aus Verzweiflung», wie sie sagt.
Für die Familie sei vor allem schlimm, dass seit dem Unfall keine Beschuldigteneinvernahme bei der zuständigen Staatsanwaltschaft stattgefunden habe: «Wir wissen nur, dass er nach dem Vorfall von der Polizei befragt wurde – und dass der Tatbestand fahrlässige Tötung lautet. Sonst praktisch nichts.»
Zum Fall
Wie die Kantonspolizei Zürich im November 2023 mitteilte, wurde der 83-jährige Fussgänger von einem Auto frontal erfasst und mehrere Meter weggeschleudert. Die sofort ausgerückten Rettungskräfte konnten nur noch den Tod des Mannes feststellen. Der Personenwagen wurde von einem damals 51-jährigen Mann gelenkt. Der Unfall ereignete sich auf einer geraden Strecke, die Böden waren nass.
Beschuldigter tauchte nicht zu Einvernahme auf
Gemäss einem Dokument, welches 20 Minuten vorliegt, wurde der Fahrer von der zuständigen Staatsanwaltschaft zu einer Einvernahme im Oktober 2024 vorgeladen. Zu dieser sei auch die Familie eingeladen worden. «Wir haben uns nach einem Jahr endlich Antworten erhofft.» Doch es blieb bei der Hoffnung, denn: Der Beschuldigte tauchte nicht auf.
«Im Nachgang wurde uns mitgeteilt, dass er nicht gekommen sei, da er Angst vor uns habe», so die Enkelin des Verstorbenen. Warum, wisse die Familie nicht: «Wir kennen ihn nicht und haben ihn noch nie gesehen», sagen sie gegenüber 20 Minuten. Auch hätten sie nie Kontakt zum Fahrer aufgenommen.
«Wir haben uns nach einem Jahr endlich Antworten erhofft.»
Eine zweite Vorladung habe die Familie bisher nicht erhalten. Inzwischen sind weitere fünf Monate vergangen. Wie die Familie von ihrer Anwältin erfahren habe, hätte sich der Fahrer in der Zwischenzeit zweieinhalb Monate im Ausland aufgehalten.
«Bis heute haben wir keine Antworten, wieso er sterben musste»
Die Familie ist frustriert. «Nach so langer Zeit ist kaum etwas passiert. Die Staatsanwaltschaft macht nicht vorwärts. Wir haben mehrmals nachgehakt. Immer vertröstet man uns», sagt Halilaj. Dafür hätten sie kein Verständnis. «Für uns fühlt es sich so an, als wäre die Staatsanwaltschaft auf der Seite des Fahrers – und nicht auf unserer.»

«Wir haben den besten Mann, den nettesten Vater verloren», sagt die Enkelin des Verstorbenen.
PrivatDie Enkelin sagt: «Auch unsere Anwältin hat kein Verständnis dafür, dass das Verfahren so langsam voranschreitet.» Für sie und ihre Familie mache dieser Umstand es noch schwieriger, um den Verstorbenen zu trauern: «Wir haben den besten Mann, den nettesten Vater und Grossvater verloren. Und bis heute haben wir keine Antworten auf die Frage, wieso er sterben musste.»
Staatsanwaltschaft: Verfahren werde schnellstmöglich vorangetrieben
20 Minuten hat die Zürcher Staatsanwaltschaft mit den Vorwürfen konfrontiert: «Im vorliegenden Strafverfahren wurden vonseiten der Strafverfolgungsbehörden verschiedene Verfahrenshandlungen zur Klärung der Unfallursache getätigt», heisst es auf Anfrage.
Der zeitliche Verlauf eines Strafverfahrens hänge nicht nur von der Staatsanwaltschaft ab, heisst es weiter. Man könne davon ausgehen, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren «so rasch vorantreibt, wie dies aufgrund der strafprozessualen und konkreten fallbezogenen Gegebenheiten möglich ist». Weitergehende Auskünfte seien aufgrund der Persönlichkeitsrechte nicht möglich.
Wie lange sollte es dauern, bis ein Beschuldigter einvernommen wird?
Rechtsanwalt Christian Lenz von der Kanzlei Lenz & Caduff beantwortet allgemeine Fragen. Wie er sagt, gilt in einem Strafverfahren das Beschleunigungsgebot. Das bedeutet: Strafbehörden müssen das Verfahren sofort an die Hand nehmen und es ohne vermeidbare Verzögerungen möglichst rasch zu einem Abschluss bringen. Wie lange es dauert, bis eine beschuldigte Person das erste Mal staatsanwaltlich einvernommen wird, komme auf den Einzelfall an.
Gründe, wieso sich ein Verfahren verzögert, seien beispielsweise andere Prioritäten, wie Verfahren, die kurz vor Verjährung stehen, oder, dass die Beweisauswertung länger dauert. «15 Monate – wie im vorliegenden Fall – bis zur ersten staatsanwaltlichen Einvernahme sind sicher eher lange. Ich hatte jedoch schon Verfahren, in welchen es noch länger dauerte, bis sich ‹etwas tat›.»
Zudem erklärt Lenz, dass eine beschuldigte Person zwar das Recht habe, Aussagen zu verweigern, Vorladungen müssten aber befolgt werden. Werde das missachtet, könnte die Untersuchungsbehörde eine Busse aussprechen oder die beschuldigte Person polizeilich vorführen.
Trauerst du oder trauert jemand, den du kennst?
Hier findest du Hilfe:
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirchen
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch
Lifewith.ch, für betroffene Geschwister
Verein Familientrauerbegleitung.ch
Verein Regenbogen Schweiz, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Pro Senectute, Beratung älterer Menschen in schwierigen Lebenssituationen
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