88-jährigen Freund aus Heim entführtFahrt mit Leiche an der Seite – «R.V.* (66) lebte nur für seinen Partner»
R.V. (66) wurde in Spanien mit der Leiche seines Lebenspartners R.T. (88) aufgehalten. Die zwei seien auf Abschiedstour, meinte der Schweizer. Es ist das Ende einer jahrzehntelangen Liebesbeziehung.
Darum gehts
Vergangene Woche hielt die spanische Polizei den 66-jährigen Schweizer R.V. an. Dessen 88-jähriger Lebenspartner R.T. sass tot auf dem Beifahrersitz.
T. lebte in einem Schweizer Pflegeheim, V. holte ihn ab und machte sich auf eine Reise quer durch Europa.
Die zwei waren seit Jahrzehnten liiert.
Er fuhr seit Wochen mit einer Leiche auf dem Beifahrersitz durchs Land: Der 66-jährige Doppelbürger R.V.* entführte seinen Schweizer Lebenspartner R.T.* (88) aus einem Zürcher Pflegezentrum und tourte mit ihm monatelang durch Europa. Bis die spanische Polizei den weissen Citroën der zwei aufhielt – und den toten T. unter einer Decke auf dem Beifahrersitz fand. Sie seien auf einer Abschiedsreise gewesen und er habe nicht gewusst, was zu tun sei, als sein Partner gestorben sei, erklärte der spanisch-schweizerische Doppelbürger V.* der Polizei. Der ETH-Wissenschaftler R.T. verstarb laut einem Autopsiebericht rund drei Wochen zuvor.
Die zwei Männer lebten seit Jahrzehnten gemeinsam im Osten von Zürich. Seit 15 Jahren wohnten sie in einem Mehrfamilienhaus am Rande der Grossstadt. «Die zwei waren seit mehr als 40 Jahren ein Paar und noch immer sehr verliebt», sagt eine Nachbarin. V. sei mit rund 25 Jahren aus Spanien in die Schweiz gekommen und hätte T. hier kennengelernt. Vor einigen Jahren sei der pensionierte Physik-Professor R.T. jedoch an Alzheimer erkrankt. Sein Partner V. betreute ihn zu Hause – doch die Situation mit T. sei immer schwieriger geworden: «Er war sehr dominant und konnte sich durchsetzen», sagt eine Nachbarin, die im gleichen Gebäude wohnt. «Es kam teilweise zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen – auch aufgrund der Erkrankung.»
V. litt sehr unter der Einsamkeit
Als sich der Zustand des Wissenschaftlers verschlechterte, sei dieser vor rund zwei Jahren in die Demenzstation des nahegelegenen Pflegezentrums eingewiesen worden. Der 66-Jährige habe seinen Partner sehr häufig besucht: «Er war eigentlich nur noch dort, es bestand eine gewisse Abhängigkeit», sagt ein Nachbar. Ein- bis zweimal täglich habe er den Physiker besucht. Immer wieder habe V. versucht, seinen Partner wieder nach Hause zu holen und selbst zu betreuen – ohne Erfolg. «Er hat extrem gut zu T. geschaut», sagt eine andere Nachbarin. «Aber aufgrund der Demenz war es unmöglich, ihn privat zu betreuen.»
«V. kam nicht damit zurecht, so alleine zu sein.» Es sei nicht das erste Mal, dass der 66-Jährige mit seinem Partner ausgerissen sei, sagen Nachbarn. Bereits Ende 2019 habe er seinen Partner aus dem Pflegezentrum geholt und sei mit ihm nach Österreich durchgebrannt. Daraufhin sei auch die Polizei vorbeigekommen und habe die zwei gesucht. «Als sie wieder in Zürich waren, durfte V. seinen Partner für Monate nicht besuchen. Das war sehr tragisch», sagt die Nachbarin. Der gebürtige Spanier sei vollkommen vereinsamt. «Er lebte nur für seinen Partner, die Liebe zu ihm war sein ganzer Lebensinhalt.»
Anfang November 2020 sei er dann eines Tages mit einem Rucksack aus dem Haus – und kehrte laut den Nachbarn nicht mehr zurück. «Schliesslich wusste er sich wohl nicht anders zu helfen, als T. mitzunehmen, ihn in seinen Augen ‹zu befreien›», so eine Nachbarin. Wann und ob V. jemals in die Zürcher Agglomeration zurückkehrt, ist derzeit unklar: Obwohl das Auto noch in der Garage steht, ist die Wohnung des Paars bereits weitervermietet worden. Unterdessen ist der 66-jährige Doppelbürger zwar laut lokalen Medien wieder auf freiem Fuss, er wurde jedoch mit einer Reisesperre belegt.
Das Pflegeheim wollte sich auf Anfrage von 20 Minuten nicht zum Fall äussern.
*Name der Redaktion bekannt
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Hier findest du Hilfe:
Dargebotene Hand, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirche
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Verein Regenbogen, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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