«Jemand versucht auf Tinder mit meinem Foto Männer aufzureissen»

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Fake-Profil«Jemand versucht auf Tinder mit meinem Foto Männer aufzureissen»

Eine mir unbekannte Person benutzt mein Gesicht, um auf Tinder zu flirten. Ein Experte ordnet ein und die Kantonspolizei Zürich sagt, was man dagegen tun kann.

Mit diesem Foto wollte jemand Männer aufreissen ...
... es wurde von meinem Instagram-Profil geklaut.
Ich habe bei Tinder nachgefragt, wie sowas passieren kann, doch die Betreiber schweigen. 
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Mit diesem Foto wollte jemand Männer aufreissen ...

Screenshot

Darum gehts

  • Auf Tinder kursiert ein Fake-Profil mit meinen Fotos.

  • Wer dahintersteckt, weiss ich nicht. Von Tinder habe ich keine Antwort erhalten.

  • Dass ein solches Profil die Beziehung von Beschädigten ruinieren kann, bestätigt Psychologe Felix Hof.

  • Die Dunkelziffer der Betroffenen sei sehr hoch, heisst es von Cybercrimepolice.

  • Die Kantonspolizei Zürich sagt, wie man gegen Identitätsdiebstahl vorgehen kann.

Ich bin auf Tinder. Das Problem: Ich selbst weiss davon überhaupt nichts. Darauf aufmerksam geworden, bin ich nur dank der Nachricht eines Bekannten. «Hey, da verwendet jemand deine Bilder», schrieb er mir. Dazu ein Screenshot des Profils einer Sandra (26). So zumindest nennt sich diese Person, die meine Bilder für ihr Tinder-Profil verwendet. Natürlich ohne meine Erlaubnis – geklaut von meinem Instagram-Profil.

«Im schlimmsten Fall kann es zur Trennung kommen»

Gross war der Schock, als mich mein eigenes Gesicht auf einem Screenshot dieser Dating-Plattform anlacht. Mein erster Gedanke: «Was soll das?» Fassungslosigkeit, Unverständnis, aber vor allem Wut – Gefühle, die laut Psychologe Felix Hof normal sind: «Der Missbrauch persönlicher Fotos für ein Fake-Profil ist sehr verletzend, entwürdigend und schockierend. Es hinterlässt in jedem Fall eine grosse Selbstverunsicherung und Angst.»

Dann der zweite Gedanke: «Was wird mein Freund wohl dazu sagen?» Während es für mich mehr als unangenehm ist, zu wissen, dass andere Männer «mich» jetzt nach links oder rechts swipen können, interessiert es meinen Freund nicht weiter. Doch nicht jeder Partner reagiert so gelassen. Was ein Fake-Account mit der Beziehung machen kann, erklärt Hof: «Entdeckt eine Partnerin oder ein Partner ein Fake-Profil in einer Datingapp, ist ein Beziehungskonflikt vorprogrammiert. Unverzüglich stellt sich dann die Vertrauensfrage und mitunter kommt es zu einer schweren Beziehungskrise. Im schlimmsten Fall kann es sogar zu einer Trennung kommen, wenn dem Partner die Erklärungen nicht ausreichen.»

Wer kreiert ein solches Fake-Profil?

Eine Zahl, wie viele Menschen hierzulande vom sogenannten Identitätsdiebstahl betroffen sind, gibt es nicht. Die Dunkelziffer dürfte aber hoch sein, wie Cybercrimepolice, ein Engagement der Kantonspolizei Zürich, verlauten lässt. Ehrlich gesagt, ist es nicht das erste Mal, dass mir sowas passiert. Und immer wieder stelle ich mir diese eine Frage: Wer kreiert ein solches Fake-Profil?

Hast du so etwas auch schon erlebt?

Felix Hof hat eine klare Meinung: «Es sind meist sehr schüchterne, bedürftige Personen, die wenig anschlussfähig und in ihrer sexuellen Identität unsicher sind.»

Menschen mit dieser Persönlichkeit seien derart verunsichert und ängstlich, dass sie nicht zu sich stehen können und wollen. «Jeder Hinweis auf ihre Identität wird als Gefährdung erlebt. Kommt hinzu, dass sie im Wettbewerb ja auch bestehen wollen und davon ausgehen, dass dies mit anderen Bildern besser gelingt», so Hof weiter. Es gibt aber auch eine weitere Personengruppe: «Andere Menschen erstellen Fake-Profile mit betrügerischen Absichten.»

Dem stimmt auch Cybercrimepolice zu: «Das Phänomen Fake-Dating-Profil wird in diversen Formen, unter anderem auch für Romance Scam verwendet.» Das heisst: Mittels dem Aufbauen von Vertrauen beabsichtigen die Betrüger, an Vermögenswerte oder persönliche Daten des Gegenübers zu kommen.

Ein Happy End gibt es hier nicht – zumindest nicht für mich. Denn ich weiss nicht, ob das Profil noch immer auf Tinder kursiert. Es wurde zwar von meinem Bekannten gemeldet, mehr weiss ich aber nicht. Und: Eine Anfrage bei Tinder blieb unbeantwortet. Was mit gemeldeten Usern passiert, wie oft das vorkommt und wie man das verhindern kann, weiss ich also leider noch immer nicht.

Das sagt die Kantonspolizei Zürich

Die Kantonspolizei Zürich sagt auf Anfrage: «Am 1. September 2023 wurde mit der Revision des Datenschutzgesetzes (DSG) der neue Artikel Art. 179decies StGB, geschaffen. Er läuft unter dem Titel ‹Identitätsmissbrauch›»: «Wer die Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung verwendet, um dieser zu schaden oder um sich oder einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.»

Entscheidend sind verschiedene Faktoren, welche schlussendlich strafrechtlich relevant sind. Die Kantonspolizei Zürich appelliert diesbezüglich auch an die Userinnen und User, zu prüfen, welche Bilder sie öffentlich bereitstellen und wie die Privatsphäre in den Plattformen eingerichtet ist.

Und weiter: Wenn die Bilder/Inhalte durch die Täterinnen und Täter durch Hacking/Phishing erlangt worden sind oder damit zum Beispiel Betrug, ehrverletzende Darstellungen etc. erstellt werden, kann bei der Polizei eine Anzeige erstattet werden. Bei einer Anzeigeerstattung sollten der Polizei möglichst viele Screenshots von Original-Profil und Fake-Profil abgegeben werden; wenn möglich auch in digitaler Form. Weiter empfiehlt die Kantonspolizei Zürich, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer nach einer solchen Feststellung sofort bei den Betreibern der Plattform melden und die Sperrung/Löschung beantragen.

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