Schlag gegen Pädokriminalität – Menschen in Lausanne sind schockiert

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Schlag gegen Pädokriminalität«Es ist bizarr, dass es so etwas in der Schweiz überhaupt gibt»

Der Waadtländer Polizei gelang ein Schlag gegen Pädokriminalität. Laut einer Expertin ist rund ein Prozent der Schweizer Bevölkerung pädophil.

Der Waadtländer Polizei gelang ein Schlag gegen Pädokriminalität. 96 Personen wurden verhaftet. 
«Der Fall macht mich sehr traurig. Es ist bizarr, dass es so etwas in einem Land wie der Schweiz überhaupt gibt», sagt auch Herin (29).
In Lausanne ist die Betroffenheit gross: «Ich war total schockiert, als ich davon hörte», sagt die 22-jährige Charlyne.
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Der Waadtländer Polizei gelang ein Schlag gegen Pädokriminalität. 96 Personen wurden verhaftet. 

police cantonale vaudoise

Darum gehts

  • Im September und Oktober dieses Jahres führte die Waadtländer Sicherheitspolizei eine gross angelegte Operation durch.

  • Dabei ist ihr ein erheblicher Schlag gegen Pädokriminalität gelungen.

  • Der ehemalige Basler Kriminalkommissar Markus Melzl vermutet, dass die Behörden im Darknet auf eine Spur stiessen und mit dem Einsatz abwarteten, bis weitere Mitglieder aufgespürt werden konnten.

Die Kantonspolizei Waadt vermeldete gestern einen massiven Schlag im Kampf gegen pädokriminelle Inhalte. Dafür wurden 153 Arbeitstage aufgewendet und 42 Hausdurchsuchungen durchgeführt, wobei unter anderem 311 Computer beschlagnahmt wurden. Insgesamt wurden 96 Personen festgenommen. Zwei kamen in U-Haft.

In Lausanne ist die Betroffenheit gross: «Ich war total schockiert, als ich davon hörte», sagt die 22-jährige Charlyne. Sie hoffe, dass die Beteiligten hart bestraft würden. «Der Fall macht mich sehr traurig. Es ist bizarr, dass es so etwas in einem Land wie der Schweiz überhaupt gibt», sagt auch Herin (19).

Der ehemalige Basler Kriminalkommissar Markus Melzl vermutet, dass die Behörden im Darknet auf eine Spur stiessen und mit dem Einsatz abwarteten, bis weitere Mitglieder aufgespürt werden konnten. «Sonst hätten sich die Beschuldigten gegenseitig warnen können», sagt Melzl.

Beschlagnahmtes Material wird gesammelt

In der Regel werden bei den zeitlich koordinierten Hausdurchsuchungen Festplatten beschlagnahmt und die Verdächtigen mitgenommen. «Nach einer ersten Befragung werden die Verdächtigen entweder freigelassen oder kommen in U-Haft», erklärt Melzl.

Das beschlagnahmte Material werde in einer Datenbank gesammelt und gesichtet: «Im Anschluss wird das Beweismaterial dann vor Gericht verwendet und in der Regel nach Ende des Prozesses vernichtet.»

Für den Besitz und die Weitergabe von verbotenen pornografischen Aufnahmen können laut Melzl maximal drei Jahre Haft beantragt werden.

«Ein Prozent der Schweizer Bevölkerung ist pädophil»

Laut Monika Egli-Alge, Psychologin und Gründerin des Forio, das Präventionstherapien für Pädophile anbietet, ist rund ein Prozent der Schweizer Bevölkerung pädophil. «Von diesen werden rund 40 bis 50 Prozent straffällig.»

Bei der Fachstelle melden sich jedes Jahr rund 500 Männer: «Aufgrund des Falles im Kanton Waadt werden die Anmeldungen jedoch kurzzeitig steigen», so Egli-Alge. Dafür gebe es zwei Gründe: «Es gibt Leute, die bereits straffällig wurden und nun Angst haben, erwischt zu werden, sowie Betroffene, die durch den Fall realisieren, dass sie Hilfe brauchen, weil sie nicht so weit gehen wollen.»

Viele der Betroffenen seien nicht nur im Darknet unterwegs: «Auch im Clearnet kommt man relativ schnell an verbotenes Material. Die Betroffenen werden zunächst mit Gratismaterial angelockt. Dann müssen sie beispielsweise selbst Bilder einreichen, um weiter Material zu bekommen.» Der Handel mit pädokriminellen Inhalten sei ein Riesenbusiness: «Landesgrenzen spielen dabei oft kaum eine Rolle», so Egli-Alge.

Kooperation mit US-Behörden

Die Operation zur Bekämpfung der Cyberpädophilie wurde laut der Kantonspolizei Waadt insbesondere dank der Hinweise des National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) mit Sitz in den Vereinigten Staaten durchgeführt. Das Zentrum hat ein Verfahren entwickelt, um kinderpornografische Inhalte zu identifizieren und sie den betroffenen Ländern anzuzeigen.

Wie aus dem Fedpol-Jahresbericht 2020 zum Kampf gegen Pädokriminalität hervorgeht, gingen bei der Bundespolizei rund 7852 Verdachtsmeldungen ein, davon wurden 1166 als strafrechtlich relevant eingestuft und an die Kantone weitergeleitet. 

Bist du minderjährig und von sexualisierter Gewalt betroffen? Oder kennst du ein Kind, das sexualisierte Gewalt erlebt?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Kokon, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Castagna, Beratungsstelle bei sexueller Gewalt im Kindes- und Jugendalter

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Bist du selbst pädophil und möchtest nicht straffällig werden? Hilfe erhältst du bei Forio und bei den UPK Basel.

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