BernFalscher Zeugenaufruf verwirrt Berner
Ein angeblicher Toter, eine besorgte Opferfamilie und ein blutiges Hemd: In einer Facebook-Gruppe wird behauptet, dass vor dem Düdü ein Mann getötet wurde. Die Kapo widerspricht.

Die Kantonspolizei widerspricht nach Überprüfung diesem Facebook-Post.
Justitia, die Figur der Gerechtigkeit, prangt auf dem Profilbild der Facebook-Gruppe «Zeugenaufruf». Damit will die Gruppe im Namen der Opferfamilie auf eine wüste Schlägerei aufmerksam machen, die sich angeblich am 21. September vor dem Club du Théâtre in Bern abgespielt haben soll. Im Beitrag steht: «Der Schwerverletzte erlag kurz darauf seinen schweren inneren Kopfverletzungen in der Notaufnahme des Inselspitals.» Die Nachricht erschüttert die Leser, der Beitrag wird stetig weiterverbreitet und besorgte Lesereporter berichteten gegenüber 20 Minuten beispielsweise: «Schockierend, so ein Vorfall!»
«Moralisch bedenklich»
Die Kantonspolizei Bern widerspricht dem online aufgeführten Tatablauf. Die Polizei bestätigt zwar gegenüber 20Minuten, dass es am besagten Abend in dieser Umgebung zu einer Schlägerei gekommen sei, der eingelieferte Verletzte habe aber das Spital kurze Zeit später wieder verlassen können. Auch der Club du Théâtre, der im Zeugenaufruf in Zusammenhang mit dem angebliche Tötungsdelikt gebracht wird, stösst sich an der Seite. «Die erwähnte Facebook-Gruppe erachten wir als irreführend und auch moralisch bedenklich», meint Yves Reitmann von der Geschäftsleitung des Nachtclubs. «Unsere Sicherheitsmitarbeiter haben schlichtend in den Streit eingegriffen und sich um einen Geschädigten gekümmert, bis die Polizei eintraf. Das Opfer konnte aber auch nach der Schlägerei ohne Probleme auf den Beinen stehen», heisst es vom Club weiter. Mehrmalige Aufforderungen an die Administratoren der Facebook-Gruppe, diese zu löschen, seien gescheitert.
Die dunkle Seite des Internets
Community-Experte Simon Künzler von der Xeit GmbH kennt sich mit solchen Problemen aus und spricht gar von einer Rufschädigung für den Club. Was der Hintergrund für eine solche Internet-Lüge sei, wisse er aber nicht: «Etwa Revanche? Aufmerksamkeit? Absichtliche Rufschädigung?» Dem Berner Düdü rät er: «Ich würde mich an die Polizei wenden.» Den Nutzern sei oft nicht bewusst, dass es sich bei Facebook nicht um eine rechtsfreie Zone handle. «Das World Wide Web ist teilweise ein feiges Medium – Personen verhalten sich online manchmal anders als in der Realität.» Laut Experte Künzler könne der Administrator der Gruppe unter Umständen strafrechtlich verfolgt werden.