FilmfestivalBerlinale endet mit einem Antisemitismus-Eklat
Die Berlinale zeichnet eine Doku über Raubkunst mit dem wichtigsten Preis aus. Doch am Tag nach der Preisgala dreht sich alles um die Vorgänge auf der Bühne.
Darum gehts
Am Samstag fand die Berlinale-Preisverleihung statt.
Dabei wurde bei den Reden mehrfach Israel kritisiert.
Die Politik reagiert empört.
Nach der Berlinale-Preisverleihung sind Antisemitismus-Vorwürfe geäussert worden. Hintergrund ist unter anderem ein Auftritt des Filmemachers Ben Russell am Samstag. Dieser ging bei der Veranstaltung mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äusserte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Dabei wurde vom Publikum applaudiert, unter anderem auch von Kultur-Staatsministerin Claudia Roth und Hauptstadt-Bürgermeister Kai Wegner, wie «Bild» berichtet.
Die Veranstalter des Filmfestivals distanzierten sich am Sonntag von den Äusserungen und gaben zudem bekannt, dass ein Instagram-Kanal der Berlinale gehackt worden sei.
«Kein Platz für Antisemitismus»
«Das, was gestern auf der Berlinale vorgefallen ist, war eine untragbare Relativierung», schrieb Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zu dem Vorfall im Internetdienst X (früher Twitter). «In Berlin hat Antisemitismus keinen Platz, und das gilt auch für die Kunstszene», stellte er klar. «Ich erwarte von der neuen Leitung der Berlinale, sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen.»
«Nach den Ereignissen von Samstag müssen wir hinterfragen, ob das so bleiben kann, wie wir damit in Zukunft umgehen», sagte die FDP-Obfrau im Bundestags-Kulturausschuss, Anikó Glogowski-Merten, dem Portal «The Pioneer». Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sprach auf X von einer «perfiden Täter-Opfer-Umkehr». Von einer «Schande» sprach dort CSU-Generalsekretär Martin Huber. Er kritisierte auch Roth, weil diese nicht eingegriffen habe.
In der Zwischenzeit hat auch Roth die Statements bei der Bärenverleihung als «erschreckend einseitig und von einem tiefgehenden Israel-Hass geprägt» verurteilt. Die Grünen-Politikerin kündigte eine Untersuchung der Vorfälle an.
Ebenso hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) israelkritische Äusserungen zum Gaza-Krieg während der Abschlussgala der Berlinale verurteilt. Scholz teile es, «dass eine derart einseitige Positionierung so nicht stehen gelassen werden kann», sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin. Es sei in jeder Debatte zu diesem Thema wichtig, im Auge zu behalten, was diese erneute Eskalation des Konflikts ausgelöst habe – nämlich der Überfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023.
Leitung versteht Empörung
Die Veranstalter des Filmfestivals erklärten, die Äusserungen der Preisträger und Preisträgerinnen seien unabhängige individuelle Meinungen und gäben «in keiner Form die Haltung des Festivals wieder». Solange sie sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegten, müssten sie akzeptiert werden, hiess es in einer Mitteilung.
Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek habe in ihrer Rede auf der Bühne die mörderische Attacke der Hamas vom 7. Oktober verurteilt und die Freilassung der Geiseln gefordert sowie an das Leid aller Opfer der Gewalt in Israel und in Gaza erinnert, hiess es weiter. Mit diesem Statement habe sich die Leitung eindeutig positioniert. Die Berlinale verstehe aber die Empörung, dass die Äusserungen einiger Preisträger als zu einseitig empfunden worden seien.
Vorwürfe gab es auch gegen den palästinensischen Filmemacher Basel Adra, dessen Film «No other Land» den Panorama-Publikumspreis in der Kategorie Dokumentarfilme erhielt. Adra wandte sich demnach gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Der Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober sei jedoch auf der Veranstaltung nicht erwähnt worden. Der Film «No other Land» befasst sich mit der Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern aus Dörfern im Westjordanland durch die israelische Armee.
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