FinanzentscheideRadikaler Umbau: Darf Trump das überhaupt?
Donald Trump hat seit Amtsantritt mehrere Gelder blockiert und eingefroren – obwohl der Kongress die Kontrolle über die Bundesgelder hat. Ist das legal? Ein Rechtsexperte klärt auf.
Darum gehts
Donald Trump hat seit seiner Vereidigung im Januar mehrere bedeutende Finanzentscheide getroffen, darunter das Einfrieren der Ukraine-Hilfen oder der Entwicklungshilfegelder. Das wirft Fragen zur Rechtmässigkeit auf.
Laut Verfassung hat der Kongress die Kontrolle über die Bundesgelder.
Der Impoundment Control Act schränkt die Macht des Präsidenten ein, Gelder eigenmächtig zu blockieren.
In Ausnahmefällen kann der Präsident aber mitbestimmen oder Verzögerungen erwirken.
Wenn der Kongress der Ansicht ist, dass der Präsident seine verfassungsmässige Autorität überschritten hat, kann er die Gültigkeit einer Entscheidung vor Gericht anfechten.
Donald Trump hat seit Beginn seiner zweiten Amtszeit unzählige Dekrete erlassen – und Entscheide getroffen. Einige davon betreffen das Einfrieren von Geldern, so zum Beispiel die Einstellung der Ukraine-Hilfen, die nun rückgängig gemacht werden soll. Doch darf der US-Präsident einfach solche Finanzentscheide treffen, ohne den Kongress beizuziehen?
Eigentlich nein: Der Kongress hat die Kontrolle über die Bundesgelder
Die Antwort darauf ist kompliziert. Grundsätzlich hat der Kongress gemäss der Verfassung die «Macht über den Geldbeutel». Explizit bedeutet das, dass das US-Parlament das Recht hat, zu entscheiden, wie Bundesgelder eingesetzt werden. Es hat die Befugnis, finanzielle Mittel zuzuweisen und zu kontrollieren.

Grundsätzlich obliegen Entscheide über die Bundesgelder dem US-Kongress.
AFPDie Rolle des Präsidenten ist grundsätzlich darauf beschränkt, die vom Kongress verabschiedeten Ausgabengesetze auszuführen, wie es in der «Take Care»-Klausel der Verfassung vorgeschrieben ist. Diese verlangt, dass der Präsident dafür sorgt, dass «die Gesetze gewissenhaft ausgeführt werden».
Des Weiteren gibt es den «Impoundment Control Act» (ICA). Dieses Gesetz verbietet dem Präsidenten ausdrücklich, ohne Zustimmung des Kongresses eigenmächtig Haushaltsmittel zu blockieren, einzufrieren oder umzuleiten. So gesehen hätte Trump die Ukraine-Gelder also gar nicht blockieren dürfen.

Gemäss dem «Impoundment Control Act» hätte Trump die Ukraine-Hilfen nicht einfrieren dürfen.
AFPAber: Es kommt auf die Formulierung an
Aber: So schwarz-weiss ist es nicht. Wie Sean Stacy, Experte für US-Recht am Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung, erklärt, erlaubt der ICA dem Präsidenten, Ausgaben aus bestimmten Gründen für bis zum Ende des Haushaltsjahres aufzuschieben. Explizit ist es zulässig, um auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, oder um Einsparungen zu erzielen, die durch veränderte Anforderungen oder eine höhere Effizienz entstehen. Jede Aufschiebung muss dem Kongress gemeldet werden.
Zudem gebe es Fälle, bei denen der Kongress einen Gesetzestext verabschiedet, der dem Präsidenten ausdrücklich Ermessensspielraum hinsichtlich der Art, der Beträge und der Empfänger der zu verwendenden Mittel einräumt. In einem solchen Fall kann der Präsident diese Aspekte der Ausgaben gemäss dem jeweiligen Gesetz bestimmen, so Stacy.
Somit hängt die rechtliche Antwort auf die Frage, ob Donald Trump das Ukraine-Hilfspaket einfrieren durfte, laut dem Rechtsexperten, von der genauen Formulierung des Gesetzes ab. Insbesondere davon, ob der Kongress dem Präsidenten ausdrücklich das Recht eingeräumt hat, bestimmte Aspekte der Hilfe festzulegen.

Was Trump darf und was nicht, kommt laut dem Experten auf die Formulierung der Gesetze an.
AFPKann der Kongress gegen Verstösse vorgehen?
Der Kongress hat mehrere rechtliche Mittel, die er nutzen kann.
Wenn der Kongress – oder ein Kongressausschuss – der Ansicht ist, dass der Präsident seine verfassungsmässige Autorität überschritten hat, kann er die Gültigkeit eines Dekrets oder einer Entscheidung vor Gericht anfechten.
Wenn ein Präsident einen Entscheid trotz ausdrücklicher Ablehnung durch den Kongress und/oder die Gerichte weiter durchsetzen würde, könnte der Kongress versuchen, ihn zu «impeachen», also den Präsidenten seines Amts zu entheben. Dafür müsste er Hochverrat, Bestechung oder andere schwerwiegende Verbrechen und Vergehen begangen haben.
Seit Trumps Rückkehr ins Amt hat weder der Kongress – noch ein Kongressausschuss – eine seiner Entscheide direkt angefochten.
Wichtige Begriffe einfach erklärt
«Executive order»: Ein präsidentielles Dekret in den USA, das die Kraft eines Gesetzes hat, aber nicht die Zustimmung des Kongresses benötigt. «Executive orders» bleiben in Kraft, bis sie von einem amtierenden Präsidenten geändert, zurückgenommen oder von Gerichten für ungültig erklärt werden.
«Impeachment»: Die Amtsenthebung des Präsidenten wegen «Hochverrats, Bestechung oder anderer schwerwiegender Verbrechen und Vergehen». Für ein Impeachment muss die Mehrheit im Repräsentantenhaus (der unteren Kammer) die «Articles of Impeachment» verabschieden. Anschliessend müssten zwei Drittel des Senats (der oberen Kammer) für die Entfernung des Präsidenten aus dem Amt stimmen.
Doch: Auch andere können klagen
Nicht nur der Kongress kann Entscheide des Präsidenten anfechten. Grundsätzlich können einzelne Bundesstaaten, Gewerkschaften, NGOs, Richter, Staatsanwaltschaften oder auch Privatpersonen rechtliche Schritte gegen die Exekutive einleiten, wenn sie durch eine Entscheidung unmittelbar geschädigt werden.
Und das ist auch schon geschehen, sagt Stacy. So haben Staaten wie Illinois, Oregon, Washington und Arizona ein Dekret von Donald Trump angefochten, das die Geburtsrechts-Staatsbürgerschaft abschaffen wollte. Im Fall USAID haben gemeinnützige Organisationen rechtliche Schritte eingeleitet, wegen eines Dekrets, das fast zwei Milliarden Dollar an Auslandshilfe einfrieren sollte. Ein Bundesgericht entschied, dass ein Teil der eingefrorenen Zahlungen ausgezahlt werden müsse. Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Entscheid am 5. März.

Zwei gemeinnützige Organisationen haben im Fall USAID rechtliche Schritte eingeleitet. Ein Bundesgericht entschied, dass ein Teil der eingefrorenen Zahlungen ausgezahlt werden müsse. Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Entscheid.
AFPFazit
Zusammengefasst heisst das also, dass Entscheide über den Einsatz von Steuern und weiteren Bundesgeldern dem Kongress obliegen. In Ausnahmefällen kann der Präsident aber mitbestimmen oder Verzögerungen erwirken. Donald Trump darf zum Beispiel Gelder in einem ersten Schritt verzögern oder blockieren. Seine Entscheide können aber von den Gerichten abgelehnt werden, sofern jemand klagt und die Richter urteilen, dass der US-Präsident seine Machtgrenzen überschritten hat. Sollte er dem Urteil nicht folgen, bleibt das «Impeachment» als letztes Rechtsmittel.
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