Finanzkontrolle«Realitätsfremd» – Bergler wehren sich gegen zusätzliche Solar-Millionen
Energieminister Rösti soll Solaranlagen in den Bergen stärker fördern als solche auf Hausdächern. Ein Bündner Solarpionier ist schockiert. Das helfe «nur den Konzernen», sagt er.
Darum gehts
Solaranlagen auf Dächern sollen weniger gefördert werden als Grossanlagen in den Bergen, sagt die eidgenössische Finanzkontrolle.
Doch diese Förderung würde einzig den Stromkonzernen dienen, sagt Solarpionier Not Carl.
Er wirft den Finanzkontrolleuren vor, «realitätsfremd» zu handeln.
Die Finanzkontrolle des Bundes empfiehlt, alpine Grosssolaranlagen mehr zu fördern als Anlagen auf Hausdächern. Der einzelne Förderfranken sei dort wirtschaftlicher investiert, meinen die Buchhaltungskontrolleure des Bundes. Die Empfehlungen der Behörde haben mächtig Staub aufgewirbelt.
Doch das Umschwenken der Fördermillionen auf alpine Solaranlagen kommt im Berggebiet nicht gut an.
Zusätzliche Förderung ist «völlig daneben»
Not Carl war 15 Jahre lang Gemeindepräsident des Dorfes Scuol im Unterengadin. Der SVP-Politiker war auch Initiator eines grossen alpinen Solarprojektes bei Scuol, welches auf einem Hang neben dem Skigebiet bald schon grünen Strom produzieren soll.
Man könnte meinen, Not Carl freue sich über die in Aussicht gestellten zusätzlichen Fördermillionen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Carl ist stocksauer auf die Finanzkontrolleure. «Noch grössere Förderungen würden allein den Stromproduzenten, sprich den Stromkonzernen, dienen.»
Er findet es «völlig daneben, wenn der Bund nun alpine Grossanlagen zulasten der Steuer- und Gebührenzahler noch stärker fördern will». Schon jetzt übernimmt der Bund bis zu 60 Prozent der Investitionskosten von grossen Solaranlagen in den Bergen. Grund dafür ist der kürzlich vom Parlament beschlossene «Solar-Express».
So sehen Berge voller Solarpanels aus.
20min/TiktokKonzerne zahlen weniger als 1 Rappen pro kWh alpinem Solarstrom
Not Carls «Scuol Solar» sollte ursprünglich eine Fläche von 35 Hektaren mit Solarpanels belegen, die Planer verdoppelten die Fläche kurzerhand auf 77 Hektare – eine Fläche von mehr als 70 Fussballfeldern für 92’000 Solarpanels. Das ist für Not Carl massiv zu gross. «Das zerstört die schöne Landschaft an diesem Hang. Der Tourismus würde massiv leiden.»
Er sagt: «Gibt man ihnen den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand.» Am meisten nervt ihn aber, dass die Bürgergemeinde, der das Land gehört, nur 0.75 Rappen pro Kilowattstunde produziertem Strom bekommen soll. Beim Strom aus Wasserkraft sei es das Doppelte.
Soll der Bund alpine Solaranlagen stärker fördern?
Das Projekt in Scuol muss demnächst eine Volksabstimmung überstehen. Für Initiator Carl steht fest: «Das Projekt wird abgelehnt.» Und: «Die Finanzkontrolleure sind realitätsfremd. Sie sehen nicht, was alpine Grossanlagen für die lokale Bevölkerung bedeuten.»
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