FalschdeklarationenFleischhändler führt Kunden hinters Licht
Poulet aus Ungarn statt der Schweiz, Pferde- statt Rindfleisch und aufgetaute Stücke statt frische: So soll die Firma Carna Grischa ihre Kunden getäuscht haben.

Hier ging offenbar nicht alles mit rechten Dingen zu: Lieferwagen vor der Laderampe des Bündner Fleischhandelsunternehmens Carna Grischa in Lanquart.
Die Carna Grischa AG gehört mit 60 Angestellten und einem Umsatz von jährlich 30 Millionen Franken zu den fünf grössten Fleischhändlern der Schweiz. Im Unternehmen aus Landquart GR, das mit dem Slogan «Mehr Fleisch fürs Geld» für sich wirbt, ging es offenbar jahrelang nicht mit rechten Dingen zu: So soll das Unternehmen etwa regelmässig Geflügel aus Ungarn als Schweizer Poulet verkauft haben. «Einbürgern», nennt man dies gemäss internen Firmendokumenten, die dem «Sonntagsblick» vorliegen.
Zudem sollen seit 2004 weitere unsaubere Praktiken angewendet worden sein: So habe die Firma Pferde- als Rindfleisch verkauft, aufgetautes Fleisch als frisches – und es seien Ablaufdaten manipuliert worden.
ZFV bericht Geschäftsbeziehung ab
Zu den getäuschten Kunden gehören renommierte Restaurants sowie Kantinenbetreiber, darunter auch das Cateringunternehmen ZFV. Dort hat man nun reagiert. Gilbert Philipona, Leiter Einkauf beim ZFV, sagt dem «Sonntagsblick»: «Bis die Vorwürfe der Deklarationsfälschung auf deren Richtigkeit überprüft sind, werden wir keine Bestellungen mehr beim Unternehmen Carna Grischa tätigen.»
Carna Grischa hatte versucht, die Berichterstattung über den Skandal gerichtlich zu verhindern und per superprovisorische Verfügung ein einwöchiges Publikationsverbot erwirkt. Nach dem Studium von Dokumenten, die die Praktiken belegen, kam das Handelsgericht des Kantons Aargau aber zum Schluss, dass die Aussagen, es sei zu Falschdeklarationen gekommen, «als wahr anzunehmen» seien. Es bestehe ein «überwiegendes öffentliches Interesse», dass dies bekannt werde.
Zwei Angestellte entlassen
Ettore Weilenmann, Verwaltungsratspräsident von Carna Grischa, sagt zum «Sonntagsblick», eine interne Untersuchung habe Unregelmässigkeiten gezeigt. Zwei langjährige Angestellte erhielten am Donnerstag die Kündigung. Weilenmann betont aber, es handle sich um «Einzelfälle»: «Mindestens 98 Prozent der Kunden haben richtig deklariertes Fleisch erhalten.» Zudem sagt Weilenmann der Zeitung, Falschdeklarationen seien in der Branche «gang und gäbe», die Konkurrenz sei «noch schlimmer».
Beim Schweizer Fleisch-Fachverband sorgen diese Aussagen für Empörung. Direktor Ruedi Hadorn: «Sie ziehen den gesamten Fleischsektor unverschuldet in den Schmutz. Das ist reiner Selbstschutz und rufschädigend für unsere Branche.»