Student trifft Schneider-Ammann«Fordert vom Lehrmeister ein Austausch-Semester»
Nicht nur Gymischüler sollen sich im Ausland weiterbilden können, findet Kaufmann Robin Röösli (22). Seine Idee hat er nun Bundesrat Schneider-Ammann vorgestellt.
Student Robin Röösli über sein Treffen mit Bundesrat Schneider-Ammann. (Video: Nikolai Thelitz)
Robin Röösli hat das KV gemacht und studiert nun an der HSG. Während der Aargauer bei der Raiffeisen-Bank arbeitete, machten seine Freunde im Gymi Austauschsemester – etwas, was auch er gern erlebt hätte. «Während dieser Zeit war es mein grösster Traum, länger ins Ausland zu reisen und mich dort weiterzubilden», sagt Röösli. Nun setzt sich der 22-Jährige politisch dafür ein, dass künftig auch Lehrlinge nach Barcelona, London oder in die USA reisen und dort eine andere Perspektive auf die eigene Ausbildung gewinnen.
Die Idee gefiel den Initianten des wirtschaftsnahen Ideenwettbewerbs «Wunsch-Schloss» so gut, dass sie Röösli dieses Jahr zum Sieger kürten. Sie organisierten ein Treffen zwischen Röösli und Bundesrat Johann Schneider-Ammann (FDP).
Schneider-Ammann will helfen, «Göttis» zu finden
Am Dienstag präsentierte Röösli, der auch Mitglied bei den Jungfreisinnigen ist, seine Idee dem Bildungsminister. «Austausch-Semester für Lehrlinge gibt es bereits, doch es ist noch kein etabliertes, standardisiertes Programm», sagt der Student. Er schlägt Scheider-Ammann ein einheitliches Programm vor.
Als Pilotprojekt soll der Austausch in der Lehre in einer Branche in einem Kanton getestet und bei Erfolg ausgeweitet werden. «Beispiele wären Zürich im ICT-Bereich oder Basel in der Pharma.»

Der Wirtschaftsminister empfängt Robin Röösli (Foto: Berner Zeitung/Raphael Moser)
Schneider-Ammann erwidert, dass es statt staatlicher Programme vor allem Engagement der Unternehmen brauche. «Und in diesen Betrieben braucht es einen Götti, der sich dafür einsetzt.» Er verspricht konkret, Röösli bei einem Brief an ABB-Chef Remo Lütolf zu unterstützen.
Man wolle die ABB dazu motivieren, solche Austausch-Programme für Lehrlinge anzubieten. Komme ein solches zustande, sei auch eine Förderung durch den Bund denkbar. Im Interview sagt Schneider-Ammann zudem, dass es auch motivierte Lehrlinge brauche, die sich für einen Austausch in der Lehre einsetzten (siehe Video). «Es braucht viele Rööslis.»
«Ein tolles Gespräch!»
Nach dem Treffen mit dem FDP-Bundesrat leuchten Rööslis Augen: «Es war eine super Erfahrung und ein tolles Gespräch.» Schneider-Ammann habe ihm aufgezeigt, wie man den Plan am besten umsetzen könne. «Und er hat mir sogar seine Unterstützung zugesagt.» Er hoffe, dass ein Austausch mit der ABB zustande komme.
Auch Röösli will aber Engagement von den Lernenden sehen: «Alle Lehrlinge, die ein Austauschsemester absolvieren wollen, sollen sich bei ihrem Lehrmeister melden und dies fordern.»
ABB kennt bereits Austauschprogramm
ABB-Sprecherin Vanessa Flack sagt zum Vorschlag von Schneider-Ammann: «In kleinem Rahmen machen wir dies bereits mit Schweden.» Das Bedürfnis von Lehrlingsseite sei bereits da und man prüfe zurzeit, ob das Programm weiter ausbaubar wäre.
«Aus betrieblicher Sicht gibt es weniger Herausforderungen als aus schulischer Sicht, da andere Länder nicht das Dualsystem kennen wie die Schweiz», sagt Flack. Deshalb müssten hier die Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsunternehmen Libs noch eingehender geprüft werden.
Bundesrat Schneider-Ammann zum Treffen im Interview:
Bundesrat Schneider-Ammann zu Austauschprogrammen für Lehrlinge
Was bringt ein Austausch für Lehrlinge?
Die 19-jährige Lehrtochter Ana Coric konnte während der Lehre ein Austauschjahr absolvieren. «Ich fragte meinen Chef, ob ich ein Jahr Pause und einen Austausch in den USA machen könnte. Er sagte Ja.» Da dieser selbst einen Austausch gemacht hatte, liess er die KV-Lehrtochter für ein Jahr ziehen, den Aufenthalt im US-Städtchen Frederick in Maryland zahlte Coric selbst. «Es war eine geniale Erfahrung, ich würde es jederzeit wieder machen», sagt die KV-Lehrtochter.
Nach dem Austauschjahr konnte Coric wieder in das Architekturbüro Balzani zurückkehren. «Ich bin sehr dankbar, dass mir mein Lehrbetrieb das ermöglicht hat.» Ihre Kollegen habe es sehr überrascht, dass dies überhaupt möglich sei. «Für die meisten Betriebe rechnet es sich wohl nicht, einen Lehrling ins Ausland zu schicken.»
Guido Frey vom Jugendaustausch-Dachverband Intermundo sagt ebenfalls: «Ein Austausch in der Berufslehre ist heute die absolute Ausnahme.» Die Zahlen würden aber steigen. Movetia hat bereits 800 Lehrlinge im Förderprogramm – doppelt so viele wie noch letztes Jahr. Ein Austausch sei gerade auch für Personen, denen die Schule nicht so liege, hilfreich. «Sie gewinnen Selbstsicherheit und machen grosse Fortschritte.»